Dienstag, 5. Dezember 2023

Rumigeln oder Krampusauflauf?

Jetzt ist der erste Schreibsaft erst mal raus und abgepresst. Jetzt freu ich mich wieder auf Heimkommen und Freund*innen treffen. Jetzt habe ich die ersten 10 Stadtschreibertage eh optimal genützt. Jetzt kann ich wieder runter kommen und mich auf die zweite Stadtschreiberphase im Feber vorfreuen. Der Igel ist Waldtier des Jahres 2024. Nicht dass ich jetzt Lust hätte, mich einzuigeln. Aber auf ein wirklich warmes Heim freu ich mich jetzt schon sehr. 

 Wildromantisch gibt sich Hausach eh. Der Schnee allerdings wurde gestern schon wieder zerregnet. Was jedoch nicht heißt, dass meine Rückfahrt morgen garantiert ist. München ist noch immer außer Betrieb. Ich hoffe, morgen irgendwie nach Wien zu kommen und bin einstweilen bester Dinge. Ob mir hier heute Krampusse über den Weg laufen? Ich weiß es nicht.


Sonntag, 3. Dezember 2023

Schnapslappen und Fettpanzer

WC-Wegweiser, die sich winden!
Normalerweise rüstet man sich ja mit sogenanntem Winterspeck gegen all die Viren und Unwirtlichkeiten, die so ein Wintereinbruch mit im Gepäck hat. Bin ich allein, ess ich aber nicht so gern. Koch nicht so gern, geh nicht so gern essen. Tee ist mir Speck, ich zieh mir also einen Teemantel über, eine isolierende Teeschicht, die mich wohlig warm hält und den Winterspaziergang genießen lässt. 

Denn heute, war es wirklich ein prächtiger Sonnen-Sonntag. Da musste man raus und ich habe es diesmal sowohl auf die Burg Husen als auch bis zur Frohnau-Brücke geschafft. 

Die Namen hier sind ja schon die reinste Freude: Frohnau - Froh now! Das klingt wie ein Befehl zum Frohsein, ein Befehl, den ich gerne annehme. 


Ein Ratschlag, den ich auch gerne aufnehme und hier festhalte, kam mir im Marktcafé zu Ohren: Er solle Brusttee trinken und einen Schnapslappen auflegen, das würde helfen gegen Husten, Grippe, alles. Bin bisher von allem verschont geblieben. Tee sei Dank!

Samstag, 2. Dezember 2023

Warmwalzwerk

Ein Frühchen!
Hab gestern die zweite Raucherkneipe ausgecheckt. Bin auch kurz in den Adventswald, mir war aber nicht nach Bratwurst und Pfarrerlesung, mir war mehr nach Bar und Bier. Dass es kein Mittelding zwischen Bäckerei und Raucherkneipe gibt, finde ich bedauerlich. Da sind so die zwei Extreme: da permanent Putzlicht und man als Gast quasi in der Auslage, für alle Vorbeifahrenden sehbar, dort schummriges Licht, Rauchschwaden und Musik, die es zu ertragen gilt. 

Da kommt also der Österreicher und vermisst gleich mal die Mittags-Menü-Kultur und das klassische Kaffeehaus. Tja, is so. Ich sitze gerne am Vormittag brav zu Hause und arbeite. Aber irgendwann muss ich dann raus und möchte irgendwo anders rein. Die Minigolfplatzhütte hat eh auch auf, aber einladend kuschelig ist die auch nicht. 

Dann halt durch die Nebelwand und in Vollkontakt mit der lokalen Bevölkerung. Mir wird mitgeteilt, dass ich der erste Stadtschreiber wäre, den sie kennenlernten. Echt, jetzt? 

Ich bin die Nummer 39 und früher waren sie drei Monate hier. Ich schnappe Sätze auf und füge welche hinzu: Der Schwiegervater war Betriebsbohrer. / 43 Jahre war ich in der Warmpresse. / Ist nicht besser, was ich mach. Ist nur, was ich mach. / Rockradios sind ein frauenfreier Raum. / Ich bin glücklich darüber, was ich alles nicht brauche. 

Ja, ich kann gut schreiben hier. Also nicht konkret in der Kneipe, aber hier inmitten von Leuten, die nichts mit dem, was mir wichtig ist, anfangen können. Ich genieße den Freiraum. Der Tag wird automatisch viel länger, wenn man fern von zu Hause ist. Obwohl die Tage grad so kurz sind. 


 



Donnerstag, 30. November 2023

Saunasünden

Heute war der pefekte Saunatag. Schon am Vormittag fleißig geschrieben. Zuhause gekocht, erst gegen 14 Uhr das Haus verlassen. Draußen ist es nasskalt und grau. Nichts wie ab in die Wohlfühloase Kinzigtalbad. 

Eine neue Badanlage in Zeiten wie diesen, das ist schon was Besonderes. Angeblich haben sich 13 umliegende Gemeinden zusammengeschlossen und zahlen auch gemeinsam für den Fortbestand dieser vorbildlichen Freizeit- und Badeanlage. Das Freibad macht Lust auf den Sommer und im Inneren auch alles tiptop-tadellos. Der Preis vergleichsweise billig. Zahle 10 Euro für 3 Stunden, die Tageskarte kostet 14 Euro. 

Saunapremieren in unbekannten Bädern zumal im Ausland sind immer spannend und voller Gefahren. Wie oft staunte ich schon, wenn sich durchwegs Personen in Badehosen und Badanzügen zu mir in die Saunakammer gesellten. Ich wurde zwar noch nie rausgeschmissen, aber dass es in gewissen Ländern Usus ist, in Badekleidung zu saunieren, kann man ja nicht wissen. Ich finde das ja ekelhaft. 

Aber keine Sorge, hier zieht man sich aus. Nur wo man sich umzieht, ist mir nicht sofort klar. Ich schleppe also all meine Schichten mit mir rum, will ja nicht gleich schon zu Beginn alles falsch machen. Dann stehe ich brav verhüllt vor der Saunatür und komm nicht rein, aber es wird mir geöffnet und ich komme sogar pünktlich zu einem der raren Aufgüsse um 15 Uhr. Der nächste sollte erst um 17 Uhr sein. Okay. An Aufgüssen wird also gespart. Egal. 

