Ich mag Flughäfen nicht. Ja, ich verachte Flughäfen zutiefst. Das Fliegen selbst ist mir egal. Ich mach es, wenn es sein muss. In Flughäfen aber fühl ich mich keine Spur wohl. Der Flug von Kolkata nach Delhi ließ sich nicht vermeiden, der Transfer zum Flughafen war tadellos. Dann aber gab es mir der Flughafen zurück. Er mochte mich auch nicht.
Sie haben mir mein Schweizer-First-Aid-Kit auseinander-, meinen Plastikzahnstocher genommen und das Messerchen, das Scheräle und das Teil, das ich nie zu benennen und verwenden wusste (Metallstift, Ahle?). Außerdem nervten mich Flughafenmücken. Ich wünschte mir den Hotelangestellten herbei, dessen Job es war, mit einem Plastiktennischläger mit Stromschlagknistern Fliegen vom Frühstückbuffet fernzuhalten. Dass der Reisetag zum Vergessen sein würde, damit rechnete ich. Dass ich aber beim Security-Check auf die Seite gewunken und mein Handgepäck auseinandergenommen wurde, war erst mal nichts Besonderes. Es wurde aber dann gleich doch ein wenig ärgerlich, denn "Your Swiss First Aid Kit" von Victorinox (war mal im Goodie Bag bei einem Empfang der Schweizer Botschaft in Wien), das mich schon auf so vielen Reisen begleitet und mit dem ich schon so viele Dinge aufgeschnitten und beschmiert hatte, ist skelettiert worden. Carry a piece of switzerland at all times! Leider nicht mehr. Kurz dachte ich daran, mir ein Trostbier zu genehmigen. Aber für 1500 Rupien, was es am verflixten Flughafen kostete, hätte ich am Tag vorher in der Calcutta-Bar 15 Kingfisher trinken können. Nein, so weit waren wir noch nicht. So viel Trost brauchte ich auch wieder nicht. Dachte ich mir. Doch dann, ich schön brav in der Warteschlange beim Boarding, wurde mein Name ausgerufen. Mein eingecheckter Koffer passte auch nicht. Das Feuerzeug musste raus. Ich unterschrieb einen Wisch und ein Uniformierter schurlte damit von dannen. Er wollte meine Telefonnummer, die wollten sich auch am Nachmittag, beim Bestellen eines Kaffees von mir, sie kriegten sie nicht, dann klickte diejenige, die mir einfach nur einen doppelten Espresso geben sollte, ewig auf ihrer Maus rum und starrte auf einen Bildschirm anstatt an der Espressomaschine zu hantieren. Vermutlich machte sie schon die Buchhaltung und Inventur, aber der Siebträger blieb unberührt. Irgendwann kam der Kaffee dann doch und irgendwann wurde mein Koffer dann doch für fliegertauglich erklärt. Vorher aber hatte ich genug Zeit, mir vorzustellen, wie Securityhände in meinem Koffer wühlten, dies und das verdächtig fanden, am Flachmann schnupperten und den Obstler dann als hochexplosiv einstuften, mich nicht minder, mich also ausrufen, festnehmen und die kommenden Stunden von einem Fachmann foltern ließen. Für was hat man denn Phantasie, wenn nicht für Horrorgeschichten zu jeder Gelegenheit. Aber nur ruhig Blut. Nix passiert. Mein The Gap Feuerzeug ist halt futsch, jetzt muss ich mit der leeren Swiss-First-Aid-Kit-Scheckkarte die Biere öffnen. Wenn es denn demnächst welche zu öffnen geben sollte.
Ja, irgendwann bin ich dann angekommen in Delhi. Hab mir ein Nicht-Aircondition-Pre-Paid-Taxi genommen. Der Fahrer konnte die Adresse, die ich ihm zeigte nicht lesen, nicht weil er generell nicht lesen konnte, einfach weil er schlecht sah. Aber er fuhr gut und brachte mich sicher zur Tschechischen Botschaft. Dort sollte ich die nächsten Tage verbringen. In einem Brutalismusbau aus den 1950er Jahren, der fast als Bauhausstil durchginge aber eben nur fast. Der Blick vom Balkon aber kann sich sehen lassen, nicht nur wenn gerade Festbeleuchtung ist.

