Freitag, 28. September 2012
If you see something, say something
Hinweisschilder sind ja schon in Österreich exotischer als einem lieb sein kann. Man denke nur an "Bitte sich festzuhalten" oder "Das Überqueren der Gleise ist lebensgefährlich und deshalb verboten". Die Schilder hier eröffnen aber wieder ganz neue Dimensionen.
"Emploees must wash hands" sieht man natürlich gerne auf Restaurant-Restrooms. Das beruhigt.
Ob die "Stand pipe siamese" oder die Doppellöscheinspeisung eleganter ist, sei dahin gestellt.
"Alive and well donation 1 $" überrascht einen dann doch etwas. Aber gut, man befindet sich ja in einer Kirche und nicht etwa beim Zahnarzt.
"United sleep diagnostic" befindet sich direkt neben dem "Imagine smile design" ein "Signature smile design" Schild hab ich später auch noch entdeckt. "Unterschriftenunterzeichnungslächelnhersteller" das wär doch mal was, zumindest für den Wortvertreter.
Das Foto ist übrigens unweit der Wallstreet entstanden. Also mitten im Financial District. Da gab es Weißbier-Sonnenschirme und eben Bierbänke. Prost!
Dienstag, 25. September 2012
Herzschrittmacher
Gedichte düfen alles, sie dürfen einen nur nicht kalt lassen. Rock 'n' Roll des Herzens von Josef K. Uhl und 111 Gedichte also, quasi 111 beats per book. Rock 'n' Roll ist ja an sich eher eine Lendensache, dieser R'n'R, diese Gedichte sind aber wohl anders. Das ist gut, denn jedes Herz schlägt und jedes Hirn tickt anders.
Leider hat dieses lyrische Herz allerdings immer wieder arge Aussetzer. Oft ist dieses Buch dem Herzinfarkt nahe (die Grade eines Buchinfarkts reichen von "Weglegen" - relativ normal, kommt bei den besten Büchern vor - bis zum "Wegschmeißen" - eher selten. Aber immer kurz vor dem Riss des Lesergeduldfadens macht dieses Herz dann doch wieder "pieps". Unter den ersten 59 Gedichten haben "Gute Nacht" und "Naturtrüb" diesen positiven Pieps. Dazwischen möchte man den Inhaber dieses Herzens wahlweise ohrfeigen, bemitleiden oder in die "Schäm dich Ecke" zitieren.
Da wimmert die Lust erbärmlich, da knirscht's morsch im lyrischen Gebälk und wenn gereimt wird, hängt es einem Hirn und Hüften gleichzeitig aus. Das tut weh. Vertwistet sagt man dazu wohl in R'n'R Kreisen. Aber was soll's. Manchen Dichter_innen reichte ein gutes Gedicht, um sich ein Leben lang nicht verkannt und missverstanden zu fühlen. Und ja, auch in diesem Haufen Herzscheiße stößt man auf Gold, Geduld vorausgesetzt.
Samstag, 22. September 2012
Freitag, 21. September 2012
Im großen Apfel
Hier brennt Hanno am Times Square. Unsere Fußsohlen brennen auch, aber die Waldviertler tun ihr bestes dagegen. NY is a walking city. Ja, eh. NY ist aber auch eine Literatur-Metropole. Drei Tage da (fast immer wach) und schon eine Salman Rushdie Lesung mit Diskussion besucht, beim Nuyorcian Poetry Slam 28,4 (10. 9,9. 8,5) Punkte eingeheimst und gestern T. C. Boyle gesehen, gehört und auch mit ihm gesprochen! (Foto folgt).
Abschließend ein praktischer Bierbestellungstipp: Wenn man zwei (nicht drei!) Bier bestellen will, unbedingt Zeige- und Mittelfinger verwenden, meinetwegen auch Mittel- und Ringfinger aber keinesfalls Zeigefinger und Daumen. Denn das - so ließ mich der Barmann wissen - "...is a gun! I've never seen that man!"
Mehr Heiteres über kulturelle Missverständnisse bald hier.