Es ist eine schöne Anlage. Man blickt durch eine große Scheibe raus in einen großzügig angelegten Ausdampf- und Auslaufgarten. Das Publikum ist gemischt aber durchwegs angenehm ruhig. Es wird sich erholt. Ich mache mit und mache natürlich keine Fotos.

Die zwei Fotos von heute zeigen Erholungsplätze unter freiem Himmel für die wärmere Jahreszeit. Einmal im Klein Venedig von Hausach und einmal direkt am Kinzigdammweg.

Ja, Hausach kann Erholung bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. 

Mittwoch, 29. November 2023

Bollenbommelhüte

Dieser Beitrag steht im Zeichen von Anhäufungen. Sie können sich auf Hüten, Plätzen und Tellern befinden. Es gibt einen ganzen Haufen von Anhäufungen, die es zu erklären und verzehren gilt. 

Dass hier überall Logos und Schilder mit roten Bollen versehen sind, hab ich schon am Wochenende bemerkt, mir aber noch nicht weiter was gedacht dabei. Wird schon was mit Tradition und so... Ist so.

Bis zu zwei Kilo kann so ein Trachtenungetüm mit roten Bollen wiegen. Zwei Kilo mehr wiege ich sicherlich schon, denn außer spazieren und schreiben, mach ich ja grad nichts. Oh doch. Kücheli und Schäufele in mich gabeln und löffeln. 

Im Bild der Bergsteiger. Vermutlich ein 8000er. Also Kalorien. Wobei, damit kenn ich mich nicht aus. Mir war jedenfalls eine Zeit lang etwas übel. Wohl ein Höhenkoller. Der Bergsteiger schaut aber auch wie ein Hexenhut aus und die Hexen hausen hier in top Lage: Klein Venedig. 

Ganz was anderes ist der Muldenhaufen, der gerade abgetragen wird und im Adventswald verschwindet. Der bildet da nämlich ab sofort den wärmenden Boden, auf dass die Glühweinenden sich pudelwohl fühlen mögen.

Aber darunter kann sich jetzt vermutlich niemand was vorstellen. Ich werde übrigens morgen im Offenburger Tageblatt vorgestellt. Traf mich heute mit der Redakteurin. Morgen also Kolumne und Vorstellung und dann kennen mich alle. So stelle ich mir das vor. Vielleicht lass ich mir einen Tarnschnauzer wachsen?


Oder ich leg mir eine Narrenkappe zu. Nein, das erst im Februar. 

Der Februar wird dann spannend und hart. Denn die Fasnet wird hier schon sehr erst genommen und vom Schmotzige Dunschdig bis zum Fasentzischdig herrscht Ausnahmezustand und es wird - hörthört - sogar für drei Stunden die Straße geperrt werden. Na, das ist doch mal was. 

Ich freu mich narrisch!


 

Dienstag, 28. November 2023

Frostfest und Flößerei

Wintereinbruch und Verkehrszusammenbruch auf den Straßen Deutschlands. Höre Radio und Staumeldungen sonder Zahl. Trotze dem Winter mit literweise Tee und mein Abwehrsystem stärkenden Spaziergängen. 

Zur Burg schaffe ich es auch heute noch nicht, aber ich überquere die reißende Kinzig. Dass da doch etwas Spielraum ist im Flussbett, beruhigt. 

Schreibe meine erste Kolumne für das Offenburger Tageblatt, sie wird am Donnerstag erscheinen und trägt den Titel "Frostfest am Strand der Kinzig". Thema: Verkehr. Das ist hier grad
naheliegend, aber nicht nur. Ich habe auch über mögliche Wasserwirtschaft geschrieben. Zum Beispiel das Aufschlagen eines Luftmatratzenlagers am Strand der Kinzig und das Einladen zum Eistauchen. 

Kriege 40 Euro dafür, die ich demnächst in ein Abendessen investieren werde. Zu Mittag ist die Auswahl eingeschränkt. 

Wie oft wohl die Kinzig schon auf winzig gereimt wurde, denke ich mir. Wie mächtig sie aber wohl mal war. Den früher - vom 13. bis ins 19. Jahrhundert - wurde geflößt auf der Kinzig. 

Dann löste die Eisenbahn die Flößerei ab, was den Holztransport betrifft und nun fahren täglich zig überlange Baumstämmetransporter durch Hausach. Ob das eine positive Entwicklung ist?


Montag, 27. November 2023

Schwarzwaldschwerverkehr

Alles muss durch Hausach. Der Tunnel wird generalsaniert. Das dauert mindestens zehn Monate. Das heißt, Hausach ist bis auf weiteres eine Verkehrshölle, eine Schwerverkehrshölle. Ich kann damit ja nur schwer umgehen. Ich kenne das ja nur zu gut. Ich bin nicht mehr bereit, Verkehr einfach so hinzunehmen. Nein, nicht alle LKWs sind so lieblich wie der abgebildete. 

Dass es da keine bessere Lösung gibt, will ich nicht recht glauben. Dass diese Zumutung nicht weiter auf Unmut stößt, verwundert mich. Aber Autos haben hier halt generell einen anderen, noch größeren Stellenwert als in Österreich und dort ist er ja auch schon viel zu groß für meine Vorstellungen.

Das trübt die Blicke auf die diversen lieblichen Dinge hier in Hausach aktuell doch ein bisschen. Den Rest der Trübung besorgt das Wetter. November ist naturtrüb. Gegen die persönliche Eintrübung gilt es anzuarbeiten. Ich mach das mit schreiben und lesen und habe im öffentlichen Bücherschrank einen Konstantin Wecker Band geborgen. "ich will noch eine ganze Menge leben" heißt das rororo-Taschenbuch aus dem Jahre 1981 und es unterhält mich, mehr als gedacht.

Ansonsten halte ich mich an Schilder und Aushänge. Die sagen ja immer allerhand über die Gegend aus. Die Werbung in der Auslage des Fotografen braucht nicht weiter kommentiert zu werden. Die spricht für sich. 

