Ich stelle mir vor, dass der Apfelstrudel einfach noch nicht fertig war, jetzt aber Kaffee und Studel dampfend auf dem Tisch stehen und ich unter Applaus der gesamten Belegschaft empfangen werde. Ich kriege einen Nescafe und kann grad noch verhindern, dass er mit Milch und Zucker daher kommt. Ein Glas Wasser gibt es auch und ein Assistent unterhält sich mit mir. Das Meeting des Direktors dauert noch immer. Mir dauert es nach einer halben Stunde höflicher Konversation dann doch zu lang. Ich signiere ein Buch, hinterlege auch ein "Hagel-DUM" und verabschiede mich mit den besten Wünschen und Grüßen. Na, habe die Ehre!
Dienstag, 25. November 2025
Terminverstudelung
Habe ein offizielles Treffen mit dem Direktor des Österreichischen Kulturforums. Das hätte gestern stattfinden sollen, wurde aber kurzfristig auf heute Vormittag verschoben. Ich reise mit dem Tuk-Tuk an, bin früh dran und wende mich an den Portier, der sagt: "But he is in a meeting." Haha. Trick 17, also eigentlich Trick 0815. Egal, ich darf in der Lobby warten. Ich dachte an Kaffeeverwöhnung und Apfelstrudelumsorgung - nix. Warten in der stickigen Lobby. Kann ja noch kommen, denke ich mir und schaue auf die Goldplakette am Eingang mit der EU-Fahne, drunter steht: Gefördert aus Mitteln des Außengrenzenfonds. Was es nicht alles gibt. Es tönt österreichisch hinter dem Schalter hervor. Behördenbürokratie-österreichische Klänge. Der Bittsteller spricht perfektes Deutsch, ist super höflich und wird beamtshandelt: "Warten Sie hier. Sie werden aufgerufen. Das dauert." Es dauert auch für mich. Es tanzt noch wer an, ausgerüstet mit Dokumentenmappe (pink, Klarsichthüllen) und einem Bündel Geldscheine. Er muss auch erst mal warten, dann darf er zahlen. Es werden viele 5000 Rupien-Scheine gezählt, 5000 ist der höchste Schein (das sind grad mal 5 Euro). Dann ein kleines Bürokratiewunder. Die Schalterfrau kommt hinter ihrem Reich hervor und zu uns in die Lobby und ist sehr nett. Sie verspricht, dass das Problem des Ersten bis 13 Uhr gelöst sein wird. He happy. She happy. Ich warte noch immer. Ich nehme mir vor, maximal bis viertel nach zu warten. Kurz vorher kommt einer der Eingangssecuritys und begleitet mich raus und ums Haus und rein in das Österreichische Kulturforum.
Nehru, Lenin, Gandhi
Feierabend. Gestern die Masterclass abgehalten. Jetzt bin ich offiziell im Urlaub. Waren dann doch mehr Termine, als gedacht. Auch der gestrige Tag stand ganz im Zeichen der Veranstaltung. Da ging sich sonst kaum was aus. Aber es hat sich gelohnt. Die Masterclass (eine Mischung aus Auftritt und Gesprächsrunde) fand im Triveni Kala Sangam statt, einem der bekanntesten Veranstaltungsorte der Stadt. Es gab einen Skulpturengarten, mehrere Galerien, ein wirklich angenehmes Café (sie hatten sogar eine Espressomaschine dort!), eine Garten-Lounge (wo dann die Gespräche, das Teetrinken und Samosaessen stattfand) und ein Amphitheater. Ja, große Bühne, ja, große Aufregung - nein, keine deutschsprachigen Menschen im Publikum. Ja, schon Publikum - nein, einfach war es nicht, aber ich hab das gut durchgezogen. Kann jetzt zufriedener Dinge Richtung Süden aufbrechen (wenn ich dann Flug und Hotel irgendwo gebucht haben werde).
Kaum dachte ich, die indischen Eichhörnchenschweife wären lichter, dünner, zerrupfter - schon wurde ich eines besseren belehrt und ein Buschelschwanz erster Güte paradierte über das Grün im Nehru-Park, in dem keine Affenbanden ihr Unwesen treiben, aber unzählige Eichhörnchen herumtollen und sichtlich ihren Spaß haben. Es ist ein außergewöhnlicher Park - auf vielen Ebenen. Eben noch mehrspurige Verkehrshölle und Schwupp: Baum, Busch, Grün. Vogelgezwitscher im Vorder- Motorenlärm im Hintergrund. Wasserrauschen von Springbrunnen, kaum Menschen, kein Konsumzwang, einladende Sitzbänke, eine Tartanbahn die zum Slalomlaufen einlädt, weil die weißen Vogelschissflecken eine klare Sprache sprechen. Eine Lenin-Statue, die neulich von den ungarischen Kolleg*innen besungen wurde, als wir nach der Long Night of Literatures Neu Delhi im Haitat Centre (in dem gleichzeitig der WTS Congress stattfand, das Treffen der World Toilette Organization - was braucht es mehr als Literatur und Toiletten?), als wir also nach der Langen Literaturnacht am Nehru-Park und der dortigen Lenin-Statue vorbei fuhren, sangen die drei Ungar*innen mir Unverständliches. Ich versuchte mich erneut im Schmähführen und sagte: Hab ich aufgenommen und schon auf facebook gestellt. No, no, please don't. Just kidding. Jaja, das Humorproblem hab ich natürlich auch mit den ungarischen Nachbarn. Hätte dann doch ganz gerne verstanden, welche Hymne sie da sangen. Wollte den Diplomaten, der mir seine Karte zusteckte, ein "Ganz schön frech" einsteckte, aber kein Bargeld dabei hatte, weil hier niemand Bargeld hat, sondern alle mit QR-Code zahlen (auch den Tee an der Straßenecke), der mir aber versprach, mir zur Masterclass ein Bier als Tauschgeschenk zu bringen, den also wollte ich eh fragen, was sie da sangen. Aber er tauchte nicht auf gestern. Also nichts mit Buch für Bier, nur Buch für ihn. Gut, dass ich mich vormittags schon selbstversorgte.
