Sonntag, 24. Februar 2013

Russischer Hering und Bruce Willis

An TAG 3 steht dann ein Fußmarsch an. Fußmarsch und Eigenerkundung der Umgebung. Denkmäler, Paläste, Plätze alles da und am besten vom 17. Stock des Hotels Uzbekistan am Amir Timur Platz zu überblicken. Die Sowjetarchitektur gefällt uns, ist immer für ein Foto gut, die breiten Straßen weniger. Die Wege sind weit, wir aber gute Fußgänger. Wir besänftigen den Magen mit Pasta Bolognese und sind gespannt auf den Workshop. Wir erfahren, dass Facebook hier Anaglasniki heißt, dass die Studis kein Problem damit haben, vorzutragen und dass sie temperamentvoller sind, als man annehmen wollte. Kein kühler russischer Emotionsmantel sondern Gastfreundschaft, Herzlichkeit und emotionale Offenheit sind festzustellen. Der Belohnungs- und Aufwärmjasmintee in der wohl teuersten Etablissement weitum ist gut und leistbar, einige Getränke aber schon absurd teuer (Ice Tea 17.000, Erdinger 44.000, Espresso 15.000). Nachdem wir beim Italiener schon 12.000 für einen frischen Orangensaft, der dann ein frischer Apfelsaft war, bezahlt hatte, schockiert uns das zwar nicht all zu sehr, aber es macht uns vorsichtig. Es folgt ein Abstecher beim Georgier. Tolles Essen, nur leider keine zeit, weil Bruce Willis auf russisch auf uns wartet. Stirb langsam 5 (18.000 Sum) mit Kinobarbier (3.500). Ein Vergnügen und – weil in Russland spielend – ja auch richtig gut passend. Danach dann doch noch zwei Hotelbarbier, weil es grad schmeckt und geredet werden will.

Hier brennt Hanno am Unabhängigkeitsplatz
TAG 2 beginnt mit dem gleich schlechten Frühstück. Die Topfenblinis und Reisomeletten sind schon in Ordnung aber Obst, Gemüse und regionales Brot gibt es nicht. Vom Kaffee wollen wir an dieser Stelle nicht berichten, es sei nur erwähnt, dass der Beuteltee keine Alternative ist. Wir treten also nicht kaffeegestärkt für den ersten Auftritt an, werden von Camola und Chauffeur abgeholt und ins edle Gebäude des Fund Forums gebracht. An den Wänden Fotos der bisherigen Veranstaltungen. Auf vielen steht eine blonde Frau im Mittelpunkt (des Präsidenten Tochter und die Fund Forum Chefin). Wir lernen sie nicht kennen. Uns betreut einer, der in Wien studierte und fürs Konsulat in der Pötzleinsdorfer Straße arbeitete. Dann Interview vor laufender Kamera, dann doch noch Kaffee und darauf folgender Schnellschiss und dann füllt sich der Raum mit angekarrten Studis. Anfangs wird tatsächlich für einen Abgesandten des Kulturministeriums simultan übersetzt, das stört natürlich – wir sprechen ohne Mikros – das Übersetzunterfangen wird aber doch recht bald aufgegeben (so ziemlich genau nach den ersten Fruchtfleisch-Zeilen), der Dichtung sei Dank. Es wird eifrig mitgemacht, applaudiert und gefragt. Es wird mitgefilmt und fotografiert und ein deutschsprechender Zensor wird mit dem Material sicher noch viel Freude haben. Danke. 
Ab zur Weltsprachenuni
Mittagessen mit Tee, Kefir, Salat und Lagman um 10.000 Sum. Das Institutsgebäude wird nächstes Jahr abgerissen, das Haus krächzt wohl schon seit Jahren. Aber toller, lebender Holzboden, himmelblaue Schulbänke, farbenfreudige Fotos und weise Sprüche vom Präsidenten. 
Alle zufrieden. Feierabend mit richtigem Espresso beim Italiener, selbstgebrautem Bier im Bierhaus und leider viel zu viele Zwiebel zu den russischen Heringen. Wir wollen sparen, weil noch ins Kino, es gehen uns die Sum aus, weil noch 15 % aufgeschlagen werden und dann haben wir mit rebellischem Magen und sumlos die Taxiheimfahrt anzutreten. 
Die Zwiebelaura unterbindet bis auf weiteres jeglichen Nahkontakt. 
Der Schlaf ist schlecht und selbst am nächsten Morgen haben wir noch mit einigen hartnäckigen Restzwiebelschichten zu kämpfen.

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