Montag, 14. April 2025
ORF Buch-Tipp
"Skurriles gepaart mit Sprachwitz prägen seine Romane. (...) Ernste Themen mit den Mitteln des Humors auf den Punkt zu bringen, das ist die große Kunst von Markus Köhle." Spricht Imogena Donderer im Beitrag und ich jubel natürlich. Möge es der Verbreitung von Hans Sagmeister dienlich sein.
Donnerstag, 27. März 2025
Welttag der Poesie in Rom
Klar hab ich nichts gegen Streiks. Fahr ich also nicht wie geplant am 19. März schon nach Rom. Sondern erst mal von Innsbruck wieder zurück nach Wien, um von dort aus dann über Nacht nach Rom zu gelangen und zwar erstmals in einer super-fancy Nightjet Singlekoje. In Summe also sehr viel Zugfahren für einen Streiktag. So komme ich statt am 19. halt erst am 20. an und zahle die Nacht doppelt, einmal im Zug, einmal das Hotel.
Klar könnte einen das ärgern. Bin aber zu guter Dinge, um mich zu ärgern. Bin in Flaminio untergebracht. Das ist nicht zentral, aber gut angebunden, was super ist, wenn die öffenltichen Verkehrsmittel fahren. Was sie auch meistens tun. Außer die Öffis streiken, das kommt vor. Dass sie das am 21. März machen, ist ihr gutes Recht.
Klar, den Welttag der Poesie zum Streiktag zu machen, das hat was. Das kann ich nur gut finden.
Klar akzeptiere ich diesen Streik und marschiere an meinem zweiten Tag in Rom circa sechs Stunden (am Vortag waren es nur vier).
Gut, dass die Brunnen nicht streikten.
Gut, dass in der Ungarischen Akademie (wo der Welttag der Poesie zelebriert wurde) nicht streikte. Gut, dass ich mich, als ich drankam, noch auf den Beinen halten konnte.
Gut, dass ich den Text noch einigermaßen abrufen konnte.
Gut, dass ich beim Interview mit der RAI noch ein paar Brocken Italienisch aus den Ärmeln zaubern konnte.
Gut, nein, besser, wenn das vorab zuerkannte Taxigeld für Feierabendbiere ausgegeben werden kann.
Tag drei verbrachte ich dann fast zur Gänze im MAXXI-Museum und schaute mir eine Foto-, eine Architektur-, eine Mode-, eine Installations-, und eine Firmengeschichte-Ausstellung an.
Von Guido Guidi über den Torre Verlasca bis zur Supercrema, also Nutella war da alles dabei und zum Drüberstreuen besuchte ich auch noch das dreitägige Literaturfestival im Auditorium und kam gerade recht, um Uwe Timm zu hören.
Zurück ging es dann wieder per Nightjet. Die neuen Kojen sind einen eigenen Eintrag wert, zumal sich das Bahnfahren dadurch wirklich ändert und es neue Beobachtungen festzuhalten gilt.
Freitag, 21. Februar 2025
Literaturzäpfchen statt Fettnäpfchen
Es hat ein bisschen gedauert. Doch jetzt ist der Beitrag meiner Rumänien-Tour online. Ich habe hier ja auch gebloggt, wie es war in Timișoara, Cluj-Napoca, Iași und București. Aber für das Österreichische Kulturforum in Bukarest ist dann nochmal ein eigener Beitrag entstanden, der hier zu lesen ist. Das mit dem Schengen-Veto immerhin hat sich mittlerweile geändert. Es wird nicht alles schlechter. Als Präsent für jene, die den Beitrag gelesen haben, gibt es hier jetzt den Workshop-Text zu lesen, der aufgrund des Buchtitels "Mein Fußpflegerin stellt Fragen ans Universum" entstanden ist. Viel Vergnügen!
Meine
Fußpflegerin stellt Fragen an das Universum
Universum
ist auch nicht g’schmackiger als Basilikum
Basilikum
braucht man wenigsten nicht waschen
Waschen
Sie sich endlich!
Endlich
ist das Universum nicht
Nicht
einmal das
Das
ist eine herbe Enttäuschung
Enttäuschungen
sind die Währung des Alltags
Alltagsenttäuschungen
auf Vorrat gibt es aber auch
Auch
das noch
Noch
ist das kein Text
Text
strickt sich nicht von selbst
Selbst
und Ich und Überich
Überich
als Konstruktion des Seins?
