Mittwoch, 4. Oktober 2017

Über Rollen und Aufnahme

Der StaTTschreiber fühlt sich wohl. Er verrichtet seinen Dienst nicht nach Vorschrift. Er denkt nach und verfasst dann eine Nachlese. Ums Denken ging es auch gestern bei „Die Menschen“ im Kornspeicher. Die Menschen gibt es seit 1986, das muss man so erst einmal geschrieben haben. Die Gruppe „Die Menschen“ stellt Texte zu einem Thema zusammen und trägt diese dann vor. Gestern waren die Gedanken frei und wurde der Bogen von Büchner über Orwell bis zu Nestroy und Morgenstern gespannt. Das ist löbliche Denkarbeit zum Wohle des Publikums. Denkarbeit lohnt sich immer. Aber Vordenker möchte momentan wohl wirklich niemand bezeichnet werden. Das Vordenkertum disqualifiziert sich grad via Plakat. Der StaTTschreiber fragt sich ja schon, warum so etwas ankommt, fühlt sich aber selbst angekommen und in die Welser Gemeinschaft aufgenommen.

Der StaTTschreiber wird bestens betreut und in allerlei Abendaktivitäten eingebunden. Er gibt sein bestes. Gerne schlüfe er weniger. Er arbeitet daran. Es ist dies wohl der große Unterschied zu bisherigen, ähnlich gearteten Tätigkeiten des StaTTschreibers. Er war bereits Dorf-, Markt-, Stadt- und Hotelschreiber, fühlte sich aber selten so gewollt wie in Wels. Das mag damit zu tun haben, dass er nicht im Dienste der Stadt steht, sondern eben von der Menge ermöglicht wurde. Das mag damit zu tun haben, dass er nicht nur als StaTTschreiber, sondern auch als Individuum wahrgenommen wird und insofern braucht hier gar nicht so unpersönlich geschrieben und kann getrost zum Ich gewechselt werden. Ich also.

Ich, so es stimmt, der erste und letzte StaTTschreiber von Wels, fuhr ein Monat lang ein Bäckerfahrrad aus den 1950er Jahren und fahre jetzt ein Klapprad aus dem 21. Jahrhundert (Danke Bikerei!). Ich zeche im Black Horse Inn und in Sonis Extrazimmer auf Kosten der Crowdfunding-Initiative von pro.viele. Ich habe einen Schreibtisch im Schl8hof mit Zugang zur Kaffee- und Waschmaschine sowie zum hauseigenen Zeitschriftenarchiv und generell zu Informationen aller Art von rundumkundigen Menschen vor Ort. Ich habe nichts gegen Transparenz. Wie man hoffentlich lesen kann, wenn man liest. Ich habe nichts gegen Denken. Wie man hoffentlich lesen kann, wenn man liest. Ich habe nichts gegen Wiederholung. Wie man hoffentlich lesen kann, wenn man liest. Ich habe aber etwas gegen die Vereinnahmung der Sprache.

Der Eine ist kein Vordenker. Der Andere tut nicht, was richtig ist, er macht sich nur wichtig. Der andere Eine lässt sich von den Seinen seine Kernkompetenz verspielen. Und alle anderen spielen grad Nebenrollen, die nicht oscarverdächtig sind. Wobei, der Oscar für die beste weibliche Rolle geht natürlich an Ulrike Lunacek, weil Konkurenz ist schlicht nicht vorhanden. Da möge sich Griss nicht grämen. Sie hatte ja bereits ihren großen Auftritt im Film „Die Bundespräsident_innen“ der dann zur Dramaserie mit Happy End ausartete. Schreibt man „ausarten“, denkt mein Ich gleich an den Fernsehsender Arte und schreibt man „Die Bundespräsident_innen“, denkt mein Ich gleich an „Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab. Womit wir wieder beim Denken wären. Denken. Hingehen. Wählen.