In der Liste „Best of nie dagewesen! Hasi!“ in „Peace and Fire. 25 Jahre Alter Schl8hof Wels“ reiht Stefan Haslinger Henry Rollins an vierter Stelle (gleich hinter Nirvana). Ich habe Henry Rollins live erlebt und zwar auf der Bühne im Rattenberger Schlossberg. Ja: Rattenberger Schlossberg! Das war gefühlt 1997. Ich trug dort auf Konzerten und Festivals gerne eine Stoffbadehaube, um meine arschlangen Haare zu bändigen. Die Badehaube des Henry Rollins Konzertes war schwarz mit roten und orangen Längsstreifen. Der Schlossberg bebte. Henry Rollins stampfte seinen „Liar“ fest in die Tiroler Erde. Ich übergab mich nicht. Erinner mich aber an eine Dixi-Klo-Episode, die ich hier nicht unbedingt preisgeben möchte. Interessant, was dann so hängen bleibt.
„Und sowenig wie ein Gartentischgespräch mit Henry Rollins ein Plausch ist, sowenig ist ein Konzert mit ihm eine das Herz-auf-die-Bühne-werfen-Show.“ lese ich im SPEX 10/1987 und bin zwischen 80er und 90er Jahre hin- und hergerissen. Was, wenn man nicht durch die Tiroler Dorfhölle gegangen wäre? Was, wen man damals schon Zugang zu Medien wie SPEX gehabt hätte. Was, wenn der Plattenladen „Bella“ im 12 Kilometer entfernten Imst Platten wie „The Uplift Mofo Party Plan“ oder „Freaks“ gehabt hätte? Immerhin hatte er „Poetic Champions Compose“ vom „scheuen, komplizierten Eigenartling“ Van Morrison. Aber PULP oder Red Hot Chilli Peppers 1987 (!!!) - no way. „Und was für Freunde hä
tte ich, bzw. würde ich einladen, wenn ich Parties gäbe, auf denen die Red Hot Chilli Peppers spielen?“ fragt sich der Rezensent und was wäre aus mir geworden, wenn ich Freunde gehabt hätte, die mir Platten wie diese damals schon in die Hände gespielt hätten, frage ich mich.
Mehr als nur überrascht bin ich, dass PULP 1987 schon ihr zweites Album veröffentlichten, das sie „Freaks“ betitelten und gerne lernte ich den Kritiker Sebastian Zabel kennen, der darüber schrieb: „Verheultes Pathos eben. Pulp, eine dem Fatalismus ergebene Band. Tendenz furchtbar, aber très charmant.“ Oh Himmel. Oh Pulp. Oh Schl8hof.
Damals sang George Michael „I want your Sex“, U2 „With or without you“, Whitney Housten „I wanna dance with somebody“ und Suzanne Vega „My name is Luka“, im Schl8hof gab's einen Vortrag von Johanna Dohnal, Wolf Biermann und viele andere spielten und ich muss gestehen, dass ich im Bella „You win again“ von den Bee Gees kaufte. So that happened.
„Ich fühle mich inzwischen selbstsicher genug, meine Texte klarer zu formulieren. Früher wollte ich sie regelrecht verstecken.“ sagt der REM-Frontman und ich denke mir: Mein Früher muss ich nicht verstecken und nicht vor mir hertragen. Klar, das Früher hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Wer weiß, vielleicht säße ich jetzt nicht hier im Schl8hof am StaTTschreiberschreibtisch, wenn ich 1997 nicht Henry Rollins live erlebt hätte. „So konstruierte ich hier neu, schrieb ich jetzt, den Anfang der Geschichte, jetzt, der Welt.“, schrieb Rainald Goetz, schreibe ich und Punkt.