Abschließend ein praktischer Bierbestellungstipp: Wenn man zwei (nicht drei!) Bier bestellen will, unbedingt Zeige- und Mittelfinger verwenden, meinetwegen auch Mittel- und Ringfinger aber keinesfalls Zeigefinger und Daumen. Denn das - so ließ mich der Barmann wissen - "...is a gun! I've never seen that man!"
Mehr Heiteres über kulturelle Missverständnisse bald hier.
Mittwoch, 12. September 2012
Zeitweilige Zerwürfnisse
Du
legst dich gerne quer, du legst dich gerne an
Du
läufst nicht gegen Mauern, du lockerst Steine und machst was Neues
draus
Zu
groß ist dir dabei nichts, ohne einen Grundstein kein
Forwärtskommen, sagst du
Du
willst die Weltordnung durcheinander bringen und ein neues Weltbild
malen
Welt: du blauer Planet, du vollgesoffene Kugel, du unterbelichteter Globus, sagst du
Welt: du blauer Planet, du vollgesoffene Kugel, du unterbelichteter Globus, sagst du
Welt:
dein eingedepschter Schädel, deine Schräglage, dein gemächliches
Eiern um die eigene Achse du bis überbewertet, sagst du
Du hast keine Angst vor großen Worten, Inhalten, Bedeutungen
Du hast keine Angst vor großen Worten, Inhalten, Bedeutungen
Ach,
Inhalte!, sagst du. Ach, Bedeutungen!, sagst du und ach, Worte!
Worte
schießen nicht! Worte schließen vielmehr eine Lücke, lassen
Stilblüten sprießen und wuchern mitunter.
Beispiele?
Gerne: Da hätten wir beispielsweise die Allüren. Ja, über Allüren
ließe sich trefflich was schreiben. ALLÜREN
Kaum
Wörter die ähnlich klingen: Alü-Alü-Allürütuldjo
Alü-Alü-Salü
Allüren: Abführen
Allüren
erweisen sich nicht als ergiebig. Allüren geben nichts her. Allüren
fordern ein, setzen voraus. Nachsatz: Allüren öffnen Türen NICHT!
Allüren hat man wie Krankheiten. Aber gegen Allüren ist ein Kraut
gewachsen. Es gedeiht am harten Boden der Realität, es heißt:
Konfrontation und treibt Blüten der Ernüchterung
Ernüchterung
ist auch so ein Wort.
Er-nüchter-ung!
Hat was von Er-höre-uns!
Alü-Alü-Allüren-Ernüchterung
erhöre uns, mich im Speziellen. Lass mich nicht abgehoben sein, erde
mich, pflanz mich in den Lustgarten der Wortwucherungen, setz mich
ein neben den Sprachzeitlosen und lass mich sprießen, lass mich
heranwachsen zu einem veritablen Satzgewächs, einem um sich
greifenden Textgeflecht das irgendwann dann wen erreicht, erfreut,
erquickt. Lass mich einen überraschenden Schluss dieses Fragments
finden:
Sorry
Mann, hast du mal eben Allüren für mich?
Nein,
tut Leid, ich allüre nicht.
Montag, 10. September 2012
Sprachfreiraum
Hier brennt Hanno auf einem Traktor,
der bei der 14. Aicher Trophy dabei war. Ich war derweil auf der Hans
Wödl Hütte und beschäftigte mich mit einem Kaspressknödel. Im
Zuge des Verdauprozesses stieß mir Folgendes auf:
Es waren jetzt ja zehn Tage lang die
Paralympics im Gang und vom Gang kommt man gleich in den Ganges oder
aber zum Gehen. Dazu braucht es mindestens circa ein Bein. Schneller
sind aber heutzutage die, die nur circa zwei halbe Beine haben. Denn
daraus kann man mit wundervoll eleganten Bein- und Fußprothesen,
rein von der Länge her, so in etwa zweieinhalb Beine machen und inst
anderen dann um Nasenlängen voraus. Das schmerzt die Ein- und
Wenigerbeinigen sicher. Dafür habe ich Verständnis. Ein
einbeinbeeinträchtigtes Dasein zu führen, stelle ich mir schwierig
vor. Wenngleich ich das Wort "Einbeinbeeinträchtigung" doch als
großen Wortschatz empfinde. Vollends fürchterlich einerseits und
wortwertvoll andererseits, wird es dann, wenn sich zum fehlenden Bein
schmerzbedingte Pein gesellt, was dann im kaum mehr zu übertreffenden
Wort "Einbeinpeinbeeinträchtigung" zum Ausdruck kommt. Alle
Einbeinpeibeeinträchtigten auf Erden verdienen entsprechende
Entschädigungen und die Sprache verdient mehr Freiraum. Mein
Einbeinpeinbeeinträchtigungs-Abriss kann diesbezüglich durchaus als
Vorschuss betrachtet werden.
