Donnerstag, 27. November 2025

Indien - das wahre Mulitversum

"Truth shall prevail" steht am Wappen - nix mit Gott, sehr erfreulich. Es folgt der Versuch eines wahrhaften Indien-Blog-Beitrags. Nix mit stringent und so. Ein assoziativer Wust, ein Synchron-Supergau. Everything, all at once, everywhere - now!
In Kolkata ist die größte Buchmesse der Welt, der größte Bahnhof Indiens, der zweitgrößte Bazar, der größte Blumenmarkt. Indien ist Superlative.
India is great. Indien ist unglaublich. Inda is an Idea. Indien ist Vielfalt. Indien ist das alles. Indien ist mulit-alles, ist das wahre Multiversum.
Da dreht wer Zuckerrohr durch die Mangel, dort hängt wer Wäsche auf einem Zaun auf, da spielen Jugendliche in einer Seitenstraße Cricket, dort hat einer auf seinem Fahrrad circa 30 ungerupfte, tote Hühner. Die Park Street wird auch Mother Teresia Street genannt. Dass ich da eher an Innsbruck als an Nordmazedonien denke, muss man mir verzeihen. 
Am Fluss, egal an welchem, spielt es sich ab, da wird gebadet, sich rundum frisch gemacht, da finden auch diverse Dienstleistungen statt: da sitzt wer mit einem Messer und will dir nur insofern an die Gurgel, als er dich rasieren will. Dort hat wer Bälle aus Flussschlamm geformt und bietet sie zum Verkauf an, wohl für Entspannungsmasken daheim. Da die unvermeidliche Waage, dort einer, der die die Ohren putzt. Ganze Schwälle lösen sich da zum Teil. Ich schaue und staune. Was für ein Holz es ist, das als Zahnbürstenersatz verwendet wird, muss ich noch rausfinden. Es enthält aber alles, was die Zähne brauchen (Harz, das reinigt), so das Wasser im Fluss alles enthält, was der Körper braucht. 
Die Essen-Lieferservices heißen hier swiggy und zomato und sind orange und rot und arbeiten wohl auch hier mehr als nur im grauen Bereich. Motorräder aufgebüschelt wie Kühe beim Almabtrieb. Lastwägen behübscht und bunte Stoffbahnen spannen sich vom Balkon bis zum Eingangstor, einfach so. Weil es schön ist in all der harten Gegenwart.
Und die Inder erfinden die "Sackelwirtschaft", die single-use-sessions, die Einzelportionen, die verpackt in Ketten zum Abreisen über alles mögliche gehängt werden können, denn Regalraum wurde ihren Produkten von den westlichen Platzhirschen keiner eingeräumt - daher brauchte es eine neue Geschäftsidee und sie hat sich bewährt. Es braucht nicht viel und schon ist ein Stand eröffnet. Hängende Prodkute die Menge. Einzeln abgepackt zum Abreißen und viel zum Wegschmeißen. 
Narendra Modi (Premiermenister) hat die Vision eines Hindustaates, er wurde 2024 wieder gewählt und Muslime sind unter seiner Führung bedroht.
Das Podium ist bunt gemischt, alle haben ihre Migrationshintergründe, es muss niemand was sagen, ich erkenne die deutsche Kollegin. Es ist nicht die Kleidung. Es ist was anderes: es gibt einen einen Gesichtsausdruck, eine Kopfhaltung, ein Minenspiel, das einfach typisch deutsch ist. 
Für mich ist das Indische Englisch schwer zu verstehen, für die Inder ist das österreichische Englisch schwer zu verstehen. 14 Autor*innen - eine mit englischer Muttersprache - alle sprechen ihr regional gefärbtes Englisch. What should possible go wrong?
Egal wo. Funkmikros haben immer Aussetzter - immer. Die Verwirrung, die Löcher und folgenden Reaktionen und Irritationen, die sorgen für Unterhaltung. "Can you here me" ist noch das Natürlichste. Anfangs wird darauf reagiert, dann eher nicht mehr. Dann wird es was Einzigartiges: Wörter fehlen, es wird ein Lückentext.
Eigen für Delhi ist das Räuspern und Husten, weil die Stimme von der Luft angegriffen wird. 
In Kolkata sind noch die alten "The Ambassador" Taxis unterwegs, in Delhi Stadt-E-Busse. Den besten Kardamom-Ingwer-Milch-Tee (ohne Zucker) trank ich auch in Kolkata. Kingfisher hab ich bis dato noch viel zu wenig gekriegt und Seafood auch. Aber Achtung: Pamfret heißt Fisch! und Paneer ist nichts Paniertes sondern Käse.
Mantras sind Zauber- und Murmelsprüche: Ram, Ram... und der Klang ist die Saat des Kosmos. Ein Mantra ist das, was dich schützt, wenn du daran denkst. Dabe schlägt Kraft Bedeutung: Aum mani padme hum, Aum mani padme hum... und alles, was dreifach ausgesprochen wird, verwirklicht sich: Schnitzel, Schnitzel, Schnitzel!
Der Chef neulich zur Sperrstundenzeit, der an einem Tisch neben mir Platz nahm,  hatte mehrere Kulis mit goldener Spange in seiner Hemdbrusttasche stecken. Brusttaschenschweimmen ist auch nur ein anderes Wort für Busenkraulen. Der Chef, hatte Geld in der Hand, das er zählte. Wohl die Tageseinnahmen. Er hatte ein Heft vor sich liegen und trug Zahlen in Spalten ein. Viele Zahlen, viele Spalten. Die Briten hätten die Bürokratie nach Indien gebracht, erzählte der Guide. Die Inder haben sie behalten. 
Was sonst noch. Wohl auch das mit der Milch im Tee. Einen im Tee haben ist aber gar nicht so leicht hier. Womit wir wieder bei Kingfisher wären: The King of good Times. Was ist das für ein Vogel auf dem Kingfisher-Etikett? Ein Kingfisher. Ist das ein Eisvogel? Warum assoziere ich den mit Eiskonfekt? Gab es da ein Motiv auf Hofer-Eiskonfekt in den 1980er Jahren? Ist es ein Kolibri? Nein, das war das Motiv auf Memorykarten aus den 1980er Jahren. Es muss ein Eisvogel sein. Beim Reisen wabern die 80er Jahre immer so in mir. Ich werde auf mein früheres Ich zurückgeworfen. Dass sie neuerdings auch in indischen Hipsterbuden auf Retrosound schwören (ich höre und kann nicht weghören: Modern Talkings Brother Loui, Dr. Albans It's my life, By the rivers of Babylon von wem noch mal?), verstärkt das nur noch. In Lokale, die dem Hotel, in dem ich abgestiegen bin, entsprächen, kann ich nicht gehen, da fühl ich mich nicht wohl. Kingfisher, Oaksmith - lustige Namen, so kolonialistisch. Kingfisher britisch, Oaksmith mehr deutsch! Eichenschmied. Der Eichelschnitter wäre ein guter Titel für einen Gay-Revench-Thriller-Porno. Ob es das Genre Schwulen-Racheporno-Thriller schon gibt? Sicher. Kingfisher: The King of good Times.  Der König guter Zeiten. "Kaiser im Reich des Geschmackes" lautet der Slogan von Paradise Pickles & Konserven in "Der Gott der kleinen Dinge" von Arundhati Roy. Der Roman spielt in Kerala. So weit werde ich es eher nicht schaffen. Aber ein paar königlich gute Zeiten sollten sich noch ausgehen. 

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