Sonntag, 12. Juli 2020

Kein Regentanz - keine Wortfestspiele

Und von einem städtebaulichen Highlight zum nächsten, von Döbling nach Liesing, von Heiligenstadt in die Satellitenstadt, vom Karl-Marx-Hof auf die Zirkuswiese, von Karl Ehns (1930) zu Harry Glücks (1976) Meisterwerk, von 36 Grad im Schatten zu 100 Prozent Regenwahrscheinlichkeit und 20 Grad weniger. Das Regenradar macht uns keine falschen Hoffnungen. Da wird heut nichts zu machen sein. Da wird heut kein Mensch freiwillig kommen. Da muss man sich nicht gegenseitig Texte vorlesen.
Da kann man auch einfach Wetterschicht machen. Fabian Navarro und Mieze Medusa checken die Wettervorhersagen, Yasmin Hafedh überzeugt sich direkt, Markus Köhle dokumentiert und alle fahren gemeinsam mit der U6 wieder heim. War ein schöner Sommerregenspaziergang.

Marx und Kalksburg

Und von der U1-Endstation Oberlaa zur U4-Endstation Heiligenstadt; von der Therme in den Gemeindebau; vom Kurpark in den 12. Februar Park. Es gibt Baumschatten und einen Billa gegenüber. Es gibt Menschen mit Kühltaschen und erstaunlicher Auswahl an Getränken. Es wird aus Marmeladegläsern Campari getütert, es werden die Musiker auf der Bühne mit kühlen Getränken versorgt, die nicht Wasser sind. Das Trio Albtrieb Trio bedankt sich dafür mit CDs. Die Pause zwischen den Konzerten vergeht schnell. Kollegium Kalksburg spielt "Auf Bewährung" und lässt Kamm, Kontragitarre und Akkordeon klingen. Das Wienerlied erfährt erfreuliche Auffrischung. So schön kann Sudern sein. Ein perfekter Platz, eine sehr angenehme Größe, eine Bühne, die Laufpublikum anzieht. Mal schauen, wie lange es die Anrainer gut finden. Ich fand's leiwand.

Slam dreht auf in Oberlaa

Andere mögen thermieren, wir slamisieren.
Andere mögen in der Kurkonditorei schlemmen, wir slammen auf der großen Bühne im Kurpark.
Andere mögen auf der Donauinsel bei der anderen großen Bühne und Lylit sein, wir sind beim Textstrom-Poetry-Slam-Special mit Mieze Medusa als Gastgeberin und den großartigen Poet_innen: Sara-Anna Fernbach, Anna Hader, Elif Duygu, Janea Hansen, Henrik Szanto und Andreas Plammer.
Schon die Anreise ist ein Abenteuer, selten über den Reumanplatz hinaus gekommen.
Es ist der erste Tag, es ist alles noch im Testmodus, aber es ist auch schon alles höchst professionell und vor allem coronaauflagensicher. Es ist Platz für alle, es ist sogar so viel Platz, dass man problemlos jubeln kann, denn so viele Aerosole kann man gar nicht aufwirbeln (hoffen wir).  Sonja ist das erste Publikum (DANKE!)
Es gibt eigene Parzellen-Zuweiser_innen, eigene Liegestuhlaufsteller_innen, es gibt eine Gastro mit großer Käseaffinität: Käsekrainer, Käsespätzle, Käsleberkäs; es gibt aber auch Getränke aller Art und viele durstige Gelsen, die beeindruckende Dippel auf Unterschenkeln zu hinterlassen im Stande sind.
Aber Poesie ist heilsamer als Fenistil, das heißt, während des Textstroms juckt nichts, das Jucken ist nachhaltiger und erinnert noch tagelang an diesen Poetry Slam im Rahmen von Wien dreht auf, dem Eröffnungtag vom Wiener Kultursommer 2020 am Donnerstag, den 9. Juli 2020.