Dienstag, 31. Mai 2016

Tschnigala-Tschingala-Bang-your-Head

Crowd-Tag-8 (von Lillehammer nach Oslo)

Unfall und Stau hatten wir noch nicht. Unfall und Stau kommen mit Autobahn. Kaum verlassen wir die engen, kurvigen Straßen und rollen auf Oslo zu, staut es sich auch schon. Wir nehmen's gelassen. Die Strecke ist kurz, das Busende naht. Wir haben uns mittlerweile alle schön eingerichtet in unserer Busheimat. Nirgendwo sonst haben wir so viele Stunden verbracht wie im Bus. Ich habe im Bus "Die Mysthiphikationen der Sophie Silber" von Barbara Frischmuth gelesen. Ein Buch, das nicht nur vom Cover her (Walter Pichler) wunderbar in die norwegische Landschaft passte – es zeigt Berge, Wassser, grün-blau-braun (es passt auch wunderbar zur bevorstehenden Bundespräsidentenwahl).
Auch inhaltlich hätte ich meine Reiselektüre nicht besser wählen können. Die Enterischen (der Alpenkönig, die Narzissenfee etc.) fügen sich einwandfrei in die Kulisse ein. Ich habe also gelesen, aus dem Fenster geschaut, geschlafen, Text gelernt (zwei Drittel der "Berufserschreibung"), gequatscht (gar nicht so viel), gelegentlich geschrieben (Blumenvierzeiler, diverse mögliche Textanfänge). Ich habe mich in Summe also verhalten wie daheim und in Oslo wird die Busheimstatt gegen ein Zimmer eingetauscht werden müssen und die Landschaft gegen Großstadt. Es soll mir recht sein. 

Goethe ist in Oslo in Grönland daheim. Wir wollen ihn nicht warten lassen. Er hat ohnehin schon graue Haare. Wir finden hinterher ein fast schon einschüchternd schönes Lokal. Wir essen, trinken, scherzen – am Nachbartisch wird gar gesungen "Tschingala-Tschingala-Tscha". Weil es danach natürlich noch immer hell ist, zieht es uns in einen Keller, aus dem höllische Klänge kommen. Jawohl, ein Heavy Metal Konzert in Oslo! Männer schütteln ihre Mähnen. Ich schütte Bier in mich. Schluck um Schluck und Song um Song wird wieder eine Art Gleichgewicht hergestellt. Da Goethe und Crow-Poetry – dort Mental Dispair, Wyruz und Harm.
Wenigstens in der Halbliterklasse sind wir hier. Der Eintritt kostet keine zwei Bier und ein vor mir sich Schüttelnder zeigt in den Pausen seinem Kollegen Fotos von seinem neuen Fahrrad-Kinderänhänger. Teuer ist hier ja wirklich vor allem das Trinken und Kaffee scheint nicht als Droge zu gelten. Denn doppelte Espressi kann man sich problemlos für 25 Kronen reinzischen, Bier hingegen erst ab 80. Bäckereien sind eine Oase für relativ billige Ernährung. Inder und Thai-Restaurants bieten auch leistbare Überlebensalternativen und wenn einem gefiele, was die Shops so anbieten, wäre auch das nicht ganz unleistbar.

Grönland in Oslo in Abendstimmung
Oslo jedenfalls ist überschaubar und weil das große Feiertagswochenende (Pfingsten mit anschließendem Nationalfeiertag) ansteht, bleibt eh nur ein potenzieller Shoppingtag. If you want to go shopping tomorrow – you cant't. Everything is closed.
Oslo ist also zu, wir arbeiten noch daran.

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