Dienstag, 24. März 2020

Tirol: Coronaherz der Alpen

2019 Ibiza – 2020 Ischgl. Dass Massentourismus böse ist, ist evident. Er ist aber vor allem sehr dumm. Menschen in Massentourismusorten lassen sich offenbar zu hirnrissigen Äußerungen hinreißen. Man muss aber gar nicht irgendwo hin reisen, man kann auch daheim Blödsinn verzapfen. Man kann sich auch mit einem Interview im Landesstudio Tirol für immer und ewig blamieren. Man muss dabei gar nicht unter Drogeneinfluss stehen, es genügt oft schon die Machthörigkeit, die bedingungslose Untergebenheit. Bedingungslos klingt nicht umsonst so wie besinnungslos. Besinnungslosigkeit fällt Menschen im Massentourismus sehr leicht. Den Zustand der Besinnungslosigkeit herzustellen, ist eines der Hauptziele im Massentourismus á la Ischgl und Ibiza. Besinnungslosigkeit und drumrum schöne Landschaft. Zwar immer mehr versiegelte Landschaft, zu betonierte, zu asphaltierte, vershoppingcenterte Landschaft. Aber im Grunde – haha – im Grunde sind die Gründe, ist die Gegend schön, ist das Grüne schön im Sommer, ist das Weiße schön im Winter, sind das Grüne und das Weiße Grund genug für einen Tirol-Urlaub. Das Rote und das Klare, also der Glühwein und der Schnaps, also das Blausein ist aber wichtiger und berauscht sind nicht nur die Gäste, berauscht sind auch die Touristiker. Die sind im Geldrausch. Die können auch gut schlucken. Sind Gierschlünde erster Güte und so ein Geldrausch macht zwar nicht betrunken, aber um so mehr besinnungslos, bedenkenlos und verantwortungslos. Er macht aber zudem mächtig. Macht in der Hand von besinnungslosen, bedenkenlosen und verantwortungslosen Menschen im Geldrausch, mit einem Harnisch aus Präpotenz und Provinzialität, einem Granitschädel und einem gut gewachselten Selbstbewusstsein führt zu Ischgl 2020. Ob es Rücktritte geben wird? Schwer vorstellbar. Denn an der Tiroler Vorstellbar ist Vernunft selten zu Gast. In der Tiroler Vorstellbar hat immer noch ein Massentourismuskonzept der 1970er Jahre das Sagen. Transparent ist dort nur der Obstler. Aufklärung ist dort ein Sex-Gags-Automat am Männerklo. Und die Universalstrategie lautet: Augen zu und durch. Möge ein Untersuchungsausschuss Augen öffnen. Mögen Recherchen von europäischen Zeitungen mit den Fingern in den schwärenden Wunden pulen.


1 Kommentar:

  1. Machtergreifung. Der Vorgang als solcher hat ja nicht ausgedient.Täglich übernimmt irgendetwas irgendwie die Regie. Für diese Situation viel er mir vor die Füße. Ist es der Durchschnitt der hier die Macht ergreift? Mir scheint er seit langem an der Macht zu sein. Durchschnitt, wohin das Auge reicht. Wobei ich nicht sicher bin ob es noch einen besseren Begriff gibt, der für diese Ibiza-Ischgl typischen kulturellen Ab-Sonderheiten außerhalb des Durchschnitts treffender wäre.
    Vielleicht Profan? Dieser Begriff böte unterhalb des Durchschnitts allerlei Schattierungen für die vielen Varianten menschlich verständlicher Eigenart an, etwas ausgelassen zu feiern um vom Dauerstress Abstand zu gewinnen.
    Das Profane hat keine festgelegte Bedeutung. Häufig wird Profanes aber auch weiter differenziert für die diversen Subkulturen die man dann noch spezifischer als ordinäre, banale oder triviale Subspezies kennzeichnen könnte.
    Ich war noch nie auf Ibiza oder Ischgl, verfüge aber über mediengefütterte Fantasie. Dass Massentourismus böse ist, damit tut man dem gutmütigen Massentourist vielleicht voreilig unrecht. Nicht alles Durchschnittliche ist Profan und nicht alles Profane ist Ordinär. Wenn aber etwas Ordinäres in die Profanität einbricht, etwas Frivoles auf den Thron steigt, wenn die Feierlaune über die Ufer tritt, wenn wieder aller durchschnittlicher Vernunft –d.h.unter Berücksichtigung des Zeitlaufs-, der Pegel der Unglaublichkeiten über Normal steigt, dann würde ich es als Ab-Art versuchen zu fassen oder aber auch mit dem alten Wort für Dummheit wieder besseren Wissens. In gewissen Kreisen hat Ibiza-Ischgl ein solches Branding, da hilft natürlich keine Moral, nur Verbote.

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