Donnerstag, 31. Dezember 2020

Fritz-Frizzante Portas

 oder Sektchen oder Proseccole? Egal. Hauptsache Brause in der Wanne und Prickel im Buch.

Es war nicht alles schlecht in diesem Jahr. Es sind auch Dinge passiert, die man sehnlichst erwartete. Es ist zum Beispiel das Buch „Die Vorbereitung der Tiere“ (edition laurin 2020) von his Diskursglitterhighness mit Schlangenfakeledergürtel Martin Fritz erschienen. Ja, Martin-ich-schreibe-momentan-nicht-an-einem-Roman-Fritz hat es endlich getan. Er hat ein Lesebühnen-und-Slam-Poetry-Texte-Buch geboren.

Es lässt sich viel Gutes über dieses Buch sagen, aber die vernunftbedingte Blogbeitragszeichenobergrenze verbietet es fast vollständig. Nur so wenig: Das Buch hat Samtpfoten, ein Wuschelfell und einen mords Potzn Hirn; es kann fliegen, pflügen und Horizonte erweitern. Die Lektüre ist mehr als eine Adventure-Kontroverse, sie ist Pflicht, Kür und Tonya Harding in Bestform. Vom Glatteis gleich in die warme Wanne, denn man kann sich auch einfach von Martin vorlesen lassen.

Zum Beispiel hier: https://www.youtube.com/watch?v=M2WeNWHFC-8

Martin-ich-kann-nicht-reimen-Fritz kokettiert in seinem Buch mit Schwächen und arbeitet „mit der Präzision einer sehr jungen Eistänzerin“ mit Vergleichen aus der Popkultur ebenso wie mit Bildern aus Szenen einer Ehe.Der Autor präsentiert uns stets beide Seiten seiner Medaille: den Meta-Martin und den Witz-Fritz. Die vorgeführten und vorbereiteten Tiere sind im Grunde auch nur Menschen aber immerhin bessere.

Martin krempelt um und die Literaturärmel hoch

Wären diese Tiere Essen, sie wären ein Lifehackbraten. Philologisch betrachtet ist „Die Vorbereitung der Tiere“ (DVDT) ein Konservatorium beglückender Wörter. Literaturhistorisch betrachtet ist DVDT gewissermaßen die Fortführung von Dietmar Daths „Abschaffung der Arten“ oder aber auch die Vorbereitung darauf. Jedenfalls rückt Martin-alles-geht-immer-nie-aber-man-darf-es-wollen-Fritz für uns aus, um uns die Welt zugänglicher zu machen und sie uns mit „kardanischer Aufhängung“ und somit allzeit anschaubar zu präsentieren.

Da müssen die Inhalts- und Handelsregister erst gar nicht gezogen werden, denn diese Texte sind, sie wesen, und wer bereit ist, sich ein bisschen auf die Kraft der Fritzschen Literatur einzulassen, wird mehr bedient werden, als gedacht.

DVDT ist patente, angewandte Lebensweltverkittung sanftes Abdriften ins gepflegte Koatlacklerische inklusive. Was bleibt: Wir wissen nicht, was kommt (doch bald ein Roman oder wieder ein neues Stück?), freuen uns aber auf alles wie die Bilche auf den Winterschlaf.

Dienstag, 15. Dezember 2020

Fließ mir die Donau runter

 Und noch ein Lockdown-Lektüre-Protokoll. Diesmal ein Buch, das man wirklich weitgehend ohne Bedenken verschenken kann. Das ist positiv gemeint, denn Weihnachten steht vor der Tür und bei den Büchern die ich zuletzt gelesen habe ("In einer komplizierten Beziehung mit Österreich" von Martin Peichl und "Dicht" von Stefanie Sargnagel) lässt sich das nicht sagen. Beides tolle Bücher aber eben nicht für alle. Das ist übrigens auch ein Qualitätsmerkmal. Sie merken schon es ist nicht ganz einfach. Es ist nie ganz einfach, Bücher zu verschenken, wenn man sich wirklich Gedanken darüber macht, ob das geschenkte Buch zur beschenkten Person passt. Aber das Hineindenken lohnt sich. 


Das Debüt von Ilona Hartmann "Land in Sicht" nennt sich Roman, ist in zweieinhalb Stunden gelesen, ist ein buntes, sehr schön gestaltetes Blumenbar Buch und ist sogar Vätern, die ihre Familie verlassen haben zu schenken. Denn um die Vatersuche geht es in "Land in Sicht". 

Jana ist Anfang 20 und ihr wäre bisher noch nie der Gedanke gekommen, dass sie ihren Vater, der nie da war, unbedingt suchen und finden müsste. Bis ihr in einer Thekennacht wer flüsterte, dass sich dadurch alles änderte, alles rund und ganz und gar erklärlich wurde. Janas Mutter hat gestruggelt, ist aber nicht verzweifelt. Janas Mutter hat auch festgehalten, wer der Vater war und Jana beschafft sie die Info aus dem Notizbuch der Mutter und beschließt: Sie will ihn kennenlernen den Donaukreuzschifffahrtskapitän Milan auf der MS Mozart. Also Äußeres verändern und Kabine von Passau nach Wien buchen und sich langsam annähern. 

Natürlich ist Jana die Jüngste und fällt von Anfang an auf. Natürlich sind die gebrechlichen Mitreisenden skurril und das Schiff bzw. diese Reiseart an sich aus der Zeit gefallen. Natürlich kommt alles anders als geplant. Aber es kommt natürlich anders. Nicht konstruiert. Das ist alles sehr liebevoll und nicht effekthascherisch. Feine Vergleiche, zartschwarzer Humor, schön bittere Selbstironie - das liest sich weg mit permanentem Schmunzeln. Mit 13 km/h Spitzengeschwindigkeit wird die Donau hinunter gecruist. Und das Kennenlernen des Vaters ist eine Art Stop-and-Go-Verkehr, nein, ein Auffahrunfall mit anschließendem Abschleppen, nein, es ist einfach eine gegenseitige Unbeholfenheit mit realistischem Ende.

Dazwischen wird in Linzer Spelunken abgetaucht, auf der MS-Mozart-Bühne mit dem Bordmusikanten Falco performt, die Donau entlang gejoggt und wieder zurück autogestoppt, gelegentlich in die Vergangenheit geblendet und schließlich - im Lachenden Esel in Wien - das Geheimnis preisgegeben, während Milan Calamari fritti bestellt. Das ist alles so skurril, so unvorhersehbar, so mitunter ungerecht wie das Leben selbst und kommt ganz leicht daher. Leicht und langsam wie die Donau aber mit ungeheurer Kraft. Man gibt sich diesem Erzählstrom gerne hin und lasst sich mitnehmen. Ein Buch für alle außer die gänzlich humorresistenten.

Donnerstag, 26. November 2020

Foltermethoden für den Hausgebrauch

oder don't try this at home

3. Lektüreprotokoll am 10. Lockdowntag

Wer oder was oder wo Demmin ist, muss man gar nicht wissen. Gespenster können überall aufmarschieren, wenn man daran glaubt, über all und nirgends, wenn man nicht daran glaubt. Die Gespenster im Demmin Fall sind allerdings historische Gespenster, die Spuren hinterlassen haben, in Erzählungen und Registern. Aber auch das ist vorerst gar nicht so wichtig. Der schwarze Schwan jedenfalls ist keines dieser Gespenster, der war zwar böse, ist aber dann im See festgefroren und unsere Heldin hätte ihn gerne befreit, hat sich also auf dünnes Eis begeben und... verrat ich nicht. Höchste Zeit, die Heldin vorzustellen. Sie heißt Larissa, möchte Larry genannt werden, ist 15, hat eine beste Freundin (Sarina), hat eine Mutter (Krankenschwester und auf der Suche nach einem Ersatzvater), hat eine Nachbarin (über 90 und spooky), hat schon auch einen richtigen Vater (LKW-Fahrer), einen Job (auf dem Friedhof) und sehr eigenartige Hobbys. Die haben mit ihrem Berufswunsch zu tun: Kriegsreporterin.

Um diesen Job ausüben zu können, muss sie knallhart werden. Sie härtet sich also ab: sperrt sich in eine Streugutbox ein, hängt Kopfüber vom Apfelbaum, probiert mit einem Freund Waterboarding aus, ach ja, dieser Freund. Der heißt Timo (Schule geschmissen, arbeitet jetzt bei Netto) und in den wäre eigentlich Sarina verknallt, aber mit Larry verbindet ihn mehr. Was? Auch das sei hier nicht verraten. Larrys Bruder ist von einem Radfahrer überfahren worden, als er drei und sie noch im Bauch der Mutter war. Das hielt die Beziehung nicht aus. Larry mag ihren Vater, hat aber was gegen die Ersatzväter, die ihre Mutter anschleppt. Vor allem, wenn diese auch noch mit Sack und Pack einziehen, wie das im Fall von Benno (Motorradfahrer, Band-T-Shirt-Träger) passiert.

