Dienstag, 4. November 2025

Parkhäuser und Eisdielen in Slamnitz

Chemnitz ist Kulturhauptstadt und Chemnitz war Slamnitz, war eine Woche lang auch die Poetry-Slam-Metropole, denn die deutschsprachige Slam-Szene kürte wieder mal ihre Meisterin. An sich wollte ich ja gar nicht mit dabei sein, aber weil die Krankheitswelle so grassierte und die Plätze für Österreich ja seit Jahren hart umkämpft sind, sprang ich (nicht nur ich auch Mieze Medusa) ein, nahm den Zug und acht Stunden später war ich schon in Chemnitz, wo mir der Wind um die Ohren pfiff (was die umstehenden Windräder rechtfertigt). 

In Chemnistz selbst fielen mir - neben den Plattenbauten und der mir ja sympathischen Brutalismus-Architektur - vor allem die Menge an Eissalons und Parkhäusern auf. Parkhäuser kenn ich nur noch aus Kindheitstagen, da wünschte sich mein Kleinkind-Ich ein Parkhaus mit integrierter Tankstelle, um mit den Autos aus und ein zu fahren, zu tanken und sie auch mit dem Aufzug raufzukurbeln. Arg. Wie wir mit dem Autospielen auf eine Autozukunft vorbereitet wurden. 

Bei uns verschwinden Autos in Städten ja zunehmend in Tiefgaragen, in Chemnitz ist noch Platz genug. Da gibt es selbst im Zentrum, in der Altstadt mehrere Parkhäuser. Gehörten alle gesprengt, meine Meinung. Oder zumindest mit Kunst verschönert. Ein bisschen was war ja zu sehen von der Kulturhauptstadt. Vieles aber versteckte sich in Garagen. #3000Garagen - unter diesem Label firmierte das Hauptprojekt im Rahmen der Kulturhauptstadt. Die Garage - da wo sich Auto, Hobby und Menschen trafen und weitgehend unkontrolliert machen konnten, was sonst nicht möglich war in der DDR. 

Zeit für eine Garagentour hatte ich nicht, mich verblüffte die Anzahl der Eissalons, Eisdielen, Eis-Cafés, der Irgendwas-mit-Eis-Spots die auch Eispol heißen konnten, aber wohl Wärme und Wohlsein suggerieren sollten. Diese Eis-Hot-Spots waren auch gut besucht und die Chemnitzer*innen schaufelten ganze Kübel in sich rein. Es muss wohl ein Mittel sein, sich die Stadt schön zu eisessen. 

Die Fabrikshallen von einst sind jetzt alle Ausstellungsräume, Veranstaltungs-Locations oder umgebaute Wohnungen. Das schaut ganz schön toll aus und erinnert auch an die Industrie-Vergangenheit. Chemnitz war das Manchester Sachsens. Wie geht man mit einem derartigen Erbe um? Versucht man das Birmingham Sachsens zu werden? Jaja, Transformationsprozesse machen Menschen und Städte durch, die Sprache sowieso. Ich wollte einen Turnbeutel mit Kulturhauptstadt-Logo kaufen und musste erfahren, dass das eine Gym-Tasche wäre. Nicht das aber der Preise schreckte mich ab. Ich investierte lieber in Kulturbier (aber auch nicht sehr viel). Die Nase rann mehr, als dass ich Bier die Kehle runter rinnen lassen konnte. Eine Erkältung meldete sich an obwohl ich weder den Eispol noch sonst eine Gelateria aufsuchte. 

Der bunte Schlot, der von Weitem zu sehen ist, dürfte wohl zum Markenzeichen der Stadt werden. Wenn er ein Produkt der Kulturhauptstadt ist - gut. Wenn er schon länger steht - umso besser. Der Kurztrip nach Chemitz war eine runde Sache. Dass Lia Hartl - die frische Ö-Slam-Siegerin - auch dritte der deutschsprachigen Poetry Slam Meister*innenschaften wurde, war natürlich der Sahnegupf des Aufenthalts.