Donnerstag, 11. Februar 2010

PDUG

Das Prinzip des unzureichenden Grundes
Robert Musil. Der Mann ohne Eigenschaften (Seite 103-202)

Diotima große Idee besteht darin, den Universalgelehrten Preußen Arnheim die geistige Leitung der großen vaterländischen Aktion zu überantworten. Sie hatte sich vorgenommen Ulrich für „unreif“ zu erklären und ihn zu „bemitleiden“. Noch ehe jemand weiß, worin die sogenannte Parallelaktion eigentlich bestehen sollte, wird sie von Publizisten schon zum „Österreichischen Jahr“ gemacht. „Das hieß, wir wollen einmal zeigen, was wir eigentlich sein könnten;“ (S. 139)

Diotimas Gatte, der Sektionschef Tuzzi, hatte zu ihrem Salon stets ein zwiespältiges Verhältnis: „(...) denn wenn Kultur auch sozusagen das Salz in der Speise des Lebens sei, so liebe feine Gesellschaft doch nicht eine allzu gesalzene Küche;“ (S. 106)
Er war, von der Zeit der „Bräutigamszärtlichkeiten“ abgesehen, immer ein „Nützlichkeits- und Verstandesmensch“, in seiner Junggesellenzeit ein „ruhiger Bodellbesucher“ gewesen und er ist nicht blind, er erkennt, dass Diotima nicht bloß einen großen Geist für die große Sache einsetzen, sondern dass sie Arnheim vor allem bei sich, für sich haben möchte. Tuzzi fühlt Unbehagen und sich herausgefordert.

Ulrichs Verhältnis zu Arnheim: „In Ulrich erwachte eine Gassenjungenlust, mit Steinen oder Straßendreck nach diesem in Vollkommenheit und Reichtum aufgewachsenen Menschen zu werfen, während er zusah, mit welcher Aufmerksamkeit der sich anstellte, um den albernen Vorgängen zu folgen, denen sie beiwohnen mußten;“ (S. 178f)

Dazwischen natürlich jede Menge Gedankengänge in allerlei Richtungen:

„Es ist leider in der schönen Literatur nichts so schwer wiederzugeben wie ein denkender Mensch. (…) Der Mann ohne Eigenschaften dachte aber nun einmal nach. (…) Man muß also sagen, daß ein Mensch, wenn er nur ein bißchen nachdenkt, gewissermaßen in recht unordentliche Gesellschaft gerät!“ (S. 111ff)
Ulrich hört auch Stimmen und kann mitunter ein ziemliches Ekelpaket sein. Zum Beispiel wenn er gerade keine Lust hat die Lust Bonadeas zu erwidern. Nur gut zu wissen, dass auch er zuweilen von Liebeskrankheit geplagt wurde. Außerdem begeht schon auch Ulrich mitunter Unvorsichtigkeiten, denn seine große Klappe ist ja unbestritten und schnell ist der Grat des Zulässigen überschritten:
„Nun war es dieser aber ungewohnt, den Staat anders zu betrachten als ein hotel, in dem man Anspruch auf höfliche Bedienung hat, und verbat sich den Ton, in dem man zu ihm sprach, was unerwarteterweise die Schutzmannschaft zu der Einsicht brachte, daß ein Betrunkener für die Anwesenheit von drei Schutzleuten nicht genüge, so daß sie Ulrich gleich auch mitnahmen.“ (S. 158f)
Mit relativer Glimpflichkeit endete sein Leichtsinn, Ulrich wird zum ehrenamtlichen Sekretär der großen patriotischen Aktion und der Vorfall ist vergessen.

Vergessene Gefühlsregungen: „...und als sie sich vom Tisch aufrichtete, hatte ihr Herz geklopft, wie wenn in einem Mörser Zucker zerstoßen wird.“ (S. 181)
Vertrauter Sachverhalt: „Denn dauernd vermögen bloß Narren, Geistesgestörte und Menschen mit fixen Ideen, im Feuer der Beseeltheit auszuharren;“ (S. 186)

Jugend im Wandel: „Unsere Jugend hat ja ganz recht, wenn sie Fasane und Säue schießt, reitet und sich hübsche Frauenzimmer aussucht, - dagegen ist wenig zu sagen, wenn man jung ist; aber früher haben eben die Hauslehrer einen Teil dieser Jugendkraft darauf gelenkt, daß man den Geist und die Kunst ebenso heben muß wie die Fasanen, und das fehlt heute.“ (S. 189)

Wiederbelebenswerte Art: „Sektionschef Tuzzi hatte die Augen zu einem Stäubchen auf seiner Hose niedergeschlagen, so daß man sein Lächeln als Zustimmung deuten konnte.“ (S. 197)

Lebensweisheit des Tages: „Ruhig zu schlafen, gehörte nach seiner Ansicht zu den Haupttugenden eines Diplomaten, denn es war eine Bedingung jedes Erfolgs.“ (S. 202)

Zu klärendes Wort: Ewesprache
Ah ja, eine Kwa-Sprache und von Menschen im Süden Ghanas gesprochen. Da schau her.

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