Ganz schön viel, möchte man meinen, vor allem, wenn man dann auch noch die Geschichte Demmins (Mai 1945), auch die breite ich an dieser Stelle nicht weiter aus, hinzu fügt. Dennoch: Das Debüt von Verena Kessler hat nichts Schweres. Das hat mit der Leichtigkeit, mit der Unbeschwertheit der Erzählerin zu tun. Dieser 15jährigen folgt man gerne. Man zittert mit ihr, wenn sie wieder mal einen Kältetest über sich ergehen lässt. Man fiebert mit ihr, wenn sie das Bett hüten muss, weil sie es mit einem Härtetest zu sehr übertrieben hat. Man hält ihr die Daumen, dass mit Timo was weiter geht. Man hofft, dass ihre Beine Halt genug geben, wenn sie Kopf über vom Brückengeländer hängt. Man hat Einblick in einen Teenager, der es nicht ganz leicht hat, es sich aber nicht sonderlich anmerken lässt. Klar, die Eskapaden sind Folgen von diversen Traumata und (Liebes-)Entzugserscheinungen. Aber als Teenager kommt man damit irgendwie klar. Und dieses Irgendwieklarkommen ist sehr spannend. 

Der pfiffigen Ich-Erzählerin wird als Gegengewicht die Erzählung der alten Nachbarin aus personaler Perspektive gegenüber gestellt. Das ist wohltuend im Lesefluss. Die Kapitel sind angenehm kurz und perfekt quergeschnitten. Man erfährt ein Stück Zeitgeschichte, man taucht ein ins Leben einer 15- und einer 90jährigen, liest und liest und hat schließlich einen Roman einer jungen Autorin gelesen, die nicht davor zurück schreckt, schwierige Stoffe zu behandeln, da sie das nötige sprachliche Feingefühl und Können besitzt, selbst die härteste Geschichte so zu verpacken, dass sie für alle ein Geschenk ist.

Verena Kessler: Die Gespenster von Demmin (Hanser Berlin 2020)

Dienstag, 24. November 2020

Fast super

1. Lockdownwoche - 2. Lockdownlektüreprotokoll

Ein toller Titel, ein mir unbekannter Verlag und Autor, der aber – mit diesem Buch – schon den dritten Roman vorlegt und aus Osttirol kommt. Das scheint mir doch eine perfekte Lockdown-Lektüre zu sein. Fasthuber hat neulich eine ganze Seite darüber im Falter gemacht. Doris hat das Buch schon vorher, als es noch erlaubt war, in Buchhandlungen zu gehen, in der Lerchenfelder Buchhandlung entdeckt, gekauft und angelesen und gemeint, dass das etwas für mich sein könnte, denn es gehe um Herkunft, Provinz und Jugend. Alles richtig.

Der Held heißt Romed, wohnt in einem 400 Höhenmeter von Lienz entfernten Dorf und wir begleiten ihn gut ein Jahr lang. Ein besonderes Jahr. Romed steht die Matura bevor, ihm steht sein erstes Mal Sex bevor, er wird vom Kampfsportler zum Kampftrinker, vom kalkulierenden Gymnasiasten zum willigen Ferialarbeiter, vom Mofafahrer zum Autostopper, vom Kassetten-Verchecker zum Konzertveranstalter, vom peinlich Rumknutscher zum Kamasutrapraktikanten und vom Teenager, dem alles verziehen wird, zum rebellischen Zivildiener. Ein ereignisreiches Jahr. Fast zu viel für ein Jahr in der Provinz. Man hat das Gefühl, da stecken Erlebnisse aus der ganzen Oberstufe in dieser linearen Erzählung. Schnitte hätte dem Roman gut getan. Eine starke Frauenfigur hätte dem Roman auch gut getan. Denn die Helden sind hier eindeutig die Männer, die Burschen, die Bubis. Das mag zwar sehr der Realität der 1990er Jahre in Osttirol entsprechen, aber um historische Authentizität geht es ohnehin nicht.

Um was geht es? Natürlich ums Erwachsenwerden. Um das Eintauchen in die frühen 1990er Jahre. Da leistet der Roman ganze Arbeit. Auch wenn man es selbst anderes erlebte, öffnet der Text Erinnerungsräume und lässt einen diese, mal fröhlich, mal peinlich berührt, betreten. Die Schulzeit – vor allem das Lernen auf die Matura – wird äußerst präsent. Die diversen Nöte sind evident. Der Übermut, die Ungeduld, das Nicht-besser-Wissen und Noch-nicht-Wissen-was-genau-Wollen wird ohne WHAM! Und ABBA transportiert. Natürlich kommen Romed und seine Kumpels ohne Hitparadenmusik aus, sie sind anders. Aber ganz raus aus den Strukturen kommen sie doch nicht. Sie strampeln. Sie tanzen Pogo. Sie grölen Punklieder. Sie arbeiten daran, gute Menschen zu werden, die nur mal eben testen müssen, wie viel Bier sie vertragen, wo, wie und mit wem sie leben wollen und was sie eigentlich machen wollen. Normale Teenagernöte flüssig, ja, süffig aufbereitet.

Es gibt eine Fußnote im gesamten Text, im ersten Kapitel. Darin wird erklärt, dass zum besseren Leseverständnis, alles in Euro angegeben wird, was mit Geld zu tun hat. Das ist ein krasser Illusionsbruch. Das tut einem Leser, der selbst in den 1990er Jahren das Trinken lernte, weh. Das ist eine schmerzliche Fehlentscheidung, die sich leider durch den ganzen Text zieht und immer wieder unangenehm aufstößt. Dabei ist der Text sonst über weite Strecken super zu lesen. Moser-Sollmann erzählt souverän, rasant und man folgt dem Leben des vermeintlichen Taugenichts gern. Vor allem, wenn er nicht über Mädchen schreibt. Denn da geht nicht nur für Romed, sondern auch für den Erzähler viel schief. Die Mädchenfiguren sind austauschbar, in der direkten Rede klingen sie nach Bravo-Dr.-Sommer und eine tragende Rolle hat lange keine. Beim Zivildienst nur männliche Arschlöcher, die besten Freunde Sid und Breiti, der Musik-Magazin-Herausgeber und Harley-King Moritz, als Nachbarn in der Pfadfinder-Bude Burschenschafter und sonst richtet es auch eher der Papa als die Mama. Der Ich-Erzähler ist im Aufdecken von Rassismen bei seinen Arbeitskollegen sehr gewandt, gibt sich generell open-minded, kritisch und ist ein wacher Geist, wenn er nicht gerade diverse Drogenerfahrungen machen muss, das Frauenbild aber ist erschreckend eindimensional. Das ist schade und macht den Roman leider nicht zu einem Bedenkenlos-zu-Weihnachten-an-Freunde-Verschenk-Buch.


Christian Moser-Sollmann

Ohne WHAM! und ABBA

Dachbuch Verlag 2020

Freitag, 20. November 2020

Ganz schön frech am Lesofantenfest

Eine Mitmachlesung für die ganze Familie von mir für euch! Im Rahmen des Lesofantenfestes 2020 ist dieses Video entstanden. Publikum war keines erlaubt. Das Publikum seid ihr! Ich habe aus "Ganz schön frech. 52 Gedichte für die ganze Familie" gelesen. Die Illustrationen stammen von Robert Göschl. Ein Buch, das sich perfekt als Weihnachtsgeschenk eignet. 

Mittwoch, 18. November 2020

Lockdownlektüre

 2. Lockdown-Tag - 1. Lockdown-Lektüreprotokoll

PARK von Marius Goldmann (edition suhrkamp 2020)

Ein Debüt eines 1991 Geborenen, der in Hildesheim studierte, soll das erste Buch im zweiten Volllockdown sein. Eine gute Wahl, ein schönes Buch (rein äußerlich, ich mag die edition-suhrkamp-Schlichtheit, wobei diese Buch eh mit einem tollen Schutzumschlag ausgestattet ist - siehe Foto), ein geglücktes Debüt. Der Klappentext spricht von "literarischem Wagemut" und meint damit wohl auch, dass der junge Autor die Leserinnen und Leser spüren lässt, dass sie - ich! - alt sind, dass es aber dennoch gelingt, davon nicht abgeschüttelt zu werden. Die 40jährigen sind in diesem Buch die Alten, die komische Dinge machen. Das führt Goldhorn fein vor und er hat ja auch recht. Dennoch bedient er diese Leserinnenschicht schon auch, denn seine Lektüre sind lauter Klassiker des 20. Jahrhunderts (von Brinkmann, Fichte, Plath bis Pessoa, K. Dick und Ujvary). Diese Namen werden nebenbei gedropt, der Held - Arnold - liest darin und am ehesten fließen noch Pessoa-Spuren dann auch in den Text bzw. die Gedanken Arnolds ein. Arnold ist sensibel, am Puls der Zeit und klassisch gebildet. Er ist auf jeden Fall nicht arm und steht noch nicht ganz im Leben aber auch nicht ganz daneben. Er wird dann wohl mal ein Buch schreiben. Noch wohnt er in Berlin, Moabit und lässt das Leben auf sich zu kommen. 