Die Werbung für das Mittagessen mit der schlichten Menüangabe: Maultaschen Jägerpfanne Kartoffelsuppe - sprach mich zwar an, essen gegangen bin ich dann aber zum Griechen im vormaligen Gasthof Löwen, einfach, weil ich ein bisschen Sommergefühle haben wollte und Konstantin Wecker ist es natürlich gelungen, diese zu verstärken. "Und dann will ich was ich tun will endlich tun", singt er in meinen Ohren. 

Ich mache also schnell und schaue, dass ich in meine Schreibstube komme, die noch immer etwas kühl ist, aber in der Regel wird mir beim Schreiben eh heiß. 

Das Fensterchen des Dachbodenkämmerchens ist es nicht, wo ich mein Werk verricht. Aber süße Knusperhäuschen wie dieses, sind hier viele zu sehen. An dem Tag, an dem alle Wirtshäuser zu haben, werd ich wohl in eines dieser Zuckerwerkhäuser beißen müssen.

Den angeschlagenen Märchen-Drive muss ich jetzt unbedingt nützen. Ich schreib ja über Österreich und da ist der Märchenzugang immer gut, denn wir sind Zwerge auf dem hohen Ross und Würschteln in der Alpen Schoß. 


Sonntag, 26. November 2023

Hausach ist kein Wohnsituationsseufzer

Ich bin im Schwarzwald. Ich bin in Hausach. Ich bin Stadtschreiber und die nächsten zwei Wochen im Schreibtunnel. Gestern fand die Vorstellung im Rathaus statt, auch die Preisverleihung des aktuellen LeseLenz-Preisträgers Martin Schäuble und ab jetzt gilt es. Sechs Wochen Hausach verteilt über die nächsten sechs Monate. Simone Scharbert herhält das Gisela-Scherer-Stipendium, Ibrahima Ndiaye das Amanda Neumayer-Stipendium und ich das für Lyrik und Prosa. 

Der Empfang war sehr herzlich aber kalt, denn die Wohnung will vorgeheizt werden und es ist ja plötzlich Winter. Ansonsten gibt sich die Wohnung smart, ein SmartHome. 

Der Spiegel blinkt mir entgegen mit diversen Informationen und Möglichkeiten. Er wird mich in den nächsten Tagen in unterschiedlicher Verfassung kennenlernen. Der Spiegel wird meine Gemüts- und Körperzustände registrieren und hoffentlich immer die richtigen Antworten und Aufforderungen für mich haben. "Heute schaust du aber gut aus, Hausmaus. Ran an den Schreibtisch mit dir und reingehauen in die Tasten." Ich hab mir aber schon auch vorgenommen, dem Spiegel ordentlich eins reinzugrimassieren, wenn mir danach ist. 


Jetzt gilt es erstmal die Umgebung zu erkunden. Einen Anhaltspunkt habe ich schon mal. 

Die Virenlitfasssäule weist mir den Weg und die Burg natürlich auch. Wohne gegenüber vom Pfarrheim mit Blick auf Burg und Kirche. Das sollte zu jeder Tages- und Nachtzeit und in allen Zuständen zu finden sein. 

Ich freu mich auf Kommendes.

Donnerstag, 16. November 2023

Wer war schon mal im Mötztal?


Am Samstag, den 18. November lese ich in Obsteig. Obsteig ist die Nachbargemeinde von Nassereith und in grauer Vorzeit habe ich schon mal einen Text über Obsteig geschrieben.

Es war ein im öffentlichen Raum ausgestelltes Dialektgedicht, das jetzt einfach laut von euch gelesen wereden muss, wenn ich es jetzt hier aus dem Gedächtnis zitiere. Also, Achtung: 

Obsteig
Obst Teig
Oder
Obst Tang
Isst
Ist nicht Wuascht

 Ja, so war das damals. Und heute, ist hier das Mötz-Video zu sehen. In Mötz hab ich vor ein paar Wochen einen feinen Leseabend (und auch Vormittag in der VS) verbracht und Mötz hat sich dieses Video also mehr als verdient. Viel Vergnügen. 

https://vimeo.com/880127031



Sonntag, 12. November 2023

Fenster zur Welt

Der öffentliche Raum ist mit literarischen Projekten ja oft nicht sehr leicht einzunehmen.
Das Projekt window words von Oliver Hangl ist aber eine äußerst feine Sache. (Von ihm stammt auch das Foto hier.)
Das Konzept ist schnell erklärt. Es wird ein Schaufenster beschrieben.
Mehr Vorgaben gibt es nicht und braucht es auch nicht.
Ein Wort, ein Satz, ein Textvorhang – alles ist möglich.
Wichtig ist: es fährt nicht nur der 13A daran vorbei, er bleibt – baustellenbedingt – momentan auch direkt vor diesem Literaturfenster stehen.
Das wiederum heißt, es stehen immer sehr viele Menschen vor diesem Literaturschaufenster und da will eins natürlich was ansprechendes bieten.
Mein Denkanstößchen ist den ganzen November über zu betrachten.


Montag, 6. November 2023

Verimsten: ein stadtgeografisches Phänomen


Neulich war ich in Imst. Imst mag mich. Bin dort ja immerhin neun Jahre zur Schule gegangen.

Imst hat seit Mitte Oktober eine tolle, neue Stadtbühne. Da wird jetzt ambitioniertes Programm gemacht und am Nationalfeiertag, den 26. Oktober 2023 durfte ich dort gemeinsam mit Christian Deimbacher an der Loopmaschine und Mundharmonika aus meinem Roman "Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts" lesen. 