SeinS’
deppert oder was?
Was
soll dieser plötzliche Fall ins Dialektale?
Dialektal
ist mitunter dialektischer als man meint
Meint
es irgendwer gut mit mir?
Mir
kann man alles erzählen
Erzählen
kommt nicht von Zahlen
Zahlen
kommt von Geld
Geld
hab ich mal mehr mal weniger
Weniger
ist nur bei Gedichten mehr
Meer
ist nur im Universum nicht Wasser
Wasser
ist das Bier des Tages
Tage
vergehen wie Launen
Launen
sind auch mal hell, mal dunkel
Dunkel
ist es im Universum
Universum
tu nicht so groß
Groß
ist meine Neugierde auch
Auch
so kann man enden
Enden
tut das Universum, wenn ich will
Will
mich wer?
Wer
will mich ?
Mich
will niemand
Niemand
entkommt dem Universum
Universum
schleich dich endlich!
Endlich
aus?
Aus!
Freitag, 22. November 2024
Waldheimat Birkfeld
Dort geht es gehörig auf und ab, rein geländemäßig. Was das Wahlverhalten anbelangt muss gesagt werden, dass es dort nur steil bergab geht: 40 % Blau, 33 % Schwarz, 11 % Rot, 6 % Pink und 4 % Grün. Aber das sieht man der Gemeinde nicht an. Alle Menschen, mit denen ich zu tun hatte, waren fröhlich, freundlich, positiv.
Ich habe in einen vorbildlich geführten und bestens ausgestatteten Bibliothek einen Workshop abgehalten und in einer ebenfalls beispielhaften Schule, dem BORG mit Weitblick, Slam-Einblicke gegeben. Alles großartig, möchte man meinen. Und dann hab ich halt die Rückreise über Vorau und Rohrbach angetreten. Das war nicht ganz easy aber sehr interessant.Nächster Halt: Vornholz Waldseppl. Das sagt eigentlich alles. Wunderbare Landschaft, liebliche Hügel, ein protziges Stift und wieder mal eine neue Seite von Österreich kennengelernt. Das ist das Schöne an Schulworkshops.
Samstag, 16. November 2024
Kelenföld hat mir gerade noch gefehlt
Erst mal verzweifeln und nicht wissen was tun. Also mal was zum Essen suchen. Das braucht es ja ohnehin. Die Möglichkeiten waren beschränkt. Es sollte ein Chinarestaurant direkt neben dem Bahnhof werden. Ich würgte Chicken with bamboo, mushrooms und rice in mich hinein und dachte bloß an den Nährwert und die daraus zu ziehende Energie, für die Kraftakte, die heute in irgendeiner Form auf jeden Fall noch zu folgen hatten. Der volle Magen hat mich gelassen gemacht. Was also tun?
Das Hotel heißt Sopianae. So hieß Pécs, als die Stadt noch Zentrum der Provinz Panonien war. In Pécs wurde immerhin bereits 1367 die erste Uni Ungarns gegründet und die Moschee "Gazi Khassin" am Hauptplatz ist zur christilichen Kirche umgebaut worden. Das finde ich schon mal ziemlich einzigartig. Außerdem war Pécs auch das Zentrum der Donauschwaben, die sich unter den Habsburgern hier angesiedelt haben. Also historischer Boden und ich sitze im Hotelzimmer!
Immerhin sind nicht nur Graz und Cluj-Napoca Partnerstädte von Pécs, sondern auch Osijek. Das ist doch eine schöne Verbindung. Das WLAN ist stabil. Ich habe das Publikum vor mir und kann es sogar hören und spüren und es sollte mir schließlich eh eineinviertel Stunden gelauscht werden - aber nicht nur. Es gab auch Wunschkonzert und die Wünsche wurden erfüllt.Bleibt zu hoffen, dass die Rückfahrt besser klappt und ich nicht noch einen Tag in Ungarn hängen bleibe.
Donnerstag, 31. Oktober 2024
Das große Ruckeln und Größenwahn
Reisen mit der Bahn ist in Rumänien momentan noch ein großes Ruckeln, Zuckeln und gemächliches Durch-die-Landschaft-Ziehen. Die Städte sind vorbildlich herausgeputzt: da strahlen die frisch renovierten Fassaden im Herbstsonnenlicht; da protzen die restaurierten Klassizismusprunkbauten; da ist man ganz Kulturhauptstadt (Timișoara 2023) und Jugendhauptstadt (Cluj-Napoca 2015) und geizt nicht mit Informationen; da ist an allen Ecken über prominente Menschen der Region oder Besonderheiten derselben zu lesen.