Eine WG-Party beschert ihn die Bekanntschaft mit Odile. Daraus wird dann schnell mehr, so schnell, dass ein halbes Jahr viel zu schnell vorbei und Odile dann nach London gehen - Kunst-Uni-Ding - und Arnold wieder alleine klar kommen muss. Er spürt sich eh - da ist ein Ausschlag auf seiner Brust, der juckt, also ist er da, in der Gegenwart. Obwohl er das Abdriften in Träume schon sehr gerne macht und nichts dagegen hätte, interessierten sich Aliens für ihn. Er selbst hat breit gestreute Interessen, liest nicht nur, sondern wählt auch die Musik, die er hört sorgsam aus, kann mit bildender Kunst was anfangen und Filme, Filme sind sowieso Vorbild in vielen Belangen. Trifft sich gut, dass Odile Filmerin ist. Ein Film-Projekt in Athen wird sie schließlich wieder zusammen bringen. Aber mal langsam.


Park ist in vier Kapitel gegliedert, die zeitlich so anzuordnen sind: 2, 1, 3, 4. Wir lernen Arnold in Paris kennen, da landete er, weil er einen billigen Flug nach Athen wollte, und den Aufenthalt in Paris gerne in kauf nahm. Im zweiten Kapitel erleben wir das Kennenlernen und Liebenlernen in Berlin. Dann das Wiedersehen in Athen und schließlich ein düsteres Ende in einem Flughafenhotel (Überbuchung!) bei Stromausfall. 

Ganz selbstverständlich schauen alle immer auf ihre iPhones, lesen Wikipediaartikel, schauen Youtubevideos und texten sich selbst, wenn sie gemeinsam an einem Tisch sitzen. Es wird sich auch eher über skurrile Netzkuriositäten unterhalten als über vor Ort Passierendes, da ist die Standardantwort dann doch oft: "Keine Ahnung". Und es ist auch okay, noch nicht viel Ahnung vom Leben zu haben. Die Figuren in diesem Roman sind aber wenigstens auf der Suche. Sie sind neugierig und üben sich in Weltgewandtheit. Besser als die Biedermeierei die grad unter Jungen grassiert. Was anscheinend immer gleich bleibt, ist der Ablauf von WG-Partys. Nicht mal die Drogen ändern sich groß. Da kann der 45jährige sagen: Ja, so war das in den 1990er Jahren auch schon. Und ein selbstbewusster Mittzwanziger hört darüber gnädig hinweg. 

Park ist im Ton souverän. Park will nicht zu viel, aber das hat er voll drauf. Liebe ist kompliziert aber schön, das kann man nicht oft genug zeigen. Als Demo-Tourist in Athen lernt man allemal mehr als in Zoom-Sessions. Alten Männern Geld abzuknöpfen, ist in Ordnung, auch wenn die eher an körperlichen als an geistigen Diensten interessiert sind. Aliens sind nicht die schlechtesten Menschen. Zock-und-Kiff-Freundinnen und Freunde brauchen alle. Und mal auf die Schnauze zu kriegen, hilft dann doch mehr sich zu verorten und zu spüren, als ein Ausschlag auf der Brust.

Darf's ein bisserl mehr Leben sein? Ja, Arnold würde zwar selbst nicht fragen, aber er versteckt sich auch nicht nur in seiner Bude und im Netz. Arnold reiht sich immerhin ein in die Schlange an der Wurstthekte des Lebens und wenn er dann dran ist, sagt er vermutlich: Keine Ahnung. Aber er war da und vielleicht geht er mit der Hinterfrau dann sogar auf ein Dosenbier im Park. Sehr sympathisch. Prost!


Dienstag, 29. September 2020

Und noch ein Ampelefant



Dieser Ampelefant stammt von Sabine Freitag

Vielen Dank dafür. Wer mehr Text und Tier von ihr und mir sehen will: 

Kuhu, Löwels, Mangoldhamster versammelt 52 Wolpertinger in Wort und Bild und ist ein Klassiker der Mischwesenliteratur.

Montag, 21. September 2020

Die neue Montags-Depesche

In der aktuellen Depesche ist der Ampelefant los (und Claudia Dzengel hat ihn mit Stift und Zeichnung eingefangen, vielen Dank dafür!) Es geht rund und drunter und drüber. Es geht um die Bürde der Kunst und diverse Privilegien. Es geht um das fröhliche Ellbögeln und das Bilden von Tau. Es geht um Nähe und Verblendung. Es geht voran, nein, weiter.  

Alle bisherigen 17 Montags-Depeschen schön übersichtlich gibt es hier: https://dorftv.at/channel/markus-koehle


 

Samstag, 25. Juli 2020

Prater Poetry Slam

Und von der Niederösterreich-Kultur-Initiative zurück zu Wien dreht auf. Das Textstrom-Poetry-Slam-Team auf der Kaiserwiese im Prater.
Ein gut gelauntes, regenresistentes Publikum. Ein entspanntes Wien-dreht-auf-Team und Poetinnen und Poeten mit sichtlichem Auftrittshunger.
Was für eine Kulisse.
Drei Tage hintereinander die coolsten Locations.
Poetry has Wings und findet die schönsten Landeplätze.
Aber das Riesenrad kann dann doch was. Kann einen nach wie vor beeindrucken.

Hier warten Lena Johanna Hödl, Barbara Lehner und Simon Tomaz auf den nächsten Auftritt. Mike Hornyk oder Fanny Famos stehen vor oder auf der Bühne und Mieze Medusa ist best MC in Town. Ein wunderschöner Abend, der im Zweistern verlängert wurde.

Slammeilenstein in Traismauer

2. Winzer Slam mit Weinbegleitung. Die WeinArtZone am Hauptplatz 1 ist die beste Adresse und der Schlossinnenhof wie geschaffen für Poetry & Wine.
Eine inspirierende Umgebung. Eine Stadtführung, die uns tief in die römische Geschichte des Ortes einführte und von den Römern direkt zum Krippenspiel Traismauer sprang. Ein Hausherr der nicht der Chef des Hauses aber ein guter Gesprächspartner auf der Bühne war: Rudi.
Die Winzerin mit der Hollywood-Schaukel und dem coolen Spruch: Sophie.
Der Winzer mit der Weinbergschmecken-Idee: Hans.
Der Platzregen konnte uns nur kurz irritieren, gaben wir uns allen den Weinen und den Texten hin.
Die Sprühfee (in Corona-Zeiten müssen die Mikros nach jedem Gebrauch desinfiziert werden) Mieze Medusa ließ sich hinreißen, 9 Flaschen Wein zu kaufen.  
Barbara Lehner adelte das Weinviertel mit einer angenehmen Dosis Gifterl. Anika Pippi Lotta hatte - weil's wurscht is - Bratlfettschweiß auf der Stirn. Fanny Famos hielt den Dialekt hoch und ging mit uns allen Bergsteigen.

Ach ja, zum Fotosmachen hatte ich keine Zeit. Geschrieben aber hab ich viel. Ein perfekter Tag also.

Wir sind der Meinung, das ist Spitz

1. Winzer Slam mit Weinbegleitung.
Elodie meinte, diese Veranstaltungsreihe hätte bereits Tradition. Denn ja, nichts scheint natürlicher, als sich Texte vortragen zu lassen und dazu Wein zu trinken. Vielleicht war das der Beginn einer Tradition.

Die Weine vom Winzer Gritsch jedenfalls zischten fein rein. Die Wolken bauschten sich mächtig auf. Die Donau tat, was sie am besten kann, fließen und glänzen.
Die Promenade war uns Bühne.
Die Poetinnen Lena, Sue und Elodie legten sich frohgemut ins Zeug. Das Publikum gab sich rundum rauschbereit und Mieze Medusa führte souverän durch den lauen Abend der mit Marillenpalatschinken für alle enden sollte und unbedingt wiederholt gehört.