Es kamen sehr, sehr viele Menschen und damit der Abend nachhaltig in Erinnerung bleibt, sei hier noch ein kleines Video über IMST präsentiert. Mehr Wissenswertes über Imst lässt sich im Roman nachlesen: https://vimeo.com/880128499


Dienstag, 31. Oktober 2023

Blau-weiß-Wurst

Alle immer so: Currywurst und Grönemeyer, Kohle und Stahl. Aber man muss doch auch mal über Opel und Aral reden. Ja, der legendäre Opel Kadett wurde in Bochum produziert und zwar von 1962 bis 1991. Der Opel Kadett hätte der neue Käfer werden sollen. Das gelang zwar nicht ganz, aber mit 7,5 Millionen in Bochum vom Band laufenden Kadetts, hatte man schon was geschafft. Der Slogan der Markenkampagne lautete: "Jung und schwungvoll" 

Das ist die Slamily auch, noch immer. Das ist schön. Jetzt gibt es sogar endlich mal wieder eine Siegerin und sie ist noch dazu Bestagerin, also aufgewachsen mit Opel Kadett und Aral. Denn Aral wurde auch in Bochum erfunden. Ja, Aral ist eine Tankstelle und blau-weiß wie Bochum, aber der Name kommt von den Hauptbestandteilen des neuen, 1924 in Bochum hergestellten, Kraftstoffs: Aromate (Benzol) und Aliphathe (Benzin). Aral erfand den weltweit ersten Superkraftstoff, Aral erfand Super und war lange Marktführer im Sektor Kraftstoffvertrieb. 

In Nassereith gab es in meiner Kindheit eine Aral und eine Esso-Tankstelle. Super verringerte das gefürchtete Motorklopfen und war teurer. Wer Super tankte, fuhr besonders gern und gern schnell. Die Aral-Tankstelle in meinem Heimatdorf war mitten im Dorf beim Maibrunnen und wurde von einer Tankwartin betreut. Die Esso-Tankstelle war gegenüber von unserem Haus an der Fernpass Bundesstraße. Ich habe dort viel Zeit verbracht, wohl passiv Benzin schnüffelnd. Es hat mir nicht sehr geschadet. Dass ich zweimal beim Überqueren der Straße an- und umgefahren wurde, war schon eher lebenseinschneidend. 

Unser Kadett war giftgrün und wurde von meinem Vater irgendwann mit schwarzen Rallyestreifen die sich vom Kofferraumdeckel, über das Dach, bis über die Kühlerhaube erstreckten. Er war das Familienauto in den 1980er Jahren und leider sehr reparaturanfällig. Aber dafür kann Bochum nichts. 

Bochum hat neun Parkhäuser in der Innenstadt und wenn ich vor dem Hotel steh, seh ich, wie viel grad frei sind in der Tiefgarage: 1140, 1137. 

Zadek und Peymann dürfen auch nicht unerwähnt bleiben. Durch sie wurde Bochum, das Bochumer Schauspielhaus zu einem Begriff in der Theaterwelt. Auch das war in den 1970er und 80er Jahren. Dann ist sowieso der Starlight Express ab- und über alles drüber gefahren. 

Seit 1988 rollen die menschlichen Züge auf Rollschuhen Tag für Tag durch die Halle. 12.000 Vorstellungen, 13 Millionen Zuschauer*innen, das erfolgreichste Musical an einem Standort weltweit. Und dieses Starlight Express Theater war die Spielstätte für das Slam23 Finale. Hui!  


Montag, 30. Oktober 2023

Ärpel und Schlaat

 

"Bochums Dreiklang, merk ihn Dir: Kohle, Eisen, Schlegel-Bier." So wurde früher geworben. Schlegel-Bier gibt es nicht mehr. Aber das Schlegel und den Schlegelturm. Das Schlegel ist die After-Show-Location und da gab es gestern allerhand zu feiern. Gleich drei Teams aus Österreich im Finale der deutschsprachigen Meisterschaften (Süßholz & Schnitt, Team MYLF und Annika & Tommy) und - Trommelwirbel - Annika & Tommy (Christoph und Julia) sind souveräne Team-Meister*innen. 

Das Schauspielhaus war voll und es ist ein großes, schönes Schauspielhaus. Ich saß auf Platz 960 in der 6. Reihe des Ranges und blickte auf eine begeisterte Menge. Im finalen Stechen mit der Nummer 1 am Start legten Annika & Tommy eine Wertung von 89,9 (von 90) vor und das Publikum spendete standing ovations - zu Recht. 

Alles, was sich in sechs Minuten sagen und machen lässt, Annika & Tommy haben es gemacht. Inhaltlich, politisch, performativ absolute Spitzenklasse und ein Auftritt, der wohl nicht nur für die neuen Teamsiger*innen sondern auch für 1000 Menschen unvergesslich bleibt. BRAVO!

Dass wir schon um 8 Uhr morgens beim Frühstück nicht nur die Sieger*innen des Vorabends, sondern auch sonst eine ganze Menge Slammer*innen treffen sollten, wer hätte das gedacht. Nicht nur wir wachen früher auf, schlafen weniger, gehen früher heim, trinken weniger, auch gar nicht so wenige Andere machen das. Es ist ja auch ein Kongress und nicht nur ein Festival. Es gibt ja auch Vorträge und Panels. Es gibt also allerhand zu erfahren und zu lernen. 

Es ist aber auch wichtig, Bochum etwas besser kennenzulernen und da das Wetter das heute zuließ und ja auch Montag - und somit wieder alles auf - ist, stürzten wir uns in die Einkaufsstraßen und erforschten den Stadtpark. Das hat sich als äußerst lohnend erwiesen: viele, schöne, alte Bäume; viele, bunte, fallende Blätter. 

Das Abenteuer des Tages war wieder mal eine Briefmarke zu bekommen. 

In der Tourist-Info hatten sie nur Inlandsmarken, die aber dann doch auch nicht. Im Postamt standen 20 Menschen in der Schlange, was mir für eine Marke dann doch auch etwas zu viel Aufwand war. Im Kiosk hatten sie welche, allerdings nur im 10er Set. Musste ich halt doch zurück in die Warteschlange und nicht am ersten Schalter aber schließlich doch nocht konnte ich eine 0,95 Cent Marke mit Blumenmotiv (Flockenblume sagt die Quittung) ergattern. 

