Christian Uezt legt mit „Nur Du, und nur Ich“ zwar sein Romandebüt (Secession 2011) vor, ein Szeneneuling ist der philosophiedurchdrungene Schweizer Performancepoet allerdings beileibe nicht, im Gegenteil, seine Auftritte sind geradezu legendär. Uetz ist ein Vorreiter der „Spoken Poetry“ im deutschsprachigen Raum, hat Gedichtbände u. a. bei Suhrkamp und Droschl veröffentlicht und erzählt nun eine Liebesgeschichte. Ja, eine Liebesgeschichte. Sie hält die Nähe nicht aus und macht es ihm schwierig. Er wäre bedingungslos bereit sich hin zu geben, er ist auch bereit, danach zu schürfen, wieso sie ihm die körperliche Vereinigung verweigert und ergibt sich gerne in geradezu manischen Selbstreflexionen. Sie flieht vor der Nähe, er fleht danach. Für ihn ist die Liebe in allen Ausprägungen das absolut Höchste und deshalb ergibt er sich auch in religiösen Anrufungen von mitunter geradezu grotesker Art. Aber es ist ihm ernst. Er ist sexbesessen, sie macht sich nichts aus dem Geficke.
„Dass die Liebe pathologisch ist, ist ihr größtes Geschenk.“ (S. 86)
Es ist dieser wonnevolle Clash von Bibelduktus und dem unverblümten Beziehungstalk zweiter überreifer, superaufgeklärter Städter. Es ist dieser Mix aus erhöht-antiquierter und schlicht alltagssprachlicher Ausdrucksweise, durch den das Ganze eine einzigartige, gegenwärtige Ur-Wucht erhält: „Erhöh mich hinüber.“
In „Nur Du, und nur Ich“ geht es um die Höhen und Tiefen der Liebe und des Leidens, um Sehnsucht, Wolllust, Verzweiflung und die sprachliche Umsetzung dieser Urgefühle. Christian Uetz findet dafür eine Sprache, die keine Gratwanderung, sondern ein Besteigen des Liebesgipfels von allen Seiten und mit allen Mitteln ist. Da wird aus allen Registern gezogen, ist nichts per se zu hoch oder zu tief. Die beschreibenden Szenen der schwierigen Beziehung wechseln sich mit dem Innenleben des Erzählers bzw. mit den Sprachversuchungen und -verwirrungen die der Liebesrausch im Erzähler auslöst. Dass diese Obsessionen nicht alle immer treffen können, ist dabei nur natürlich, Leidenschaften sind eine höchst individuelle Sache. Wie es Uetz allerdings gelingt, die Besessenheit seines Helden darzustellen, ist bemerkenswert und in dieser Realisierung wohl einzigartig.
„Nur Du, und nur Ich“ ist ein Text der einen, wenn man gewillt ist, sich darauf ein zu lassen, hin und her beuteln und ergreifen wird. Ein Text der einerseits das Höchste will aber andererseits auch vom Banalen genährt ist, sich nichts Menschlichem verschließt und durch diese Hoch-und-Tiefschaufahrt mitunter auch eine ganz eigene Komik entwickelt „Und Liebe ist genau das lachende Leiden.“In Summe ein Text über die Liebe, der verinnerlicht, gespürt und gehört gehört. Und wenn man ihn erst gehört hat, dann bleiben ohnehin keine Fragen mehr offen.