Sonntag, 19. Juli 2020

Vom Ellbogenlöffler über das wangerianische Fischgulasch zum Ottakringer Dudler

Und von Ottakring in die Seestadt. Vom Nietzsche- zum Hannah-Arendt-Platz. Eine andere Welt dieses Aspern. So ruhig, so autobefreit, so noch leblos. Grätzel ist das noch keines, aber die Stadt hat wohl Potenzial. Huch, ich habe Potenzial geschrieben. Nun ja. Auch wieder ein einzigartiger Abend. vor allem die Zusammenstellung. Zuerst lesen David & Jack aus ihrem Roman Oaris, thematisieren die Allseitigkeit des Schalls, Mmm-en gemeinsam, sagen Kerzendocht, murmeln im Duett, etwas nickt, etwas stellt Textfallen und eine Frage bleibt: Bin ich der Wirbel selbst oder bloß die Haare?

Da passte dann der Test-Test, das vogelkundliche Quiz, bei dem Durchfallen das Ziel war, perfekt drauf. Quasi wider die Logik der Leistungsgesellschaft. Wir alle fielen durch, auch Obfrau Judith Nika Pfeifer und die Vogel-Expertin und Trainerin Ann Cotten hatte ihr Werk zur Zufriedenheit aller erledigt. Viele neue Mitglieder im Vogelbeobachtungsverein für die Ornithologieunbeleckten. So soll es sein und Pause.

Danach wurde gedudelt, gewienert, geraunzt und geschmäht. Wienlied und Wiener Gschichtln. Ich schunkelte und fühlt mich ganz daheim in Ottakring in Aspern.
Alles gut.

Ganz schön gejammert?

Nein, hat dann eh nicht geregnet. Das hat es den ganzen Tag über. Der Nietzscheplatz ist direkt beim Kongresspark und dem Sandleitenhof. Da geht die Sonne von selbst auf. Und schon auch eine spezielle Ecke von Ottakring. Ich mag dieses Festival. Man lernt die Stadt auf eigene Art und Weise kennen.
Das Publikum muss erst noch lernen, dass da täglich was Tolles stattfindet. Aber es war nicht gar nicht da und mit dem Vorhandenen wurde gearbeitet. Das ergab ganz natürlich ein Programm für ganz jung bis ganz schön fortgeschrittten. Ich liebe Herausforderungen. Vielen Dank allen, die beigetragen haben, die da waren. Bitte wieder kommen. Juhui!

Samstag, 18. Juli 2020

Wiener Grippe am Naschmarkt

Der Name der Wiener Grippe war schon vor Corona da. Jedenfalls sind die Autorinnen der Wiener Grippe / KW77 wohl die viralste Autorinnengruppe Österreichs. Alle nicht nur literarisch tätig sondern auch im Theater, in der Bildenden Kunst, in der Musik, im Cartoon-, Kabarett- und Lesebühnen-Bereich. Alle auch politisch aktiv und so ist die Wiener Grippe / KW77 auf jeden Fall einzigartig, wertvoll und speziell. Sechs Autorinnen waren angesagt, Barbi Markovic musste leider krankheitsbedingt absagen. Es traten an und lasen jeweils zweimal: Mercedes Kornberger, Maria Muhar, Puneh Ansari, Lydia Haider und Stefanie Sargnagel.
Das Programm reichte vom tierischen Auftrags-Sex-Text bis zu einer Flip-Flop-Tirade, von der Kleinkunst-Analyse bis zum Hass-Text, von Statusmeldungen bis zu Alltagskommentaren. Alles gewitzt, pointiert und mit Haltung. Der Regen hatte soviel Anstand vor allem in der Pause in Erscheinung zu treten und das zweite Set wurde vervollständigt durch die Sound-Performance von KMT (Katharina Maria Trenk). Sie brachte die Basswürfel zum Wummern, lotete das Lautstärkenlimit von 65db freundlich aus und wünschte sich innig-eindringlich einen Kaffee, kam schlussendlich aber zum Resümee: Des zoit sie ned aus. Von wegen! Dieser "Wien dreht auf"-Abend hat sich mehr als ausgezahlt. Vielen Dank!

Montag, 13. Juli 2020

Wider die Schwerkraft

Der Naschmarkt am Sonntag ist verhältnismäßig ruhig. Die Wienzeile am Sonntag ist verhältnismäßig laut. Der offizielle Publikumsbereich der Bühne am Naschmarkt ist verhältnismäßig klein, der inoffizielle Publikumsbereich ist sehr gut ausbaubar. Das heißt: Es gibt mehr Zaunguckerinnen und Zaungucker, als Am-Tisch-mit-Sessel-Sitzerinnen und -Sitzer.  
Didi Sommer saß auch am Tisch und aß und trank und erzählte aus einer vergangenen Zeit aus dem wilden Mühlviertel.
Das Publikum musste auch nicht darben, denn Emanuel machte den flinken Getränkeboten. Lust auf Apfelstrudel machte die Performance des ersten Acts: Hommage an Konrad Bayer mit Johanna Orsini-Rosenberg, Mraie Orsini-Rosenberg, Emily Stewart und Paul Skrepek. Vielleicht schaut sich wer aufgrund dieses Programmpunkts ein paar Bayer-Sachen an. Der Moderator hat's getan und genossen.

Sonntag, 12. Juli 2020

Kein Regentanz - keine Wortfestspiele

Und von einem städtebaulichen Highlight zum nächsten, von Döbling nach Liesing, von Heiligenstadt in die Satellitenstadt, vom Karl-Marx-Hof auf die Zirkuswiese, von Karl Ehns (1930) zu Harry Glücks (1976) Meisterwerk, von 36 Grad im Schatten zu 100 Prozent Regenwahrscheinlichkeit und 20 Grad weniger. Das Regenradar macht uns keine falschen Hoffnungen. Da wird heut nichts zu machen sein. Da wird heut kein Mensch freiwillig kommen. Da muss man sich nicht gegenseitig Texte vorlesen.
Da kann man auch einfach Wetterschicht machen. Fabian Navarro und Mieze Medusa checken die Wettervorhersagen, Yasmin Hafedh überzeugt sich direkt, Markus Köhle dokumentiert und alle fahren gemeinsam mit der U6 wieder heim. War ein schöner Sommerregenspaziergang.

Marx und Kalksburg

Und von der U1-Endstation Oberlaa zur U4-Endstation Heiligenstadt; von der Therme in den Gemeindebau; vom Kurpark in den 12. Februar Park. Es gibt Baumschatten und einen Billa gegenüber. Es gibt Menschen mit Kühltaschen und erstaunlicher Auswahl an Getränken. Es wird aus Marmeladegläsern Campari getütert, es werden die Musiker auf der Bühne mit kühlen Getränken versorgt, die nicht Wasser sind. Das Trio Albtrieb Trio bedankt sich dafür mit CDs. Die Pause zwischen den Konzerten vergeht schnell. Kollegium Kalksburg spielt "Auf Bewährung" und lässt Kamm, Kontragitarre und Akkordeon klingen. Das Wienerlied erfährt erfreuliche Auffrischung. So schön kann Sudern sein. Ein perfekter Platz, eine sehr angenehme Größe, eine Bühne, die Laufpublikum anzieht. Mal schauen, wie lange es die Anrainer gut finden. Ich fand's leiwand.

Slam dreht auf in Oberlaa

Andere mögen thermieren, wir slamisieren.
Andere mögen in der Kurkonditorei schlemmen, wir slammen auf der großen Bühne im Kurpark.
Andere mögen auf der Donauinsel bei der anderen großen Bühne und Lylit sein, wir sind beim Textstrom-Poetry-Slam-Special mit Mieze Medusa als Gastgeberin und den großartigen Poet_innen: Sara-Anna Fernbach, Anna Hader, Elif Duygu, Janea Hansen, Henrik Szanto und Andreas Plammer.
Schon die Anreise ist ein Abenteuer, selten über den Reumanplatz hinaus gekommen.
Es ist der erste Tag, es ist alles noch im Testmodus, aber es ist auch schon alles höchst professionell und vor allem coronaauflagensicher. Es ist Platz für alle, es ist sogar so viel Platz, dass man problemlos jubeln kann, denn so viele Aerosole kann man gar nicht aufwirbeln (hoffen wir).  Sonja ist das erste Publikum (DANKE!)
Es gibt eigene Parzellen-Zuweiser_innen, eigene Liegestuhlaufsteller_innen, es gibt eine Gastro mit großer Käseaffinität: Käsekrainer, Käsespätzle, Käsleberkäs; es gibt aber auch Getränke aller Art und viele durstige Gelsen, die beeindruckende Dippel auf Unterschenkeln zu hinterlassen im Stande sind.
Aber Poesie ist heilsamer als Fenistil, das heißt, während des Textstroms juckt nichts, das Jucken ist nachhaltiger und erinnert noch tagelang an diesen Poetry Slam im Rahmen von Wien dreht auf, dem Eröffnungtag vom Wiener Kultursommer 2020 am Donnerstag, den 9. Juli 2020.