Ich schrieb - wie schon in Budapest - gleich vor Ort und gab die Ansichtskarte ab, damit ich mir das Postkastensuchen ersparte. Ja, wer Ansichtskarten schreibt, dem wird es nicht mehr leicht gemacht. Immerhin war es sonst in der Tourist-Info sehr aufregend. Ich lauschte unterhaltsamen Gesprächen und kaufte allerhand Souvenirs: Rührpott Kochlöffel, Glück-auf-Grillzange, schwarze Lakritzherzen (quasi Kohle zum Lutschen vom Köhle). 

Bei Mutter Witting war es diesmal etwas gar zu verschlafen und das Mittagsangebot versprach zwar allerhand - Kapernsoße - aber naja. Hat schon gepasst, war aber nicht preiswürdig. Aber für einen Finaltag, war das ein sehr spannender, erholsamer und ja, fast eine Art Urlaubstag. 

Heute noch in die legendäre Starlight Express Halle und dann wird wieder mal genug sein mit Riesenevents. Vielleicht erleben wir ja noch einen mehr als erfreulichen Sieg aus den eigenen Reihen. 

Wir halten die Daumen.

Ärpel und Schlaat wird seit Tagen als Tagesgericht im Hotelrestaurant angeboten und ist wohl irgendwas mit Kartoffelstampf. Auch Muscheln werden hier mehr gegessen, als vermutet. Bochum die Heimat nicht nur der Currywurst. Bochum auch die Miesmuschel-Metropole.




Sonntag, 29. Oktober 2023

Sei's drum: Bochum

2010 war ich schon da. Da fanden nämlich auch die deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften hier statt. 13 Jahre später weiß ich kaum mehr was von der Stadt. Gut, wo das Freibeuter ist, weiß ich. Aber sonst gilt es die Stadt neu zu entdecken. Gefühlt hat sich allerhand verändert. 0,4 Bier kosten jetzt 4,90 €, 0,5 stolze 5,80 €. Es ist Moritz Fiege Pils. Ich kann die Brauerei vom Hotezlzimmer aus sehen. 

Wir sind gut untergebracht im Mercure-Hotel direkt am Hauptbahnhof. Beste Ausgangslage, alles fußläufig erreichbar. Das Bermuda3eck quasi vor der Nase, die Fußgängerzone mit Shopping-Allerlei auch. 

Aber ich bin ja da, um der Slam-Szene zu huldigen. Da bleibt gar nicht so viel Zeit für große Erkundungen, zumal wenn das Wetter macht, was es halt Ende Oktober so macht. Es regnet immer wieder - soll sein. 

Ich bin in einer Stadt, die 370.000 Einwohner hat. Die städtegeografisch ein Stückwerk ist, weil laufend eingemeindet wurde. Grumme, Hamme, Wattenscheid - ein Fleckerlteppich aus ehemaligen Ortschaften, jetzt Stadtteile. 

Die Stadt trägt ein Buch im Wappen, das ist schon mal nicht schlecht. Die Gegend war wohkl mal das Heim der Buchen. Ein Name eines Adeligen spielt auch eine Rolle. Aus Cobbos Buchensiedlung wurde Cofbuokheim und irgendwann dann Bochum. Blau-weiß war Bochum schon immer. Das Buch im Wappen hatte vermutlich einen Buchendeckel, denn im Mittelalter hatten Bücher Deckel aus Holz. Was bleibt ist ein überraschendes Wappen mit Buch für die Stahl- und Kohlestadt Bochum. 

Bochum wird gerne "Stadt mit Pfiff" genannt. Das hat mit der Hymne der Stadt zu tun, dem "Bochumer Jungenlied" vom Dichter August Friedrich Ferdinand von Kotzebue. Das ist doch mal ein  Name. Im Refrain dieser mehrstrophigen Hymne kommt "dreifacher Pfiff" vor und weil Strophe vier so gut zum Grund meines Bochumaufenthalts passt, sei sie hier zitiert:

"Wir sitzen so traulich beisammen und haben einander so lieb, erheitern einander das Leben, ach, wenn es doch immer so blieb."

Das passt ganz gut zum Slamily-Treffen dieser Tage. Es sind sehr viele "Altspatzen" gekommen, viele sind nur kurz gelandet und nach ein-zwei Tagen wieder weitergeflattert, aber sie waren da. Man trifft sich jetzt eher im Frühstücksraum so gegen 9, als in der After-Show-Location so gegen 2. Ist okay. 

Mein Arbeitstag war der Freitag. Da moderierten Doris und ich im Union Kino die Vorrunde #7 von 9. 9 x 9 Poet*innen im Einzel, 2 x 9 Teams im Team-Slam. Fabian und Elena und Süßholz & Schnitt, Team Julia und Chris (Stoner!) und MYLF weiter. Toll! Das heißt: Nichts wie raus und rein in die Kammerspiele und Daumen drücken und in die Hände Klatschen und morgen mehr.



Donnerstag, 19. Oktober 2023

Dunaj Poetry-Slam-Tour


 "Diese Scheine sind nicht mehr gültig", sagte sie vielleicht. Sie sprach ungarisch. Ich wollte einen Espresso. Wir hatten beide gute Absichten. Ihre waren berechtigter. Wir waren ja immerhin in Budapest.

Ja, ich war von Montag auf Dienstag (16./17. Oktober) 23 Stunden in Budapest. Eigentlich ja nur in Pest, auf die Buda-Seite hab ich es nicht geschafft. Aber ich habe viel gesehen, viel erlebt, wenig getrunken und gar nicht mal so wenig und auch gut geschlafen im Hotel Benzur. 

Aber zurück zu den ungültigen Scheinen.


Voll stolz hab ich meine Forint-Scheine aus der Lade mit den Fremdwährungen genommen und mir vorgenommen, diese nach Ankunft in der ungarischen Hauptstadt gleich in Kaffee umzusetzen und dann das. War ich wirklich so lange nicht mehr hier? Vermutlich. Jedenfalls peinlich. Der Kaffee war schon bestellt und nachdem klar wurde, dass ich kein Ungarisch sprach, war mit "No!" auch recht bald geklärt, dass meine Scheine nicht gewollt sind. Münzen hatte ich auch aber zu wenige. Ich verzog mich also unkoffeieniert und leicht geniert. Kein Einstand nach Maß. Es ging aber aufwärts. 

