Dienstag, 21. Juni 2016

Lobende Erwähnungen am laufenden Band

Hochhäuser am People's Square mit Panoramalift
Schwül, fast 80 % Luftfeuchtigkeit, Blickweite: mäßig. Den Shanghai-Tower (630 m) sollten wir ur an zwei von acht Tagen zur Gänze sehen. Ich kann nichts lesen, erkenne eine Apotheke, ein Wort in mir entzifferbarer (entbuchstabbarer?) Schrift - VIAGRA. Aha. Sitze im Taxi, vorne. Der Fahrer neben mir ist durch eine Plexiglaskuppel von mir abgetrennt (von mir abgesichert?). Schaut irgendwie lustig aus, wie ein Überrollkäfig in Rallye-Autos. Paperlapapp, was weiß ich denn, wie Überrollkäfige ausschauen. Die sind sicher stabiler. Diese Scheiben schützen vor Übergriffen von Fahrgästen. Ich will nicht übergreifen, ich will nur mehr begreifen, was ich da so seh und nicht lesen kann. Wobei. Straßen sind vorbildlich zweisprachig angeschrieben. Danke dafür. Sonst irrten wir wohl noch immer irgendwo in den Weiten Shanghais umher.

Wir lernen mit knurrendem Magen. Mittags essen gehen macht man zwischen 12 und 2. Es gibt natürlich genügend Möglichkeiten, auf der Straße diverse Köstlichkeiten mit hohem Überraschungsfaktor einzuwerfen, aber essen in einem Restaurant mit Sitzen, Bedienung und so: 12 bis 2. Gut, wir werden uns daran halten.
Auch ganz schön hoch und alt (Old town)
Nicht unser aber ein tolles Hotel mit Brücke
"Wir gratulieren zur lobenden Erwähnung" stand übrigens auf den Urkunden, die beim Lyrik-Wettbewerb an jene verteilt wurden, die zwar nichts gewonnen hatten, aber eben lobend erwähnt wurden. Wir bekamen dadurch Einblick in die chinesische Namenswelt (also die englischen Zweitnamen, die sie sich geben). Zum Beispiel: Hu Huihui oder Dong-Dong. Eines von beiden heißt Winter, wenn ich mich nicht irre. Aber irren kann ich mich hier am besten. Mein Name allerdings dürfte hier nicht ganz unbekannt sein. Denn die erste große Reklametafel die mir begegnet überrascht mich mit "Kohler". Was Kohler kann sollte ich bald erfahren.
In der Hotelempfangshalle ein Klimtgemälde (natürlich der Kuss). Vom Hotel wegführend eine Straße mit unzähligen Klavier-, Geigen- und Blasinstrumentengeschäften. Bösendorfer, Schimmel & Hofpianowerkstatt Schwerin in Shanghai. Man scheint es uns möglichst heimelig machen zu wollen. Oh, alle anderen Instrumente, und viele, die ich nicht zu benennen weiß, gibt es hier auch. Riesenzittern, Gongpauken, Wummstrommeln. Es ist warm, schwül, drückend. Noch immer, die nächsten sechs Tage. Am siebten sollte es Regen geben. Wir schwitzen, sind zum permanenten Augenzukneifen gezwungen. Wir sind geblendet, überwältigt und leicht niedergebügelt.

Dienstag, 14. Juni 2016

1. Poetry Slam in Shanghai

Blick aus dem Hotelzimmerfenster im 21. Stock
Blick aus dem Austia Center in der Fudan Uni
Das freilich habe ich mir einfacher vorgestellt. Shanghai ist eine Weltstadt, da gibt's überall WIFI, da bloggst du von vorderster Front und stellst täglich einen Shanghai Text mit entsprechenden Fotos online. Ha! Hast du dich aber gehörig vertan.
Freilich Weltstadt - und wie. Aber China ist halt auch groß genug, um eine eigene Netzwelt zu sein und Blogger, Google, Facebook einfach auszusperren. Da schaute ich dann blöd mit meinem googlebasierenden Smartphone. Freilich hätte es Möglichkeiten gegeben, da hätte mich allerdings vorher vorbereiten müssen. Hatte ich nicht. Aber mein Notizbuch begleitete mich und leistet mir vorzügliche Dienste. Shanghai also.
Offiziell 25 Millionen, inoffiziell ganze 30. Schon mal unvorstellbar. Einen ersten Eindruck kriegt man durch die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum.
Ein Hochhausmeer, das sich zunehmend verdichtet. Wir flogen knappe 10 Stunden, 8 Stunden Zeitunterschied packten wir noch drauf und dementsprechend tramhappert erlebten wir diese Fahrt durch Hochhausschluchten umd dann vor einem solchen zu halten.
Diesiger Blick auf die famose Pudong-Skyline
Tunnelblick unter dem Huangpu

Das Hotel New Harbour in der Yongshou Road hatte auch flotte 30 Stockwerke und wir waren im 21. Stock untergebracht. Hui. Was für ein Blick auf die Stadt. Was für eine Lage. In Fußgehdistanz von den attraktiven Vierteln Bund, Old Town und gleich ums Eck vom Peoples Square.
Eine Glückstrefferbuchung aus der Ferne. Schon mal ein guter Start. Um 8 Uhr morgens kamen wir an, um 17 Uhr 30 war die Veranstaltung, die uns nach Shanghai ins Austria Center brachte, angesetzt. Ein Rausch, eine Freude, ein Flow.
Die Fudan Universität ist eine von 2800 Unis in China und zwar laut offiziellem Ranking die drittbeste. Sie liegt etwas außerhalb. Wir präsentieren die SiegerInnen-Texte eines Lyrik-Wettbewerbs, wir präsentieren eigene Texte und wir moderieren den ersten Poetry Slam in Shanghai.
Es gibt Wein aus der Wachau, Bier aus China und Häppchen aus der Plastikfolie. Es kommen ein paar mutige Studierende und nahezu die gesamte deutschsprachige Comunity Shanghais. Es kommen Wein-, Bier- und Lyrikfreundinnen und -freunde.
Es wird ein sehr, sehr schöner, langer Abend im besten Sinne der Dichtung.