Montag, 6. Juli 2020

Dirty Harry 2020 an Martin Peichl

Die Überraschung ist geglückt, alle haben dicht gehalten. Der diesjährige Dirty-Harry-Preis (gestiftet von Christian Prieler) ging an den bösesten Text der Ausgabe "Status Quo. Das Böse ist immer und überall" (DUM #93) und den lieferte mit "Schalko und Pichler, Staffel 1" - einem Krimi-Serien-Skript-Substrat - Martin Peichl (Passenderweise ließ er bei der Preisübergabe seine Augen richtig schön diabolisch funkeln. Danke fürs Foto Mieze Medusa!).
Coronabedingt wurden am Sontag, den 28. Juni 2020 ja gleich die Nummern 93 und 94 präsentiert. Deshalb musste besonders lange Stillschweigen herrschen. Denn wir luden Martin nur zum Lesen, von einem Preis war nicht die Rede, schon gar nicht von bösen aber höchst erfreulichen 666 €. Dass der Mäzen an diesem Tag überdies seinen 60sten Geburtstag feierte, ist ein schönes Detail.
Gefeiert hatte er am Vorabend, wir feierten weiter und stellvertretende für das DUM-Team bedanke ich mich an dieser Stelle bei Christian Prieler für die einfache Zusammenarbeit und das großzügige Preisgeld. Gerne wieder:)

Montag, 22. Juni 2020

Vom Aufhören und Zuhören

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 15, am 22. Juni 2020

Vom Aufhören und Zuhören from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht ums Netz und die Bühne, ums Geld und die Sprache, um Bachmann und Priessnitz, es geht aber auch ums Schlussmachen.

Montag, 15. Juni 2020

Erfolgsgeschichte

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 # 14, am 15. Juni 2020

Erfolgsgeschichte from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht um Entschuldigungen und Natur, um Drachen und Traktoren, um Kuckucksblumen und Napfnester, um türkise Eier und schwarze Kacke aber auch um Sieglinde und Gundermanns mageres Glück.

Montag, 8. Juni 2020

Sprachverluderung

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 13, am 8. Juni 2020

Sprachverluderung from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht um die Kraft des Dialekts und die Hybris der Landespolitiker, es geht um Werte und Widerwärtiges, es geht um zahlende Gäste und neue Werbestrategien, ja, es geht wieder "Bergauf".

Sonntag, 31. Mai 2020

Vermummerl

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 12, am 31. Mai 2020

Vermummerl from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht um Anschoberschiarzn und Fassmannmaturaregeln, um Schreibgründe und Grundeinkommen, um Budgetreden und Ibiza-Video-Erfolge und und un

Montag, 25. Mai 2020

Kollateralschädl

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 11, am 25. Mai 2020

Kollalteralschädl from Markus Köhle on Vimeo.

Es geht um Beziehungsstress und Fußpilz, um seriöse Foren und abstruse Theorien, um Wimperntuschen und Nasenduschen aber vor allem um früher und heute.

Montag, 18. Mai 2020

Plastikbasti

Oder: Wer denkt schon an einen Babyelefanten, wenn er/sie des Kanzlers ansichtig wird
Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 10, am 18. Mai 2020

Plastikbasti from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht ums Anhimmeln und Wasser teilen, um importierte Pinguine und gesprengte Berggipfel und um den neuen Tourismusrenner der Saison: Kanzlerwallfahrten ins Kleinwalsertal.

Montag, 11. Mai 2020

Kanzlerkommunikationskäse

oder Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 9, am 11. Mai 2020

Kanzlerkommunikationskäse from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht um windelweichen Wanderpredigerton und Denkunfälle im Staat, es geht um Stoffwechselleistungen und Pampers Premium Protection Pants, es geht aber auch um Hinterntückisches und Worthülsenfrüchtchen.

Montag, 4. Mai 2020

Neunormalität mit Maske statt mit Alles

oder Bestandsaufnahme Status Qouvid-19 Nummer 8, am 4. Mai 2020

Neunormalität mit Maske statt mit Alles from Markus Köhle on Vimeo.

Es geht um Trödeltimes und Einschnitte in das Wildwuchernde sowie das Normalnormale, es geht um Kebabboxen und Waten in Überflusszeit, es geht aber auch um Nix-To-Do-Listen.

Montag, 27. April 2020

Covital und Bergfahrt

oder Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 7, am 27. April 2020

Covital und Bergfahrt from Markus Köhle on Vimeo.
Es geht um Feste und Feiern, um Blumenerde und Topfengolatschen, um Scherenhände und Sauerteig, um Tourismusvisionen und Fiakerpferde aber auch ums Schmusen.

Montag, 20. April 2020

Sommerurlaub in Quarantänemark

oder Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 6, am 20. April 2020

Es geht um den Sommer, um die Kunst und die Kultur. Es geht um den Katastrophenkanzler, die Tourismusministerin und die Zukunft. Es geht also um die Wurst, die gerne auch ein Erdäpfelsalat sein kann.
Sommerurlaub in Quarantänemark from Markus Köhle on Vimeo.

Montag, 13. April 2020

Bierfremdeln

oder Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 5, am 13. April 2020.
Es geht um Ostern, um Feiertage, um das Zelebrieren derselben. Es geht um erste persönliche Veränderungen, die der Ausgangsbeschränkung anzulasten sind. Ein Text für dich, mich, wir und Bier.

Bierfremdeln from Markus Köhle on Vimeo.

Montag, 6. April 2020

Trackapp

Bestandsaufnahme oder Status Quovid-19 Nummer 4, am 6. April 2020


Trackapp from Markus Köhle on Vimeo.

Mittwoch, 1. April 2020

Wider die Gehsteigverparkung

Es wird unangenehmer. Die Lage dramatisiert sich. Die Stimmung ist nicht wirklich gemütlich. Mehr Beschimpfungen als helfende Worte. Die Leute tragen Masken - ja. Es scheint aber so, als denkten sie, das genügt. Ich trage Maske, ich brauch nicht ausweichen, brauch nicht Abstand halten. Trägt man selbst keine, ist man schon mal eher Angriffspunkt.
Wir waren spazieren und einkaufen und hatten selbst genähte Masken dabei - im Laden find ich das auch sehr okay. Draußen setz ich sie noch nicht auf, bin aber gerne bereit, jederzeit die Straßenseite zu wechseln, wenn es eng wird am Gehsteig. Denn das wird es oft. Da müssen nicht Menschen mit Hunden oder Kinderwägen oder sonst was kommen, das Platz braucht. Die Gehsteige werden schon allein deshalb eng, weil die Autos ihre Schnauzen und Hecks vollkommen ungeniert in den Gehsteig reinhängen lassen und damit gut und gerne einen halben bis zu einen Meter vom Gehsteig verparken. Da wird mit den Rädern bis zum Anschlag an die Gehsteigkante rangefahren und der Platz für Fußgänger*innen dadurch immer weniger.
Autofreie Straßen wären da momentan schon ein Segen. Manche Gassen könnten schon von parkenden Autos befreit werden. Stell ich mir nicht so schwierig, dann aber sehr angenehm vor. Aber was gegen Autofahrer*innen zu sagen, ist ja immer immens unpopulär. Gerade jetzt. Wo das eigene Auto wieder voll das Heiligtum ist, weil die öffentlichen Verkehrsmittel natürlich zu meiden sind. Jetzt fahren wieder alle voll Stolz und alleine in ihrer Blechkiste durch die Gegend. Ihrer Freiheit auf Rädern. Ihrem privaten Raum der sich unbehelligt durch die Öffentlichkeit schieben darf und überall übergebühr viel Platz einnehmen darf. Leider macht Corona den Individualverkehr wieder stark. Leider wird nach Corona vermutlich kein Geld da sein, um das 1-2-3-Ticket umzusetzen. Leider wird wohl der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel auch ein Opfer von Corona werden. Nein, Freund des Individualverkehrs auf vier Rädern mit Verbrennungsmotoren bin ich keiner und mit Maske radeln scheint mir auch nicht attraktiv. Doch demnächst die Gymnastikmatte neben dem Schreibtisch ausrollen? Vermutlich. Und das Draußen nur mehr durch das geöffnete Fenster mitkriegen? Schmerzlich.

Montag, 30. März 2020

Schutzmaskenball

Bestandsaufnahme Status Quovid-19 Nummer 3

Schutzmaskenball from Markus Köhle on Vimeo.

Sonntag, 29. März 2020

CorOnaNie wieder!