In der Folge sollte ich viele sehr freundliche und hilfsbereite Menschen kennenlernen und schließlich im Postamt landen, wo ich nicht nur eine Ansichtskarte frankieren und nach Tirol zu Mama schicken konnte, sondern auch meine alten Scheine 1:1 umwechseln konnte. Eine kleine Reisefreude. Wir reden hier von keinen 10 Euro. Aber es geht ja - wie in so vielem - ums Prinzip.

Der Grund meines in Pest-Seins allerdings war ein anderer. Katharina Wenty hat die Dunay Poetry-Slam-Tour organisiert und nach Wien war Budapest die zweite Station davon. Für das Team Ungarn waren Péter Mészáros und Veroni Gyenge am Start. Die Slowakei schickte Marcel Glasa (Šupazdela) und Diana Renner ins Rennen und mein Austria-Team-Buddy war Ö-Slam-Champ Emil Kaschka. Wir traten dann gemeinsam im Österreichischen Kulturforum auf inmitten einer tollen Ausstellung mit dem schönen Titel "Please give me something I can refuse" und Werken von Yulia Makarenko, Kincsö Bende, Arnold Reinisch, Eszter Szabó, Lotti Brockmann und Nadja Brachvogel. 


Das war eine tolle Kulisse: zerfließende Zuckermasken, schräg verfremdete Selbstporträts, narrische Schwammerlskulpturen und der obligatorische Kultur-Forum-Bösendorfer. Tretete ich öfter in Österreichischen Kulturforen auf, ich würde einen Bösendorfer-Flügel-Text schreiben und die Leute damit zum Abheben bringen. Die diesmalige Textauswahl funktionierte aber auch ganz ausgezeichnet. Das Publikum war bester Laune, die Auftretenden auch und so war es gar nicht groß der Rede wert, dass wir hinterher eine halbe Stunde durch die Stadt latschten, nur um schließlich in einer Kneipe zu landen, in der auf einem Riesenbildschirm ein Pub-Quiz angeschaut wurde. Egal. Dort gab man uns dann Sör: Soproni. Es wurde nicht sehr spät, denn Slammer*innen scheinen international insgesamt vernünftiger geworden zu sein. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.

Die Hotelbar war schon geschlossen. Minibarbiere sind immer eine Niederlage, auf die ich zum Wohle des frühen Frühstücks verzichtete und so war ich schon gegen 8 Uhr wieder unterwegs. Strahelnder Sonnenschein aber herbstliche Kühle. 


Im Park Városliget wurde bereits Glühwein angeboten. So ist das nun: vom Spätsommer direkt in den Frühwinter. Der Herbst hat sich geschlichen. Ich streifte durch diesen mit Museen, Lokalen und anderen Kultur-Einrichtungen gespickten Park, staunte über die erfrischende Architektur und was fiel mir dabei ein? Ein Sprichwort: Außen hui und innnen... Denn es ist ja schon so, das Ethnografische Museum ist ein äußerst gelungenes Bauwerk, aber möchte ich wissen, was drinnen propagiert wird? I would rather not.

Viktor Orbán schüttelt gerade in Peking Vladimir Putin die Hand. Putin lobt Orbán. China lobt Orbán. Mir fällt auf, dass immer die Namen der Präsidenten (in diesem Fall nur Männer) genannt werden, außer bei China. Da ist es immer ganz China, das Hände schüttelt. Man stelle sich vor: 1,5 Milliarden Chines*innen schütteln gleichzeitig Hände. Das wäre vermutlich die größtmögliche Völkerverständigung. Jinping lobt Orbán. Da gibt es echt nichts zu loben, Leute! 


Ganz wohl fühl ich mich nicht, wenn ich in einem Land bin, dessen Politik ich so ganz und gar nicht aushalte. Na dann das Unbehagen wenigstens hier festhalten, dachte ich mir und machte ich hier jetzt ja auch.
Denn: Nein, ich möchte kein Schreiber eines vermeintlich höchstrühmlichen Königs (oder sonst eines Kaspers) sein.



Dienstag, 26. September 2023

Telfs by night


Da ich ja am Donnerstag, den 28. September 2023 gemeinsam mit Mieze Medusa im Kulturstadel in Oberhofen lese, habe ich mir gedacht:
Machen wir ein Video über die Nachbargemeinde TELFS, das kommt immer gut an.
Dank an dieser Stelle an Conny für die Fotos! 

Und hier die allgemeinen Infos:

Wann? 28.09., 20.00 Uhr
Wo? Kulturstadel Oberhofen
Franz-Mader-Straße 26
6406 Oberhofen
 
Und hier geht's zum Video:

Dienstag, 19. September 2023

Küss die Hand, Herr Erkermeister

Schön war's. Ein Ereignis war's. Unvergesslich bleibt's. Die vierte Literaturmeile in der Zieglergasse ließ mich zum zweiten Mal zum Erkermeister werden. Im Dienste der Schule für Dichtung lehnte ich mich in dieser Funktion sehr weit aus dem Fenster. Für euch, für Sie, für Poesie. 

Zweimal durfte ich mich im Lauf des programmdichten Nachmittags erkern. Ich habe eigens für diesen Anlass zwei passende Texte verfasst, die die Umgebung miteinbeziehen und auch für Laufpublikum was anbieten. Nebenbei hatte ich Gelegenheit, meine Beckenbodenmuskulatur zu trainieren, da es über 15 Minuten lang Körperspannung zu halten galt, um nicht abzustürzen, denn irgendwie schwebte ich fast auf dem Fensterrahmen und der Fensterbank, ja hob gar manchmal ab ob der poetischen Höhenflüge. 

Beim zweiten Mal hat die Sonne mich dann auch noch zu einer Lichtgestalt gemacht und Martin Peichl hat das festgehalten. Danke!

Mittwoch, 13. September 2023

Wien-Meidling

Markus Köhle_Wien Meidling

Hier gibt es jetzt in unregelmäßigen Abständen kurze Videos mit Texten aus "Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts". Wir beginnen mit "Wien Meidling". Oft muss ich von Wien-Meidling abfahren, oft komme ich in Wien-Meidling an. Grund genug, damit zu starten.