Ich weiß jetzt, dass der Bau eines gigantomanischen, nein, megalomanischen, nein, ganz einfach vollkommen durchgeknallten, irre-großen Palasts ausreicht, ein Land in den Ruin zu treiben. Ja, angesichts dieses Bauwerks versagen kurzzeitig die Sprachwerkzeuge. Ich bin richtiggehend empört über dieses Monsterbauwerk.
Ich weiß jetzt sowohl, dass Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller in Timișoara studierte, als auch, dass Tarzan Johnny Weissmüller dort geboren wurde und dass Timișoara die erste Stadt mit elektrischer Straßenbeleuchtung war. Ich weiß aber auch, dass der Bahnhof nach wie vor eine Baustelle ist, weil der öffentliche Bahn-Verkehr hier offenbar nicht wirklich wichtig ist.
Der Individualverkehr ist alles. Das Auto ist Statussymbol. Die fette Karre steht für rasches Vorwärtskommen in allen Belangen. In București lässt man auch gerne die Motorradmotoren aufheulen, wenn die Siegesstraße entlang gebrettert wird.
Ich muss lachen und weinen gleichzeitig, als ich sehe, dass mit dem Slogan "Sustainability is the new Stability" sogar auf dem Literaturfestival für eine Automarke geworben wird. Gerne würde ich ein Fettnäpfchen über das präsentierte Automobil schütten.
Ach, so viele Fettnäpfchen, die bereitstehen und darauf warten, betreten zu werden, aber wenn mal eines braucht, zum Verschütten, dann ist keines da.
Montag, 28. Oktober 2024
Ego-Candy-Shooter-Crush
Aber ja, ich fahre gerne Zug. Auch wenn aus sechs Stunden acht werden. Auch wenn es keinen Speisewagen gibt, auch wenn es kein Klopapier gibt, auch wenn es keine Beinfreiheit gibt, auch wenn die Sitznachbarn nicht gerade freundlich sind, auch wenn es keinen Platz gibt, den Laptop aufzuklappen und beispielsweise zu bloggen. Mich interessiert ja, was die Menschen so machen. Wie sie sich die Zeit vertreiben. Ich sitzt dann halt da mit meinem Notizbüchlein, gut, dass ich diesmal ein kleines dabei hab. DIN-A 5 wäre platztechnisch mitunter schon schwierig gewesen. Sitze geduldig da, schaue gar nicht so viel aus dem Fenster, weil da gar keines ist, also nur die Trennwand mit Steckdosen für diverse mobile Geräte, schaue mich halt um und notiere, was mir auffällt.
Das tröpfelnde Pling-Pling, Brrchch von Handyspielen wie Candycrush ist mehr Folter. Das lässt dich nicht los, wie es ja auch die Spielenden nicht los lässt. Wenn jeder gelesene Setz-Satz von einem Pling bestätigt wird, dann macht das was mit einem. Es lässt einen die Zugfahrt nicht so schnell vergessen. Ob es sich mit dem Gelesenen ähnlich verhält, kann ich noch nicht beurteilen. Ohne "Monde vor der Landung" hätte ich die letzte Etappe meiner Reise wohl nur schwer angeschlagen überstanden (oder, wer weiß, vielleicht hätte ich mich hinreißen lassen, den Pling-Pling-Plingern ein Brrchch zu bescheren).
Jedenfalls gut, dass ich ausreichend Lektüre, Sitzfleisch und in Asien angeeignete Gelassenheit im Gepäck hatte. Auch gut, dass ich einen oldschool Reiseführer mit dabei hatte. Obwohl die Karten oft leicht daneben liegen, bieten sie doch einen groben Anhaltspunkt und das genügt mir ja auf Reisen. Ich verlaufe mich ja gerne, um Dinge zu finden, auf die ich sonst nicht zugesteuert wäre.
Jetzt wäre ich natürlich auch heiß auf Brașov und Sibiu. Aber das kann ich ja alles noch machen. Nicht dieses Mal. Dieses Mal bin ich herumgereist genug für zehn Tage. Aber: Ich komme wieder, keine Frage.