 Wir sprechen durchschnittlich 16.000 Wörter pro Tag.
Das sind elf pro Minute.
CorOnaNie wieder“, rufen sich die Nachbarn neuerdings beim Akt gerne zu.
Das sind elf Wörter.
In der gleichen Zeit erhält Google 2,5 Millionen Anfragen.
Anfragen wie zum Beispiel diese: Coitus intermammorius
Anfrage klingt ja viel zu ausgefeilt.
Man hämmert ja bloß ein zwei Wörter ins Google-Fenster.
Coitus intermammorius zum Beispiel.
Und dann liest man, bzw. schaut man.
Ein Coitus intermammorius ist nichts weiter als Verkehr mit den Brüsten.
Wer Empfindungswörter wie „Oh!“ Symptominterjektionen nennt, muss vom Fach sein.
Wer Verkehr mit den Brüsten Coitus intermammorius nennt auch.
Wer hingegen glaubt, Sauna käme von sau nah, von sau nah dran am Ofen, von sau nah dran an den Pobacken und Rücken der Mitsaunierenden, der ist kein Fachidiot sondern bloß ein Trottel.
Sau nah, sau heiß, so weit so gut!
Was gerne nach Corona so bleiben könnte wie aktuell:
Öfter Sex haben, als in die Sauna gehen.

Samstag, 28. März 2020

Zeitverreib

Die perfekte Löffelung!

Nicht nur wir Menschen haben gerade sehr viel Freude daran, dem Menschen, dem wir per Verordnung nah sein dürfen, viel Nähe zu geben. Denn es hat sich etwas angestaut und aufgebaut bei all dem social distancing.
In der Öffentlichkeit herrscht der Abstand, daheim ist Kuschelherrschaft angesagt. Es wird munter gelöffelt, geherzt, geliebt. Das ist schön uns sei auch den Dingen, die grad verstärkt im Einsatz sind, gegönnt. Eine Reibe sein, ist hart genug. Reiben haftet etwas Schroffes an. Reiben sind gute Aufreißerinnen aber nichts für länger. Bei Reiben will niemand bleiben. Anders in Krisenzeiten wie diesen.
Neuerdings wird die Parmesanreibe von der Nudelkelle umworben. Der Suppenschöpfer pirscht sich ebenfalls an, ja Löffel aller Größen werden ihrer Bestimmung gerecht und löffeln die Reibe nach allen Regeln der Kuschelkunst. Das macht die Käsereibe glücklich, da strahlt sie über die ganze Reibfläche, da spiegelt sie sich mit dem Topfdeckelgriff um die Wette.
Da ist die Reibe im gesiebten Himmel. Da geht es allen gut. Da stellt man sich morgen gerne wieder in den Küchendienst. Das freut auch den Hausmann, den, um es internationaler auszudrücken, den 24/7-Home-Homme.

Freitag, 27. März 2020

Schotterblume

Die Tulpe des Tages!

Blüten statt Schotter

Frohsinn statt Depression

Frühling statt Winterfarce

Ottakringer statt Corona

Schüttbilder statt Schottergärten

Hoch- statt Kiesbeete

Rote Bete und Rübe

Rote Tulpen und gelbe

Rote Nasen und blaue

Kunterbuntes Drunterunddrüber

hoffentlich bald wieder

Donnerstag, 26. März 2020

Lebensentzugserscheinungen

Ich bin zum Morgenmenschen mutiert.
Heute um 6 ausgeschlafen aus dem Bett gesprungen. Die letzten Tage auch immer gegen 6 oder 7.
Das mag für viele normal sein, für mich war es vor Corona die Ausnahme.
Aber momentan gibt es einfach keinen Grund, die Nacht zum Tag zu machen, weil die Tage schon lang genug sind.
Ich verdiene kein Geld, aber ich brauch auch keins.
Das Lebenswerte findet momentan nicht statt.

Ja, gemeinsam kochen ist eh schön. Gemeinsam essen gehen aber auch.
Daheim trinken ist eine Totalniederlage. Außerhaus etwas trinken oft ein Gewinn.
Netflixen ist eh okay, aber ins Admiral Kino ginge ich lieber, ich ginge sogar lieber in die Lugner City, also ins Lugner Kino. Einzwei Lesungen/Theaterstücke/Konzerte streamen ist eh lustig, aber das Liveerlebnis halt doch was anderes.
Ich weiß schon: Minimalbetrieb.
Notbetrieb trifft es besser.
Kulturkonsum am Bildschirm macht mich auf Dauer traurig.

Mittwoch, 25. März 2020

Sesselreisen

Letzte Woche wurden Schreibtischsessel durch die Straßen und ins Home-Office geschoben. Diese Woche werden große Dinge verschoben. Kann ich alles verstehen. Gut sitzen ist wichtig, wenn man von zuhause aus arbeiten soll. Die Olympischen Spiele also erst 2021. Der Lyrik-Preis-Meran also erst 2021. Die Fußball EM also erst 2021.
Irgendwie hab ich das Gefühl, 2021 könnte ein sehr dichtes Jahr werden. Ist okay, ausgeruht, wie wir nach dem Coronaurlaub wider Willen alle sein werden. Meine Absagen reichen jetzt schon mal bis Mitte Mai. Bin gespannt, ob in der ersten Jahreshälfte noch was möglich ist an Auftritten. Bis Mitte Mai ließe sich durchstehen, die zweite Maihälfte ist start mit guten Terminen belegt. Wenn das alles wegfällt, dann habe die Ehre! Nein, dann habe ich viel Freizeit und keine Einkünfte.
Schreibtischsessel sind dann wohl dieses Jahr die einzigen, die auf Reisen gehen. Denn ein Urlaub im klassischen Sinn ist wohl nicht drin heuer. Ist nicht schlimm. Schlimm wäre nur, wenn wir auch noch im Juni in der Wohnung zu sitzen hätten. Denn ab Juni wird es sehr, sehr heiß in unserer Wohnung. Da ist an Arbeit, Kochen, Es-fein-haben in der Wohnung nicht zu denken, da muss man die Wohnung flüchten. Hoffentlich ist das in absehbarer Zeit möglich.
Um diesen Text etwas abzukühlen, sei hier ein Foto von DUM-Kollegen Martin eingefügt. Gestern gemacht in seiner Hood. Das kühlt und tut gut!

Dienstag, 24. März 2020

Tirol: Coronaherz der Alpen

2019 Ibiza – 2020 Ischgl. Dass Massentourismus böse ist, ist evident. Er ist aber vor allem sehr dumm. Menschen in Massentourismusorten lassen sich offenbar zu hirnrissigen Äußerungen hinreißen. Man muss aber gar nicht irgendwo hin reisen, man kann auch daheim Blödsinn verzapfen. Man kann sich auch mit einem Interview im Landesstudio Tirol für immer und ewig blamieren. Man muss dabei gar nicht unter Drogeneinfluss stehen, es genügt oft schon die Machthörigkeit, die bedingungslose Untergebenheit. Bedingungslos klingt nicht umsonst so wie besinnungslos. Besinnungslosigkeit fällt Menschen im Massentourismus sehr leicht. Den Zustand der Besinnungslosigkeit herzustellen, ist eines der Hauptziele im Massentourismus á la Ischgl und Ibiza. Besinnungslosigkeit und drumrum schöne Landschaft. Zwar immer mehr versiegelte Landschaft, zu betonierte, zu asphaltierte, vershoppingcenterte Landschaft. Aber im Grunde – haha – im Grunde sind die Gründe, ist die Gegend schön, ist das Grüne schön im Sommer, ist das Weiße schön im Winter, sind das Grüne und das Weiße Grund genug für einen Tirol-Urlaub. Das Rote und das Klare, also der Glühwein und der Schnaps, also das Blausein ist aber wichtiger und berauscht sind nicht nur die Gäste, berauscht sind auch die Touristiker. Die sind im Geldrausch. Die können auch gut schlucken. Sind Gierschlünde erster Güte und so ein Geldrausch macht zwar nicht betrunken, aber um so mehr besinnungslos, bedenkenlos und verantwortungslos. Er macht aber zudem mächtig. Macht in der Hand von besinnungslosen, bedenkenlosen und verantwortungslosen Menschen im Geldrausch, mit einem Harnisch aus Präpotenz und Provinzialität, einem Granitschädel und einem gut gewachselten Selbstbewusstsein führt zu Ischgl 2020. Ob es Rücktritte geben wird? Schwer vorstellbar. Denn an der Tiroler Vorstellbar ist Vernunft selten zu Gast. In der Tiroler Vorstellbar hat immer noch ein Massentourismuskonzept der 1970er Jahre das Sagen. Transparent ist dort nur der Obstler. Aufklärung ist dort ein Sex-Gags-Automat am Männerklo. Und die Universalstrategie lautet: Augen zu und durch. Möge ein Untersuchungsausschuss Augen öffnen. Mögen Recherchen von europäischen Zeitungen mit den Fingern in den schwärenden Wunden pulen.