Montag, 28. August 2023

Urlaub over

Edinburgh im August ist der Wahnsinn. Alle Festivals auf ein mal: Literatur, Comedy, Theater, Fringe, Musik... Ohne zu übertreiben über 500 Veranstaltungsorte und Programm ab Mittag bis Mitternacht.
Das heißt, wann immer es regnet, und es regnet gern in Edinburgh, kannst du einfach irgendwo rein gehen und es wird dir was Atemberaubendes geboten werden. Denn die ganze Welt ist da und wer hier eine Show bestreitet (alles immer genau eine Stunde lang), die*der hat's drauf. Wir gingen mehrmals geplättet aus Kellern und brauchten diverse Biere zum Nachbesprechen. 

Auch diese Energie ließ sich gut kanalisieren, denn der Pub-Trail (13 Stopps) wurde mit einem italienblauen T-Shirt belohnt. Wir holten uns zwei davon. Und wenn es schon gefallen ist, das Wort, das Land, dann sei es doch auch gleich ausgebreitet: Es hat mich sehr überrascht, dass in Schottland jetzt dermaßen viel italienisches Bier getrunken wird. Peroni und Moretti sind voll in! Wer hätte das gedacht vor 25 Jahren?! 

Auch die Craft-Beer-Mode ist voll angekommen. Nichts mehr mit vulgären (und doch so klassisch-schönen) Pinte-Gläsern. Jede Edelplörre kommt im unverkennbaren Glas daher: bunt und fancy. Es gibt noch Auswegmöglichkeiten - Tennent's (gebraut in Glasgow) - aber nicht mehr viele.
Jedenfalls haben wir uns vom Solo-Stück bis zur Drag-Show, von der Colison Whitehead Lesung bis zum Shamilton-Impro-Musical alles angeschaut, was uns unterkam und wir waren und sind begeistert, geflasht, overloaded. Quasi mit positiver Energie und Ideen vollgempumpt. 

Der Herbst kann kommen!

Samstag, 8. Juli 2023

Astiger Auftritt - knorriges Publikum

 

Von Saisonabschluss zu sprechen, wäre etwas verfrüht. Es kommt ja noch der schöne Kultursommer-Auftritt am 14. Juli im 15. Bezirk. Aber es war der letzte größere Auftritt außerhalb Wiens. Er hat mich nach Ötztal-Bahnhof geführt, zu Holz-Marberger. Der Anlass: Der Branchentag Holz, das 25 Jahre Jubiläum der Initiative pro:Holz Tirol und das Sommerfest. Mein Job: Davor, dazwischen und danach was mit Sprache und Holz zu machen. Das kann ich, das mach ich. 

Dass die Eberesche der Baum des Jahres 2023 ist, kommt mir da sehr entgegen, zumal meine Vorfahren Köhler, also Eschenbrenner waren und ich als Kind meine ersten Baumhäuser in Eschen genagelt habe. Ich wähle also einen persönlichen Auftakt und habe meinen Spaß an der Geschichte: "Die Fichte sticht, die Tanne bricht". Die lässt sich vielleicht sogar mal wiederverwerten. Irgendwas mit Baum, Holz und Kindheit kann man immer mal gebrauchen. 

Im Mittelteil lege ich den Fokus auf Orte, die ihre Holzvergangenheit im Namen tragen: Tannheim, Kiefersfelden, Ehrwald aber auch Fohrenburg, Biberwier und Umhausen. Ich fragte, ob sich wer aus Umhausen im Raum befände, stellt sich heraus: die Familie Marberger, die Gastgeber, kommen genau von dort und in Umhausen wurde der Betrieb vor circa 100 Jahren auch gegründet. Einerseits Glückstreffer, andererseits heikle Sache. Aber gut, was soll schon schiefgehen, ich hab ja ordentlich recherchiert. Hier also meine Enthüllungen über Umhausen:

UMHAUSEN
Bis ins 17. Jahrhundert hieß die Ötztaler Gemeinde Umhausen Ulmhausen und war zur Gänze mit Ulmen zugewuchert. Lord Löttö vön Sölden zeichnete für den Kahlschlag verantwortlich, weil er sich einbildete, aus Ulmhausen dereinst einen Kurort zu machen. Er versenkte an gut gekennzeichneten Stellen Radonheilquellen und war sich sicher, die Nachwelt würde es ihm danken, der Tourismusverband ebenso wie die Kranken. Als Belohnung heimste er das L von Ulmhausen ein und hieß fortan Lord Löttöl vön Sölden. Umhausen war es recht und wartete ab, bis es Zeit war für Wellness, Kur und Spa.

Dass ich nicht ganz ernst zu nehmen bin, war damit klar, dass ich nicht ganz einfach zu verstehen bin auch. Fohrenburg ereilte ja ein ganz ähnliches Schicksal.

FOHRENBURG
Die Vorarlberger Gemeinde Fohrenburg nebst Bludenz hieß bis ins 18. Jahrhundert Föhrenburg und war weitum bekannt, denn dort wurde das legendäre Starkbier Möhrenbräu gebraut. Dieses hat jedoch dem Landesfürsten Rölf den Magen verhaut, worauf Rölf empört den Föhrenburgern ihr adeliges Ö entzog und es zum O downgradete. Fortan hieß die Gemeinde Fohrenburg, reagierte trotzig-verletzt und hat das legendäre Möhrenbrau durch die Plörre Fohrenburger ersetzt. Wer Fohrenburger regelmäßig trinkt, sieht Einhörner.