Pilgerpöbel
Michael Stauffer hat
unter anderem die Romane: „Haus gebaut, Kind gezeugt, Baum
gepflanzt. So lebt ein Arschloch. Du bist ein Arschloch“ und
„Normal. Vereinigung für Normales Glück“ geschrieben.
In letzterem gründet der Held eine Religion und deckt so die Mechanismen von derartigen Vereinigungen auf. Im neuen Roman „Pilgerreise“ lässt Stauffer seinen Helden Bela zur Läuterung zu Fuß gehen, bis die Füße schmerzen.
Bella ist ein skrupelloser Schriftsteller und Unterrichtender am Literaturinstitut, dessen Leidenschaft es ist, Grenzen aus zu loten. Das macht er in jeder Beziehung (Eltern, Schüler_innen, Partner_innen gegenüber). Zu recht wird er verlassen und gerät darob vollkommen außer Kontrolle und wäre da nicht sein Cousin: „Ich kann dich beruhigen, in meinem Weltbild gibt es durchaus Platz für Hilfe, die nichts kostet und von einem Teppich [mit dem Bela gerne spricht] kommt.“, Bela wäre wohl verloren.
Aber er findet für sich einen Ausweg: den Pilgerpfad. Bela lässt goldene Pilgervisitenkarten anfertigen, macht sich auf den Weg, schreibt fleißig Postkarten, lernt viele Menschen kennen, verschreckt einige davon und hat einen großen Plan.
Dass das Ganze eine bitter-böse Satire ist, braucht eigentlich kaum erwähnt zu werden. Wie trocken und unvorhersehbar Stauffer seinen Helden anlegt, ist allerdings äußerst bemerkenswert. Diese Pilgerreise gerät zu einem mitunter absurden, oft drastischen und immer höchst unterhaltsamen Trip. Fünf Wanderstöcke hoch!
In letzterem gründet der Held eine Religion und deckt so die Mechanismen von derartigen Vereinigungen auf. Im neuen Roman „Pilgerreise“ lässt Stauffer seinen Helden Bela zur Läuterung zu Fuß gehen, bis die Füße schmerzen.
Bella ist ein skrupelloser Schriftsteller und Unterrichtender am Literaturinstitut, dessen Leidenschaft es ist, Grenzen aus zu loten. Das macht er in jeder Beziehung (Eltern, Schüler_innen, Partner_innen gegenüber). Zu recht wird er verlassen und gerät darob vollkommen außer Kontrolle und wäre da nicht sein Cousin: „Ich kann dich beruhigen, in meinem Weltbild gibt es durchaus Platz für Hilfe, die nichts kostet und von einem Teppich [mit dem Bela gerne spricht] kommt.“, Bela wäre wohl verloren.
Aber er findet für sich einen Ausweg: den Pilgerpfad. Bela lässt goldene Pilgervisitenkarten anfertigen, macht sich auf den Weg, schreibt fleißig Postkarten, lernt viele Menschen kennen, verschreckt einige davon und hat einen großen Plan.
Dass das Ganze eine bitter-böse Satire ist, braucht eigentlich kaum erwähnt zu werden. Wie trocken und unvorhersehbar Stauffer seinen Helden anlegt, ist allerdings äußerst bemerkenswert. Diese Pilgerreise gerät zu einem mitunter absurden, oft drastischen und immer höchst unterhaltsamen Trip. Fünf Wanderstöcke hoch!
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