Montag, 23. März 2020

Käsehunger

Bestandsaufnahme Status Quovid 19 Nummer 2, am 23. März 2020

Gassi gegangen werden from Markus Köhle on Vimeo.

Sonntag, 22. März 2020

Fastenzeit by Accident

Zweiter Sonntag mit Ausgangsbeschränkung. Spielplätze und öffentliche Sportgeräte sind gesperrt. Absperrbänder sind per se etwas Besonderes. Sie haben die Kraft, Dinge im Nu zu verwandeln. Hat Christo je was mit diesen rot-weißen-Absperrbändern gemacht? Ich nehme an, ja. Öffentliche Sportgeräte sind ja auch etwas Besonderes und zusammengeschnürt haben die dann schon etwas von einer Skulptur im öffentlichen Raum. Wüsste man es nicht. Es könnte auch ein "No Sports" Statement sein. Spazierengehen dürfen wir in Wien ja noch. Auch Joggen ist noch erlaubt. In Tirol ist die Lage da schon weit dramatischer. Das will ich mir nicht vorstellen. Wir haben keinen Balkon, keinen Garten, keine große Wohnung. Die strikte Quarantäne träfe uns schon sehr hart. Diese Woche war ich ja dreimal Laufen, das hab ich schon ewig nicht mehr geschafft, ist also ein positiver Effekt der Corona-Krise. Außerdem essen wir gesund, weil wir nur selber kochen und gute Zutaten einkaufen und saufen, ist grad auch kein Thema, denn wir trinken nur auswärts, haben kein Bier im Kühlschrank. Dass ich mich auf ein frisch Gezapftes irgendwann dann sehr freue, ist unbestritten. Das soll dann aber in einer Kneipe sein.
So beschert und die Corona-Krise eine ganz besondere Fastenzeit. Meine Hosen sitzen jetzt schon locker. Es ist also nicht alles schlecht, was gerade so zu tun ist. Einiges ist in die Zeit danach mitzunehmen. Noch kann von der Zeit danach allerdings nicht einmal spekuliert werden. Noch ist noch lange Notbetrieb.

Samstag, 21. März 2020

Schinken-Käse-Trost

Zitate, die grad wenig Trost spenden, aber doch gut sind:
„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Es ist die Zeit der Monster.“
Antonio Gramsci
„In der Weltanschauung der indigenen Völker der Anden, blickt man vorwärts in die Vergangenheit.
 Der Zukunft kehrt man den Rücken, denn man weiß nicht, was kommt.“
Philipp Weiß
„Nur die Phantasie kann zur Wahrheit vordringen.“
Doris Lessing

Und zur Beruhigung ein Zitat, das grad Trost spendet, aber an sich ungut ist:
„Es ist schwieriger, sich das Ende des Kapitalismus vorzustellen als das Ende der Welt.“
Slavoj Žižek

Freitag, 20. März 2020

Das hilft garantiert gegen Corona!

Daheimbleiben. Daheimbleiben und lesen, kochen, essen. Ich koche gerne. Ich rette gerne den Reis vorm Überkochen, ich rühre gerne mit einem Kochlöffel in einer Pfanne rum, ich finde es erhebend, Knödel mit einem Knödelheber aus dem wallenden Wasser zu holen. Ich reibe gerne Karotten, wasche Salat, ja, ich schneide sogar gerne Zwiebel. Allein ich muss mir eingestehen, ich bin nicht sehr versiert im Umgang mit Messern und Reiben. 
Ich schneid oder reib mich täglich. Noch sind zwar alle Finger dran, aber in den letzten Tagen habe ich mir in den linken Zeigefinger geschnitten, die rechte Daumenkuppe leicht angerieben und der rechte Mittelfinger hat sich beim Herausholen eines Küchengeräts in dessen scharfe Schneidezähne gegraben. Momentan blute ich also täglich. Kein Grund zur Panik. Ein paar Blutstropfen fallen bei drei geriebenen Karotten nicht weiter auf. Ich bin nicht blutleer nur winterbleich. An sich also alles noch dran und mit Pflastern versehen.
Das Problem ist nur, dass durch das dauernde Tippen und Händewaschen die Schnitte nicht heilen wollen und immer wieder zu bluten beginnen. Das „i“ schmerzt am meisten. Es ist ohnehin ein Teufelskreislauf. Meiner Meinung nach bin ich nämlich nur deshalb gerade so schneidempfindlich, weil die Hände so weich sind vom vielen Händewaschen. Nicht dass ich sonst Fischerhände hätte. Ich bin Sprachwerker und im Handwerklichen weitgehend talentfrei, habe aber jahrelang Schlagzeug gespielt und an sich nicht so softe Hände. 
Gut, die Reiben und Messer sind neu. Aber früher hat man sich auch geschnitten und da blieb die Reibe dann halt in der Hornhaut hängen oder man zog das Messer ohne Blutspur aus der Fingerkuppe. Jetzt aber an allen Fingerenden leck. 
Ich mag es nicht als Alterserscheinung auslegen, ich hab weniger Problem damit, zuzugeben, dass ich einfach ungeschickt bin und unser Küchengerät früher stumpfer, schlechter war. Außerdem hab ich früher keine Karotten oder rote Rüben gerieben, denn Karotten und rote Rüben verirrten sich nicht in meinen Kühlschrank und Faschiertes war schon zerkleinert. 
Ja, ich lebe mittlerweile gesünder. Ja, Corona veranlasst mich dazu, noch gesünder zu leben. Denn wenn schon kochen, dann mit Rohmaterial. Dosen kommen mir keine ins Haus. An Dosen kann man sich nämlich ganz fürchterlich schneiden. Weiß ich aus Erfahrung von früher. 
So, jetzt muss ich aber aufhören. Der „k“, „i“, „Beistrich“ Finger schickt sich nämlich schon wieder an zu bluten und ich will mir hier ja nicht die Tastatur versauen. 
Eins noch. Warum der Titel? Das hat mit den potenziell nach Rezepten gegen Corona Googlerinnen und Googlern zu tun. Vielleicht bringt mir diese Überschrift mehr Leserinnen und Leser. 
Jedenfalls: Gesund und ganz bleiben! Und: Cut!

Donnerstag, 19. März 2020

Fieberkopf Köhle


Bestandsaufnahme Status Quovid 19 am 19. März 2020



Mittwoch, 18. März 2020

Coronahotspot

Jetzt also auch Sölden und St. Christoph unter Quarantäne. Verdachtsfälle? Der Bürgermeister sagt mal so: "56 Personen sollen jetzt mal daheim bleiben." Wie bitte? Daheim bleiben sollen alle und alle, die mit dem infizierten Barkeeper - auch hier, wie in Ischgl also ein Barkeeper - in Kontakt waren, müssen in Quarantäne.
Ich muss ja gestehen. Ich war von 6. bis 8. März in St. Johann in Tirol. Auch das ein Tourismusort erster Güte. Ich war allerdings beim artacts Improvisationsmusik und Free Jazz Festival. Viel los war auch dort.
Auch am 10. März war ich wieder in Innsbruck, weil ich an sich eine Lesung in der Bücherei Arzl halten sollte, die dann abgesagt wurde. Dann gingen wir halt auf ein paar Bier - auch da kommt man in Kontakt mit Menschen. Nicht ganz so eng wie im "Kitzloch" aber schon auch. Und Barkeeper sind die Coronaschleudern, soviel ist schon mal sicher.
Schlechte Gedichte helfen nicht gegen Corona, aber Humor ist in diesen Tagen ganz besonders wichtig und schlechtes Bier war ja noch nie eine Lösung, kein Bier aber auch nicht. Deshalb hier ein weiteres Gedicht. Mögliche Titel:

Sport spart Sprit

Ausgangsbeschränkung ist ein sperriges Wort
Spazierengehen ist noch kein Sport
Corona ist als Virus besser als als Bier
Und hier steht als Nummer vier

Dienstag, 17. März 2020

Bezuschussung

Es gibt Schönes zu berichten. Klar, wir haben alle Verdienstausfälle. Aber die Literarmechana fühlt sich dafür zuständig und handelt mehr als schnell. Eine einfache Aufstellung der Termine, die ausgefallen sind mit kurzer Beschreibung über Veranstaltung und vereinbartem Honorar reicht und man erhält wenig später die positive Nachricht, demnächst einen einmaligen Zuschuss für die erlittenen Einbußen überwiesen zu bekommen. Das ist unkompliziert und höchst erfreulich. Da sitzt man doch gleich noch lieber am Schreibtisch und haut in die Tasten, auf dass Neues entstehe, für das sich die Literarmechana künftig ebenfalls zuständig fühle. Wir sind nicht allein.
Ein Teenager will man gerade nicht sein. Ich kenne welche. Bin verwandt mit ihnen. Zum Teil sind sie grad in der Sturm-und-Drang-Phase, das klingt mehr nach Literaturgeschichte als es sollte. Sagen wir es grad heraus: Sozialkontaktvermeidung ist das Letzte das sie gerade wollen. Das haben sie die vergangenen 15 Jahre lang gemacht (Familie ausgenommen) und jetzt, da das andere Geschlecht, die vielen anderen Geschlechter gerade so richtig interessant wären, es all die anderen Menschen in der näheren Umgebung nicht nur online sondern for real zu erkunden gälte, jetzt soll man im Zimmer hocken und nichts und niemanden angreifen. Das ist sehr, sehr ungerecht.
Ein billiger Zweizeiler ist  hier alles andere als hilfreich, folgt aber.
Möglicher Gedichttitel:
Smells Like Teen Spirit Corona-Style
Ich bin 18 und will ausgeh'n
Und was muss ich? Daheim bleiben wegen Covid 19

