Dienstag, 2. Dezember 2025

Strandschauspiele

Bei Sonnenuntergang schau ich den Fischern zu, wie sie die Boote durch den Sand Richtung mehr schieben und wie lange es dauert, bis sich gewassert sind und wie viele es dazu braucht. Am Morgen schau ich den Fischern zu, wie sie Qullen und anderes Zeugs aussortieren, auf einen Haufen schmeißen und wo die Quallen dann austrocknen, von Vögeln geholt werden, vom Meer? Der Strand ist gespickt mit kleinen Muscheln (hier auffallend viele in Füllhornform) in allen Brauntönen, weiß bis lila. Nachmittags wuseln unsichtbare Tierchen über den Sand, zeichnen Muster in diesen und verschwinden, bevor man sie je sehen könnte, in Löcher, die am nächsten Morgen wieder weg, vom Meer zugedeckt sind. Die Gezeiten sind mächtig, was da alles an Naturkraft im Gang ist, lässt mich staunen und schauen, schauen, schauen. 

Gestern hatte ich eine Art Trickfilm-Erlebnis am Strand. Da, wo das Wasser gerade noch hinreichte, beobachtete ich einen Zentimeter große Krabben beim Balgen, wie ich zuerst meinte. Bis eine der anderen einen ihrer Scherenarme abzwickte und die Verstümmelte dann eilig das Weite suchte. Es gab auch Zuschauerinnen - also ging es sicher um Rang- und Fortpflanzungsordnung. Aber es sah so süß aus, so im Trickfilm-Fast-Forward-Modus. Dann spülte das Meer mir zig Seesterne vor die Füße und ich traute mich sogar, einen aussichtslos gestrandeten ins Meer zurückzuwerfen. Die Unterseite war spürbar eine Art Muskel, der noch intakt war, kurz war ich besorgt, ob Seesterne vielleicht Superkräfte haben, die sie gegen mich verwenden könnten, mir ist aber nichts geschehen und der Seestern dürfte es auch überlebt haben. Ach, was sich da alles tut zwischen Ebbe und Flut. Wie flink sich die Krabben in den Sand eingraben, sie twerken sich da gewissermaßen Hintern voran rein und weg sind sie. Gezwickt, sanft, haben mich auch ein paar. Dann hat ein vorbeifliegender Raubvogel seine Beute verloren und ganz irritiert dem Abgefallenen nachgeschaut. Bin unkonzentriert heute, wird er sich gedacht haben. Muss aufpassen, Fehler kann ich mir nicht leisten. Eine Schlange, die lange und dich genug gewesen wäre, ovr ihr Angst zu haben, schön gemustert war sie aber auch, lag am Strand und ich hätte es nicht gewagt, ihr näher zu treten, hätte ihr nicht sichtlich ein Fressfeind den Kopf abgerissen. 
Ja, viel Überlebenskampf hier am Strand. Fühlte mich wie in eine Universum-Folge "Strandleben am Indischen Ozean" hineinversetzt. Mehr davon bitte! Ebbe und Flut verschieben sich übrigens täglich bis zu mehreren Stunden. Heute war zum Beispiel um 7 Maximalstand und wird der Strand gegen

14 Uhr am weitesten sein. 

Mit nicht weniger Erstaunen schaue ich zum Beispiel aber auch auf den Bus, der im Rückfenster in der Mitte ein Neonröhren-Kreuz mit Dornenkronenhaupt dahinter und links und rechts Neonröhren-Kerzen hat, alles natürlich festlich beleuchtet. Fühlt man sich in diesem Bus wohl? An dein Seitenfenster auch noch ein paar Kreuze und anderes Katholenzeugs. Nein, das ist kein Leichenwagen sondern ein Linienbus in Goa. Eh sind die Busse lebensgefährlich unterwegs, aber die farbenfrohen Hindu-Busse in Kolkata waren mir lieber als die Katholen-Busse in Goa. Auch sind gelb-orange Blumenketten schmucker als Rosenkränze, die die Rosen ja nur im Namen haben, aber aus schnöden Holzperlen bestehen.

Das Skylark hat neue, indische Gäste bekommen. Links und rechts von mir. Sie sitzen im Kleidung am Pool, gehen nicht rein, haben dafür aber Laptopkonferenzen. Die Inder und Inderinnen am Meer gehen auch eher mit Kleidern ins Wasser. Trocknet eh schnell, klar. Auch die Kuhscheiße trocknet quasi im Handumdrehen und ist dann leicht einzusammeln - was definitiv wer macht. Denn gesehen hab ich noch kaum welche. Es riecht je nach Tageszeit entweder verbrannt, nach Fisch oder eben nach nichts Besonderem. Die Stechmücken sind es offenbar nicht gewöhnt, gejagt und erschlagen zu werden. Nachdem ich jetzt ein paar Nächte ihr Opfer war, hab ich heute mal das Handtuch geschwungen, da haben sie blöd geschaut, bevor sie auf der Wand klebten.  

Dass ich alles immer "plain" will, irritiert. Zucker zieh ich mir aus Bier, kann ich schlecht antworten. Hab ich jetzt aber - wo das Angebot da wäre - auch nicht wirklich gemacht. Ein Natur-, Wellness-, Kulinarik- und Schreibaufenthalt also.