Ebenfalls exklusiv für pro:Holz entstanden die 25 pro:Holz Jubiläumssätze in 50 Sekunden, die dann im Anschluss auch nochmal abgefilmt wurden (ich mit Holzzweier um den Hals und Holzfünfer in der Hand). Here we go:

Man kann ins Holz gehen
Man kann auf Holz bestehen
Man kann ein Holz erben
Man kann für Holz leben und sterben
Man kann auf Holz bauen
Man kann Holz klauen
Man kann auf Holz klopfen
Man kann was mit Holzwolle stopfen
Man kann Holz schlagen, ziehen, kaufen
Man kann sich um Holz raufen
Man kann Holzbaupreise gewinnen
Man kann ein Holzkopf sein und spinnen
Man kann Holz genial finden
Man kann Holz leicht entzünden
Man kann Holz sauber brennen
Man kann sich im Holz sauber verrennen
Man kann Holzolympiaden veranstalten
Man kann die Holzbestände erweitern und verwalten
Man kann Holz brechen
Man kann aber auch mit Holz huangarten, also sprechen
Man kann Holz für allerhand nützen
Man kann mit Holz das Klima schützen
Man kann mit Holzorgeln leiern und man kann Holz feiern
Denn mit Holz hat man’s fein und man kann nicht gegen, nur pro Holz sein

In diesem Sinne. Vielen Dank für die Einladung und die Einblicke. Ich hoffe, ich war mehr Konstruktionsvollholz als Brettsperrholz, mehr Zirbe als Fichte.

Samstag, 24. Juni 2023

Telfs ist Knust


Zwischen Raiffeisenbank [sic!] und Altem Rathaus führt ein Durchgang zum Eduard-Wallnöfer-Platz, dieser Durchgang wurde zum Kunst-ist-Tunnel erhoben.
Vier Positionen: drei Männer, eine Frau.
Von der Malerin bis zum Musiker, von der Ein- bis zur Vierwortantwort.
Bezieht man den Ort mit ein, an dem die Kunst-ist-Poster aufgehängt wurden, muss man sagen: Kunst ist ein dunkel-düsterer Tunnel, der nach den Ausschweifungen der vergangenen Nacht stinkt.

Aber Kunst stinkt nicht, unkst du.
Kunst ist Stunk.
Kunst ist Knust.
Kunst ist, mit Vorhandenem auf andere Sichtweisen hinweisen.

Kunst ist, wenn sie sich ein "i" und ein "s" leiht, Sunkist.
Kunst ist ein Sonnenkuss.
Poesie ist Kunst.

Poesie ist Ei-Pose (Gegockel)?
Eis-Poe (Hinternteile mit Erfrierungen dritten Grades)?

Poesie ist der Spielraum im Haus Leben,
Kunst sind die Fenster.

Kunst ist alles,
was du dir nicht auf Anhieb vorstellen
kunst.



Freitag, 23. Juni 2023

Kreisverkehrskultur


Das Erfreuliche zuerst. Gestern zog eine Lesekulturkarawane über den Telfer Rathausplatz, während die Blasmusik gerade dabei war, den Platz für sich und ein Konzert in Beschlag zu nehmen. Die Lesekarawane zog von der Bücherei - in der das 2. Literaturfestival FABULA RASA eröffnet wurde - ins Noaflhaus, wo die Lesung vor vollem Haus stattfand. 

Das ist ganz wunderbar und war ein unübersehbares Zeichen, eine Machtdemonstration der Kraft von Literatur. Literatur kann Leute in Bewegung bringen. Literatur ist beweglich. Literatur lässt sich nicht vertreiben. Literatur findet Wege und Orte und Leser*innen und Buchkäufer*innen. Vielen Dank dafür, liebes fabula-rasa-Team. 

Weil dere Festivalname aber schon auch ermuntert, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen (so weit käm's noch im Schatten der Hohen Munde), lasse ich mich gerne ein wenig ein auf Telfs und den Telfer Kulturbegriff. 


Mir wurde nämlich Informationsmaterial ausgehändigt. Genau genommen wurde es eingesackelt und am Hotelbett für mich hinterlegt. Es handelt sich dabei nicht um Geheimes oder gar Geleaktes, es handelt sich um offizielles Material der Gemeinde. 

Ich hielt also die Broschüre "Kulturrundgang Telfs" in Händen und machte mich schlau.
10 A4-Seiten, 18 Stationen, das sollte an einem Nachmittag zu schaffen sein. Ich bin gut zu Fuß, ich kann lesen. Ich lege also und lese los und ich staune sogleich:
Fasnacht, Fasnacht, Fasnacht.
Brunnen, Brunnen, Brunnen.
Da ein paar Heiligenfiguren, dort ein paar Wildeskulpturen.
Zeisel, Noafl-, Rathaus.
Fasnacht, Fasnacht, Fasnacht.
Franziskaner, Laniniger, Kriegerdenkmal.
Fresken, Giebel, Erker und immerhin Forellenmarmor.
Das war's. Das ist der Kulturrundgang. 

Das ist der gegenwärtige Kulturbegriff von Telfs. Ich wunder mich, denn ich hab ja grad eine meiner schönsten Lesungen hinter mir.

Ich frag mich: Was ist Kultur? Brunnenfiguren und Fasnachtsbräuche? Eh, auch. Aber nicht nur. Kultur ist, was wir draus machen und das Team rund um das Festival fabula rasa macht ja ganz ausgezeichnete Kulturarbeit. Wo also bleibt der Vermerk der Bücherei im Kulturrundgang? 

Der Kulturbegriff ist nicht festgeschrieben, in Stein gemeiselt, in Alu gegossen. Ja, eine Glocke ist auch Kultur. Kultur ist ein ständiger Prozess, ist immer im Wandel. Es ist an uns, den Kulturbegriff einer Region zu prägen. Kulturelle Werte sind nicht unveränderlich. Traditionelles hat natrürlich seinen Platz, aber die Kultur eines Ortes darf nicht im Kulturbegriff vom vorvorigen Jahrhundert hängen bleiben. 

Was macht Telfs aus?
Die Kreisverkehrsgestaltungen?
Die Minarettikett? Die Erinnerungs- und Lesekultur?
Sagt es mir und reklamiert euch rein in den Kulturrundgang.
Es telf sich was verändern!

Und viel Erfolg für die nächsten Literaturfestivals. 

Im Bild ist übrigens der Mampfred Bucher zu sehen. Mampfred ist ein Nerdmännchen, das sich von Büchern ernähert. Er sagt sich:
Ich saß auf einem Steine
Und zog mir Bücher eine
Ich bin im Kreisverkehr daheim
Der Rest kann mir gestohlen bleim