Die Nacht vor TAG
4 ist kurz. Der „Afrosiyob“ will erreicht werden. Der
georderte Taxler will glatte 10.000, kriegt 7.000, im Zug (Talgo)
gibt es ein Frühstück, wir holen zwei Stunden Schlaf nach, sehen
(auch nebelbedingt) nichts, kommen pünktlich in Samerkand an und
dort wartet er schon, der nächste Dekan.
Samarkand macht
einen größeren Eindruck. Jedenfalls ist der Bahnhof ziemlich
außerhalb. Ein Zentrum gibt es in Samerkand nicht wirklich. Es gibt
die Altstadt, den sowjetischen Teil und die Touristenattraktionen.
Wären die nicht, wär's trist. Aber zugegeben, es sind viele. Wir
wohnen in der Altstadt: B&B Hotel Antica. Eine klamme Kammer aber
nett. Abends fällt der Strom aus. Es kann aber auf gespeicherte
Solarenergie umgeschaltet werden. Irgendwann n der Nacht geht das
Licht dann wieder an. Das kommt regelmäßig vor hier. 3.500
Kilometer sind es übrigens von Tashkent bis Istanbul. Von Tashkent
bis Samerkand sind es zwei Stunden mit dem schnellen Talgo und
dreieinhalb Stunden mit dem normalen Zug.
Das Frühstück im
Hotel Antica ist toll. Kürbisblinis, Omeletten, Maulbeer- und
Feigenmarmelade und diese Weizenkeimschmiere deren Namen ich mir
nicht gemerkt habe. Wir ziehen sogar unsere Schuhe aus und schlüpfen
in bereitstehende Puschen, was bei dem Zustand der Altstadtstraßen
(Schlammpiste mit Buckeln, Löchern und Abwassergräben) auch Sinn
macht. Die Vermieterin spricht perfekt deutsch, erzählt vom Elend
aber auch, wie schön es im Sommer ist und dass Matthias Politicky da
war und ein Buch geschrieben hat, das bald herauskommen wird.
Samerkand, Samerkand soll es hießen – altherrenoriginell. Momentan
ist natürlich Nebensaison. Aber man kann sich ganz gut vorstellen,
wie hier Touristengruppen durchgepeitscht werden und Reiseleiter ist
ein beliebter Studi-Job. Wir haben uns das anders vorgestellt, als es
hieß, Studierende würden uns die Stadt zeigen. Murat ist ein Tartar
und Vollblut-Guide. Er textet uns zu, lässt uns Eintritte zahlen und
am Basar ist er ebensowenig auf unserer Seite, wie beim Taxipreis
verhandeln. Das ist ungut. Ich schalte auf Grummelmodus, will nicht
geneppt werden und drücke das mit jeder Faser aus. Meine Frau und
Reisepartnerin geht ganz gut damit um. Schließlich essen wir Salat
und Brot auf der Veranda und zahlten dafür mehr als für ein
normales Mittagsmenü.
Samerkand liegt auf
750 Höhenmetern und wird an drei Seiten von Bergen gesäumt. Das
macht was her. Drei Seiten sind auch am Registan Platz gesäumt und
zwar von Medresen (das sind vereinfacht gesagt Schulen samt
Wohnzellen). Toll verziert, verspielte Svastikaornamente und der
Tiger, der auch vom 200 Sum Schein lacht. Daneben dann eine
megaprotzige Moschee mit der größten Kuppel Mittelasiens im
Mittelalter. In fünf Jahren gebaut, das war zu schnell,
Husch-Pfusch-Zusammenrumpel folgte und wieder gleich daneben ein
Basar. Die Nekropole haben wir nur von der Ferne gesehen aber ehrlich
gesagt interessieren uns die Sowjetbauten eh mehr. Und davon gibt es
in Tashkent mehr als in Samerkand.
Die Lesung ist dann
wohl einer der skurrilsten Auftritte ever. Vor allem, weil anfangs
nur alte Männer in der Runde sind und sich ein paar Studis erst
später dazu gesellen. Alter Mann: „Erzählen Sie uns was über
Österreichische Literatur!“ Ich: „Dafür bin ich nicht hier.“
Alter Mann: „Sie sind sicherlich talentiert. Singen Sie ein Lied!“
Meine Frau, Reisepartnerin und Mieze Medusa rappt, so geht die Zeit auch um und dann unterhalten wir uns mit einem Albino Usbeken bei Meinl Kaffee über Bichsel, Borchert und unerschwingliche Bücher. Der Albino Usbeke und Deutschlehrer ist nett. Wir fühlen uns ihm schlagartig so verbunden, dass wir ihn fast darauf hinweisen, dass seit Anbeginn unserer Unterhaltung ein Popelchen aus seiner Nase lugt, das sich an sich schon von der Naseninnenwand getrennt aber eben in den feinen Nasenhärchen verfangen hatte uns so bei all seinen Bewegungen mit wippt. Der wird beschenkt mit Sprechknoten. Danach ist es höchst Zeit für Fleisch. In Schaschlikform hatten wir uns dieses ja bisher noch nicht einverleibt.
Meine Frau, Reisepartnerin und Mieze Medusa rappt, so geht die Zeit auch um und dann unterhalten wir uns mit einem Albino Usbeken bei Meinl Kaffee über Bichsel, Borchert und unerschwingliche Bücher. Der Albino Usbeke und Deutschlehrer ist nett. Wir fühlen uns ihm schlagartig so verbunden, dass wir ihn fast darauf hinweisen, dass seit Anbeginn unserer Unterhaltung ein Popelchen aus seiner Nase lugt, das sich an sich schon von der Naseninnenwand getrennt aber eben in den feinen Nasenhärchen verfangen hatte uns so bei all seinen Bewegungen mit wippt. Der wird beschenkt mit Sprechknoten. Danach ist es höchst Zeit für Fleisch. In Schaschlikform hatten wir uns dieses ja bisher noch nicht einverleibt.
Also Leber-,
Hühner-, Rinder- und Mix-Spieß mit reichlich Salat und hinterher
den ersten Vodka (und das am vierten Tag!). Dass Tags drauf derer noch
viele folgen sollten, können wir zu dieser Stunde noch nicht wissen.
Wir gehen früh schlafen, um früh frühstücken und dann nochmal
Richtung Basar laufen zu können. Dass die Taxifahrer uns eine
lautmalerische Performance abverlangen, um auf die Idee zu kommen,
dass wir zum Bahnhof wollen, ist eigentlich sehr unterhaltsam. Wir
bezahlen außerdem weniger als unter Murats Schirmherrschaft. Nein,
der feiste Murat bleibt auch in der Erinnerung ein Grummelgrund.