Lisa Kränzler ist für den Rauriser Literaturpreis 2013 nominiert. Da werden Debüts ausgezeichnet. "Export A" ist Lisa Kränzlers Debüt und 2012 im Verbrecher Verlag erschienen. 2012 ist Lisa Kränzler auch beim Bachmannpreis angenehm aufgefallen und hat für einen Ausschnitt ihres Romanes "Nachhinein", der demnächst (ebenfalls im Verbrecher Verlag) erscheinen wird, den 3sat Preis erhalten.
Export A steht für eine Zigarettenmarke kann aber schon auch als Export der A-Klasse gelesen werden. Lisa Kerz ist nämlich Austauschschülerin. Deutsche in Kanada. Eine aufgeweckte 16jährige: "Ich hatte stets die höchste Ansprüche an mich, verabscheute nichts mehr als Halbwahrheiten." (27)
Die ältere Schwester hat es nach Kanada verschlagen. Die versucht dort mit einem religiös konservativen Mann ihr Seelenheil und ist die erste Anlaufstelle für Lisa. Das familiäre Klima ist ebenso eisig wie das äußerliche, aber Lisa brennt. Lisa will Erfahrungen sammeln, Leben ausprobieren ohne Kompromisse: "Meine eigene Lebendigkeit drohte, mich in den Wahnsinn zu treiben." (60)
Ihre erste Bleibe ist ein VW-Bus, dann ein braunes Zimmer im Nirgendwo und schließlich ein WG-Zimmer im mintgrünen Reihenhaus Joshs (der Höhepunkt, nach der Räumung dann noch ein Umzug in die Maple Street bei gütigen Pflegeeltern). Die Bezugspersonen im Rausch Lisas wechseln rasant. Große Schwester - Gott (in der Vertretung von Pasor Leroy) - Matt - Sam - Josh ("Wir sind kein Paar. Wir sind Forscher." 107) - Derrick.
"The german sailor" ertrinkt sich Respekt, lässt nichts anbrennen, erfriert zu Sylvester fast und steckt auch sonst jede Menge scheinbar ungerührt weg. Nur Kyle und die Pille danach scheint sie nachhaltig zu beschäftigen. Es wird unendlich viel gesoffen, gekifft und gefickt in Export A. Die Heldin richtet sich an Songtexten auf, wird von den Predigen des Pastors verwirrt, lässt sich von niemandem was sagen, weiß aber natürlich eigentlich nicht wirklich was sie will. Sie will ERLEBEN, das reicht auch als Lebensmotto für eine 16jährige in der Fremde. Warum sie zurückkehrt in die deutsche Geborgenheit, wie sie sich mit Schuld beladet, die ihr zu schaffen macht, sei hier nicht verraten.
Was aber an dieser Stelle laut gesagt gehört ist: Export A ist das überzeugendste Buch mit einer jugendlichen Heldin seit langem. Wie hier die Themen Erwachsenwerden, Einsamkeit, Freiheitsdrang und Schuld verhandelt werden, ist beispiellos. Grund dafür ist der Drang der Heldin zur Kompromisslosigkeit und zur Lust auf Neues sowohl den Inhalt, als auch die formale Umsetzung betreffend. Kränzler montiert munter drauf los, hat keine Scheu vor Experimenten, findet eindringliche Bilder, geht knüppelhart zur Sache, dann wieder samtweich poetisch. Das ergibt in Summe ein Romandebüt das eindringlich, ja, mitunter schmerzhaft ist aber einen so richtig gut trifft. Volltreffer und begeistertes Taumeln!
Samstag, 2. Februar 2013
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