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Bücherkiosk statt Bücherschrank. Davon stehen richtig viele in den Fußgängerzonen. |
Samstag, 26. Oktober 2024
Schnitzeldasein in der langen Nacht
Ich hatte den Vorteil gleich dran zu kommen, als Zweiter. Da ging's ausnahmsweise um den Anfangsbuchstaben des Herkunftslandes: A wie Austria. Ich war nicht unglücklich über diesen Startplatz. Cosmin Perța hatte länger zu warten aber guten Schmäh und es schäkerte sich ganz gut mit ihm. Denn dass alles großartig gewesen wäre, dass alle ins Mikrophon gesprochen, dass sich alle an die Zeit gehalten hätten, davon kann natürlich nicht die Rede sein und genau das ist dann ja Anlass zum drüber Reden. Wir hatten Spaß und der rührendste Moment des Abends war, als Claudiu Ioan Maftei, der Etrit Hasler der rumänischen Poesieszene, loslegen wollte, mit Mühe den ersten Satz lesen konnte, sich auf die Suche nach mehr Licht machte, nochmal ansetzte, wieder nicht weiter kam und sich dann jemand aus dem Publikum erbarmte und ihm seine Lesebrille reichte. Ein solidarischer Akt und ein poetischer - einmalig.
Das Gegenteil davon gab es auch - hier sei kein Name genannt, aber der bekannte Irgendwas-Mediziner und Dichter, hat heillos überzogen, hat viele quasi ins Koma gelesen. Aber sonst keine Beschwerden nur Lob, Hochachtung, Freude.
Freitag, 25. Oktober 2024
Vonwegen Schlaflosigkeit - Muntermacher Poetry!
Immer diese Befürchtung es könnte niemand kommen. Bis kurz vor 19 Uhr waren die auch begründet. Dann aber füllte sich der Raum und es fühlte sich gut an. Vielen Dank fürs Checken Manuela! In der Österreich Bibliothek arbeitet übrigens nach wie vor Lenka und der Gästebucheintrag vom letzen Mal hat meine Erinnerungen auch ein wenig aufgefrischt. "Zwei Schnitzel auf Reisen" haben wir (Wolfgang Kühn) die Tour genannt, die damals Michaela Hirsch organisiert hat. Das Foto vom Auftritt im Insomnia (unten) hat Manuela Dressel gemacht. Danke!
Esse Sarmale Traditionale, trinke Ursus (zu wenig, weil Bierkonzerne die Zapfhähne erobert haben und auch die Craftbeer-Unart in Rumänien eingezogen ist), trinke aber genug gute Espressi, ziehe nachts nur ein bisschen durch die schönen Gassen, beschließe aber für mich selbst, wieder mal hier her zu kommen.
Mittwoch, 23. Oktober 2024
Nischbach nebst Fernwärmepumpwerk
Eingestellt war ich auf eine dunkle Proberaum-Session. Aber - surprise - es wurde im Freien gedreht und - nochmals surprise - mir, meinem Gedicht - wurde eine E-Harfe und ein E-Bass zugeteilt. Wir standen dann also im Kreise (der ein Dreieck war) beieinander, stellten uns vor und legten los. Wir standen in einer Straße die auf der einen Seite sehr baum- und blätterreich war, auf der anderen Seite aber auch ganz schön großstädtisch fabrikisch. Wie passend, dass der Stadtteil Fabric hieß und ich schaute auf eine Mauer, hinter der sich ein Fernwärmewerk befand. Ich habe also Poesie an die Wand geschmettert, während hinter der Wand heißes Wasser produziert wurde. Böse Zungen würden sagen: Heiße Luft meets heißes Wasser.
Ja, der Welt mit Poesie begegnen, ist oft wie gegen eine Mauer reden. Wir nahmen uns aber Raum und beschallten und bedichteten diesen. Eine E-Harfe schaut übrigens genau so aus wie das Guiness Logo und wird dann halt auf einen Ständer gestellt und gespielt. Die Melodie, die meinem "Wenn-Gewetter" unterlegt wurde, hatte ein bisschen was vom Twin-Peaks-Signature-Tune. Laura Palmer war natürlich nicht da aber Soundmann Jimmy, Kameramann Pedro, Checker Norbert, Harfinistin Orsi und Bassist Csaby.
Die Sonne schien, der Kanaldeckel unter uns stank, wir groovten. Wir schrieben uns ein in die Straßenecke, die Episcop Joseph Nischbach hieß. Nischbach, das wär doch ein Bandname. Sollte unser Video ein Clickhit werden, wir werden uns Nischbach nennen.