Normales Bier ist hier "light beer", normaler Kaffee ist mit Milch. Normal ist hier Auto- und Tuk-Tuk-fahren, zu Fuß gehen nur Touristen wie ich. Dass es einen hauch anrüchig ist, etwas Verbotens hat, Alkohol zu besorgen, ist eigentlich rührend. Circa 30 Millionen Menschen leben hier, ich glaube nicht, dass die nur Teetrinken (mit Milch und Zucker). Beim Essen neulich gab es offiziell kein Bier, aber nachdem ich danach gefragt hatte, zog der Zuständige eines unter dem aufgetürmten Gemüse heraus und kredenzte es mir stolz.
Als sich mein ukrainischer Kollege neulich irgndwo im Zentrum, in einem der Kreise rund um den Connaught Place mit einem alten Mann unterhielt und schlagartig kehrt machte, und sich mit ihm vom Straßenacker machte und weg, nicht mehr sichtbar war, hat mein Horrorgeschichtengenerator natürlich sofort auf Hochtouren gearbeitet. Ich sah meinen ukrainischen Freund schon auf einem Operationstisch liegen, sah, wie seine Bauchdecke mit einer Stichsäge geöffnet und sich an den Innereinen bedient wurde. Die ersten paar Male als er "goods" sagte, verstand ich nämlich immer "guts".
Eigentlich aber wusste ich, dass das Lockmittel, meinen spaßigen Kollegen vom Weg abzubringen, schlicht Bier war: "strong beer" - Druk (wie Druck im Sinne von Buchdruck, er ist auch Verleger und Druck wie Pressure, er hat einen gewissen Drang zu Bier, mehr noch als ich). Die Alkohol-Angabe auf der Dose faszinierte mich: Less than 8 % Alcohol. Das kann auch 0 % sein! War es dann aber nicht. Wir tranken es zum Abschied. Wir haben uns gut verstanden. Wir werden gemeinsam ein Schreibprojekt anleiern. Es wird dabei nicht um Bier gehen, vielleicht aber um Leberkäse, als dessen Freund er sich deklarierte. Wir werden Leberkäse als formale Vorgabe ins Auge fassen und ordentlich Ingridenzien von seiner und meiner Seite reinmischen und das Ganze dann scheibchenweise präsentieren.
Zwei Dinge allerdings gingen sich schon aus vor dem finalen Auftritt. Bin in den Nehru-Park gegangen und war überrascht, was das für eine Insel der Ruhe ist. Hab dort Baum- und Eichhörnchen-Studien betrieben. Bin auch in den Yashwant-Shopping-Complex gegangen und habe dort Vorkehrungen für den Abend getroffen.
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| Mikroständer, Buch, Box und groooße Bühne - Juhui! |
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| Zum Lotus-Tempel später |
Normales Bier ist hier "light beer", normaler Kaffee ist mit Milch. Normal ist hier Auto- und Tuk-Tuk-fahren, zu Fuß gehen nur Touristen wie ich. Dass es einen hauch anrüchig ist, etwas Verbotens hat, Alkohol zu besorgen, ist eigentlich rührend. Circa 30 Millionen Menschen leben hier, ich glaube nicht, dass die nur Teetrinken (mit Milch und Zucker). Beim Essen neulich gab es offiziell kein Bier, aber nachdem ich danach gefragt hatte, zog der Zuständige eines unter dem aufgetürmten Gemüse heraus und kredenzte es mir stolz.
Als sich mein ukrainischer Kollege neulich irgndwo im Zentrum, in einem der Kreise rund um den Connaught Place mit einem alten Mann unterhielt und schlagartig kehrt machte, und sich mit ihm vom Straßenacker machte und weg, nicht mehr sichtbar war, hat mein Horrorgeschichtengenerator natürlich sofort auf Hochtouren gearbeitet. Ich sah meinen ukrainischen Freund schon auf einem Operationstisch liegen, sah, wie seine Bauchdecke mit einer Stichsäge geöffnet und sich an den Innereinen bedient wurde. Die ersten paar Male als er "goods" sagte, verstand ich nämlich immer "guts".
Eigentlich aber wusste ich, dass das Lockmittel, meinen spaßigen Kollegen vom Weg abzubringen, schlicht Bier war: "strong beer" - Druk (wie Druck im Sinne von Buchdruck, er ist auch Verleger und Druck wie Pressure, er hat einen gewissen Drang zu Bier, mehr noch als ich). Die Alkohol-Angabe auf der Dose faszinierte mich: Less than 8 % Alcohol. Das kann auch 0 % sein! War es dann aber nicht. Wir tranken es zum Abschied. Wir haben uns gut verstanden. Wir werden gemeinsam ein Schreibprojekt anleiern. Es wird dabei nicht um Bier gehen, vielleicht aber um Leberkäse, als dessen Freund er sich deklarierte. Wir werden Leberkäse als formale Vorgabe ins Auge fassen und ordentlich Ingridenzien von seiner und meiner Seite reinmischen und das Ganze dann scheibchenweise präsentieren.
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