Samstag, 10. November 2012

DUM geehrt, gepröllt, bepreist

DUM, DUM, Haderer, GR Gerald
Kulturpreisgala des Landes Niederösterreich im Festspielhaus und DUM dabei, weil unter den Preisträgern der Kategorie: Volkskultur- und Kulturinitiativen. Drei Plätze für DUM in der zweiten Reihe reserviert. Der Schriftzug macht sich gut auf den blau-weiß gestreiften Sitzen. Eine 20köpfige Jazzband musiziert (auf ihren T-Shirts steht: Yes we jazz), der Melk-Prälat grüßgottet in alle Richtungen, Gerhard Haderer hält eine grandiose Eröffnungrede (in Österreich hat man es als Satiriker leicht, denn es braucht einem nichts einzufallen, weil einem immer etwas auffällt) und ruft dazu auf, dass sich Kulturschaffende zu einer Schule des Ungehorsams zusammentun und eine Denkfabrik bilden sollen, in der neue Formen des politischen Ausdrucks kreiert und probiert werden sollen.
Seit 20 Jahren ist in Niederösterreich Kultur Chefsache. Seit 20 Jahren gibt es DUM. NÖ ist ein Kulturland, sagt Papa Pröll. DUM ist eine Literaturzeitschrift. Nah. Näher. NÖN. steht auf einem Werbeplakat. Ich denk mir: Kühn, Kuna, Köhle. "Wir sind in der Lage, in die Speichen zu greifen", sagt PP. Ich finde, das hat er schön gesagt. Das Schönste, so PP, sei das Spannungsfeld in diesem Land. Ich dachte schon, es wäre der Schatz am Silbersee.
"Genug der Worte", sagt die Moderatorin nach dem Gespräch mit PP und "autorisierte Fotografen werden die Preisträger ins rechte Licht rücken, ...ähm ins beste Licht." Dann dodeln die Dornrosen. Darauf die Moderatorin: "Jetzt ist Schluss mit lustig."
Was nicht ganz stimmte, denn während das Publikum das Buffet stürmte, hatten die Preisträgerinnen und Preisträger Fotos in den unterschiedlichsten Konstellationen zu be- und durchzustehen. Wahrlich lustig. Essen gab es für alle. War zu faul zum Anstehen. Trinken war leichter. Trinken hilft! Danke. Prost.

Donnerstag, 8. November 2012

Flieg Baby, flieg!

Komm, hüpf auf Pegasus Schwingen und lass dich entführen in den Himmel voller Geigen, Vögel und Kindheitserinnerungen. Schnapp dir ein Buch, träum dich raus aus der Wirklichkeit, erheb dich über die Realität. Ja, Literatur kann das! Ja, Literatur arbeitet mit Bildern, Pathos und Schmiermitteln. Nein, das ist kein Leseförderungs-Kampagnen-Text, das ist ein Buchbesprechungs-Teaser „Für den Herrscher aus Übersee“.
Teresa Präauer wurde (1979) in Linz geboren, lebt in Wien, hat Malerei und Germanistik studiert, beispielsweise das Kinderbuch von Wolf Haas „Die Gans im Gegenteil“ illustriert und ihr Romandebüt „Für den Herrscher aus Übersee“ wurde neulich mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Bereits 2009 wurde sie mit „Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken“ (Edition Krill) auffällig und demonstrierte ihr Faible für Vögel. Im Roman nun wird vollends durchgestartet, abgehoben und der Phantasie Flügel verliehen.

Zwei Kinder alleine zu Hause. Die Eltern auf Reisen. Als Lebenszeichen gibt es täglich eine Ansichtskarte von irgendwo. Der Großvater ist die alleinige Bezugsperson und liest vor, nein, interpretiert und erzieht auf seine Art und Weise, hat aber auch Flugzeuge und Beziehungen zu reparieren.  
Es geht ums Fliegen. Es geht ums Fabulieren. Es geht ums Einnehmen von unterschiedlichen Perspektiven und es geht natürlich auch um einen Großvater, der sich die Welt zurecht rückt, sein Lebensbild bunt pinselt und versucht, dieses seiner Enkelin und seinem Enkel weiter zu geben.
Ich sage euch ein Beispiel, das ihr nicht notieren müsst: Es kann einen großen, bösen Vogel geben, was aber nicht heißt, dass der kleine gut ist und umgekehrt. An beide sollt ihr zweitens, und das schreibt ihr wieder mit, nicht letztgültig euer Herz hängen. Hoffen und Erinnern, drittens, gehören zum Leben, es besteht aber zu größten Teilen aus dem Sein. Hier macht ihr einen Unterpunkt: Das Sein besteht aus Essen, Schlafen, Trinken und Fliegen. Alles andere folgt daraus.“ (S. 90f)

Das Ganze hat den Anstrich eines Märchens und wie es in Märchen so üblich ist, rollen zwischendurch schon auch mal Köpfe aber das Happy End ist gewiss. Das geopferte Huhn dient dazu, große Lebenslehren vermittelt zu kriegen, die Japanerin ist das große Sehnsuchtsbild und dann ist da noch die Fliegerin, die könnte das Konzentrat aus allen im Buch handelnden und das Buch lesenden Köpfen sein.
Sprachlich schnurrt das tadellos dahin. Im Vortrag gewinnt das nochmals mehr. Weh tut "Für den Herrscher aus Übersee" niemanden, gut vermutlich vielen, womöglich ist dieser Roman sogar ein Vorlesebuch für jung und alt und das ist – zumal Weihnachten naht – viel wert.