Montag, 16. März 2020

Aufbackbrötchenparty

Beim Laufen am Vormittag in der Kleingartensiedlung auf der Schmelz begegne ich vorwiegend Menschen mit Kinderwägen oder Hunden. Es ist ein wunderschöner Frühlingstag, auf den Bänken sitzt fast niemand. Die Schrebergartenbesitzerinnen und -besitzer machen Gartenarbeit, ein paar Joggerinnen und Jogger drehen Runden. Sonst nicht viel los an diesem Montag, den 16. März ein paar Stunden vor dem Zusperren aller Lokale.
Die Schulen sind weitgehend leer, das Betreuungsangebot allerdings aufrecht. Die Straßenbahnen und Busse sind mehr genützt, als vermutet, aber viele Menschen sind nicht am Weg. Um 15 Uhr dürfte sich das Bild - so sich alle daran halten - noch einmal drastisch ändern. Ich bin gespannt.

Mein dringender Grund, das Haus zu verlassen, ist ein Verhütungsengpass. Die Kondome werden knapp. Packungen in unterschiedlichem Design der Firma "Einhorn" (fair, aus Berlin) sind ausreichend lagernd im BIPA-Nahversorger. Ich wähle eine Pommestüte und eine Packung mit Regenbogen scheißenden Einhörnern und freue mich schon auf den Abend.
Es ist 15 Uhr, ich spaziere die Thaliastraße entlang und schaue, ob die Kebabläden und Wettbüros tatsächlich zusperren, was sie machen. Ich schlendere auch über den Spielplatz vor dem Amtshaus und stelle fest, er ist gänzlich menschenlos. Ich denke mir, jetzt noch in den SPAR, mach es, will mich mit Obst und Gemüse eindecken, was ich mache. Es ist genügend Angebot vorhanden, einzig die Bio-Bananen sind aus. Ansonsten die üblichen leeren Regale: Klopapier, Pastasoße, Dosenmais - aber, neu - auch Aufbackbrötchen erfreuen sich aktuell sehr großer Beliebtheit - und, das ist dann doch eine Überraschung - das Schnapsregal ist leer. Sollen die Menschen ruhig Schnaps trinken und Brote aufbacken, so lang sie zuhause bleiben.

Sonntag, 15. März 2020

Katzenstreuengpässe

Nach Hause telefonieren ist weiterhin erlaubt. Nach Hause telefonieren hatte schon ET für sich als Allheilmittel erkannt. Nein, ET hatte Sehnsucht, aber Telefonkabel zu ETs Planeten waren nicht verlegt und Satellitentelefone gab es noch nicht. Man stelle sich vor, das Telefon und Internetz bräche dieser Tage zusammen. Wie lange es die Menschen dann wohl in ihren Wohnungen und Häusern aushielten? Vermutlich nicht lange. Noch sind sie ja auch noch nicht lange in denselben. Kanzler Kurz verkündete heute Vormittag: "Es gilt. Bleiben Sie zu Hause!"
Die Österreichischen Maßnahmen die vor zwei Tagen angekündigt wurden, wurden natürlich von der Bevölkerung nicht ernst genommen. Jetzt aber richtig. Ab Dienstag sind alle Lokale zu. Die Grenzen zu Deutschland sind ab sofort auch zu. Spiel- und Sportplätze zu. Österreich wird runter gefahren. Der Neustart kann dauern.
Bruder Bernhard bekam gestern keine Katzenstreu mehr. Er tröstete sich mit Blumenerde. Blumenerde nicht anstelle von Katzenstreu aber zur Balkonblumengestaltung. Glücklich, wer einen Balkon hat. Glücklicher, wer einen Garten hat. Am glücklichsten, wer Haus im Grünen hat. Aber permanentes Glück ist ja, kann ja kein Ideal sein.
Persönliches Glück, also die Beziehungstragfähigkeit wird sich in den kommenden Wochen, in den jeweiligen circa vier Wänden weisen. Wahrscheinlich ist der Faktor "Quadratmeter Wohnfläche" (qmwof) in der  Beziehungsglücksformel relevant, der Faktor "Zeit" (t) sowieso. Weitere Faktoren stellen sich mit der Zeit erst heraus. Das heißt, von einer Formel kann noch nicht gesprochen werden. Die Entwicklung ist aber im Gang.

Die Palmkätzchenkur

Mache meinen wöchentlichen Gang auf den Yppenplatz zum Bauernmarkt. Mache alles wie immer. Es ist aber nicht alles wie immer. Der Brotstand und auch mein Kartoffel- und Rübendealer sind bereits ausverkauft. Es ist viel los, es wird viel angeboten. Ein Standler interpretiert die Situation für sich sehr verhaltensoriginell, er verlangt für das Kilo Zwiebel 5 Euro, für das Kilo Karotten 6 Euro. Sein Geschäft hält sich noch in Grenzen. Manche Menschen legen ihren Charakter sehr schnell bloß. Beim Anstehen und Behaupten, an der Reihe zu sein, gibt es die "Ich, ich, ich"-Schreier, die dann auch noch blöde Fragen und Sonderwünsche haben. Es gibt aber auch viele Menschen, die ganz gelassen anstehen und versuchen, Abstand von einander zu halten. Ja, die, die einem in den Nacken atmen gibt es leider auch.
Noch ist das ja alles offiziell erlaubt. Ob sich das Verhalten am Montag massiv ändern wird, wage ich zu bezweifeln. Telefonieren jedenfalls ist gut und tut niemandem weh. Bruder Thomas berichtet aus Nassereith - nicht sehr weit von der Quarantäne-Zone Paznauntal entfernt. Ein Arzt aus einem Nachbardorf hat sich infiziert und das Virus sicher weiter verbreitet. Die Straßen sind verlassen. Die Leute bleiben in den Häusern. Die Schule - er als Schulleiter - hat offen zu sein. Der Bürgermeister hat ihm geflüstert, dass das wohl nicht bloß wochenlang so sein wird, dass den Gemeinden wohl nahegelegt wurde, keine Investitionen mehr zu tätigen, sondern Rücklagen zu bilden.
Es geht die Runde vom Barkeeper in Ischgl, der wohl noch tagelang weiter arbeiten musste, wissend, dass er infiziert war. Er ging quasi viral - international. Dahinter stand ein großer Tourismus-Boss, der wohl auch durchsetzte, dass die Skigebiete nicht so schnell wie die Kulturbetriebe geschlossen wurden.
Bruder Bernhard bringt uns Brot, er kriegt dafür Bücher. Das ist ein Tauschsystem, auf das wir uns verstehen. Er bringt auch Palmkätzchen und Forsythien - es ist ja nicht bloß Corona-Time sondern schon auch Frühling. Um hier auch mal ordentlich abstruse Theorien zu verbreiten: Palmkätzchen und Forsythien in einen 0,5 Liter Donauinselfest-Becher gesteckt, gewässert und auf den Küchentisch drapiert hilft gegen Coronainfizierung, sofern man selbst sich ebenfalls an den Tisch platziert und den Palmkätzchen und den Forsythien beim auf- und verblühen zuschaut. Ist gar nicht mal so abwegig geworden, denn Daheimbleiben hilft ja wirklich.
Bernhard wirft ein, dass es jetzt eine gute Zeit dafür wäre, über ein Grundeinkommen zu reden. Es ist auch eine gute Zeit dafür, hervor zu heben, was politisch alles möglich ist. Ob das zum Wohle der Maßnahmen gegen desn Klimawandel ist oder genau das Gegenteil, auch das wird sich weisen. Vermutlich fallen diese sowie auch die Steuerreform aber den Auswirkungen der Corona-Krise zum Opfer. Krise scheint in diesem Fall das passende Wort zu sein.
Zum Bild: Wasser trinken ist gut, hilft aber nicht gegen Coronainfizierung, selbst wenn eine Zirbenkugel das Wassergefäß ziert und eine Kristallsäule das Wasser auflädt.