Freitag, 22. Juni 2012

DICHTER SCHLACHTEN



Krimis leben ja oft von Milieuschilderungen. Egal ob Zeltfest-, Schickeria- oder Großküchenumfeld. Überall herrschen eigene Gesetze, gibt es Insiderwitze und Verhaltenscodes. Die Poetry Slam Szene, die von familienzugehörigkeitsbedürftigen SzenemitgliederInnen gerne Slamily genannt wird, ist natürlich auch ein Soziotop, das sich bestens anbietet, hinsichtlich Krimitauglichkeit beschnüffelt zu werden. Gut, dass das gemacht wurde. Besser, dass da einer seine Schnauze hinein gesteckt hat, der weiß, wovon er schreibt.

Christian Ritter ist viel rumreisender Story-Teller und Slammaster und hat auch so seine Eigenheiten. Die Slamily ist reich an Typen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Einige schillernde Persönlichkeiten raus zu picken und deren Eigenarten zu schildern, ist an sich schon Stoff genug für diverse Buch- bzw. Studienprojekte. Ritter hat dafür ein gutes Händchen. Er verfremdet leicht, überzeichnet kaum, das reicht, um gleichermaßen interessante, wie durchgeknallte Charaktere für eine spannende Geschichte zu haben.
Wir bekommen es mit Andy Krauß, Moritz Bienenbang, Mo Schimmer u. a. zu tun. Ermittelt wird von einem dienstjahrenreifen Peter-Doppel und den noch lebenshungrigen JungkommissarInnen Kim und Björn. Björn ist gerade dabei, sich von seiner fußballspielenden Regine zu verabschieden, was diese partout nicht wahrhaben will. Kim nimmt die Undercover-Ermittlung im Slammilieu wortwörtlich, schlüpft unter Decken und hüpft ins Bett mit potenzstarken Slammern und potenziellen Mördern. Nach Slams geht es nämlich der Jury an den Kragen.
Ein Serientäter hält sich an die Texte von Andy Krauß und bringt junge Mädchen zur Strecke. Das alles ist aber nur ein Vorspiel, denn das eigentliche Ziel ist Krauß selbst und in Hamburg wird alles enden. In Hamburg bei den großen Meisterschaften kommt es schließlich auch zum skurrilen Showdown im Deutschen Schauspielhaus.

Dass Ritter herrlich aberwitzige Dialoge verfassen kann, Vergleiche parat hat, die man so noch nie gelesen hat und dabei die Story nie aus den Augen verliert, hat er schon oft auf der Bühne bewiesen, dass er literarisch nicht nur in der Kurzform versiert ist, beweist er eindrücklich in diesem Buch, das nicht nur originell, überraschend und natürlich äußerst unterhaltsam ist, sondern auch ein hervorragendes Szene und Zeitdokument darstellt.

Christian Ritter
Dichter schlachten
Unsichtbar Verlag 2012

Samstag, 2. Juni 2012

Wo liegt Tetovo?


Helmpflicht scheint hier keine zu herrschen. Dafür wird in der Sauna Badebekleidung getragen und die Autobahn steht auch Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern frei. Interessant auch die Mitteltrennstreifenbebauung. Hat man in Österreich einen dezidierten Hang zur Verbuschung, grünt's hier mannigfaltig: Bäume, Blumen, Sträucher. Alles gut, recht und grün.
Das hab ich auf der Fahrt von Skopje nach Tetovo mitbekommen. 
Tetovo ist albanisch und relativ betriebsam. In Erinnerung bleiben: Die Stizmöbeleigenarten, die Handwerksviertel, die Kettensägenlädendichte, die Nussstandler, die Pinkdominanz bei Kleidung und Schminke, der Elektromobilverleih auf dem monumentlosen Hauptplatz, der Müll allüberall, die Lokalbesitzer, die in Österreich gearbeitet haben und dann einen Kaffee springen lassen (dafür entspricht die Bolognese- der Arrabiatasoße – aber der griechische Salat ist bei den Albanern wieder gut).
Das Foto entstand in der wunderbar spacigen Hauptpost von Skopje. Sieht von außen aus wie ein in den 1960er Jahren gelandetes Raumschiff und innen sind von den 26 Schaltern drei besetzt. Da war dann natürlich Platz für Hanno.