"Diese Scheine sind nicht mehr gültig", sagte sie vielleicht. Sie sprach ungarisch. Ich wollte einen Espresso. Wir hatten beide gute Absichten. Ihre waren berechtigter. Wir waren ja immerhin in Budapest.
Ja, ich war von Montag auf Dienstag (16./17. Oktober) 23 Stunden in Budapest. Eigentlich ja nur in Pest, auf die Buda-Seite hab ich es nicht geschafft. Aber ich habe viel gesehen, viel erlebt, wenig getrunken und gar nicht mal so wenig und auch gut geschlafen im Hotel Benzur.
Aber zurück zu den ungültigen Scheinen.
Voll stolz hab ich meine Forint-Scheine aus der Lade mit den Fremdwährungen genommen und mir vorgenommen, diese nach Ankunft in der ungarischen Hauptstadt gleich in Kaffee umzusetzen und dann das. War ich wirklich so lange nicht mehr hier? Vermutlich. Jedenfalls peinlich. Der Kaffee war schon bestellt und nachdem klar wurde, dass ich kein Ungarisch sprach, war mit "No!" auch recht bald geklärt, dass meine Scheine nicht gewollt sind. Münzen hatte ich auch aber zu wenige. Ich verzog mich also unkoffeieniert und leicht geniert. Kein Einstand nach Maß. Es ging aber aufwärts.
In der Folge sollte ich viele sehr freundliche und hilfsbereite Menschen kennenlernen und schließlich im Postamt landen, wo ich nicht nur eine Ansichtskarte frankieren und nach Tirol zu Mama schicken konnte, sondern auch meine alten Scheine 1:1 umwechseln konnte. Eine kleine Reisefreude. Wir reden hier von keinen 10 Euro. Aber es geht ja - wie in so vielem - ums Prinzip.
Der Grund meines in Pest-Seins allerdings war ein anderer. Katharina Wenty hat die Dunay Poetry-Slam-Tour organisiert und nach Wien war Budapest die zweite Station davon. Für das Team Ungarn waren Péter Mészáros und Veroni Gyenge am Start. Die Slowakei schickte Marcel Glasa (Šupazdela) und Diana Renner ins Rennen und mein Austria-Team-Buddy war Ö-Slam-Champ Emil Kaschka. Wir traten dann gemeinsam im Österreichischen Kulturforum auf inmitten einer tollen Ausstellung mit dem schönen Titel "Please give me something I can refuse" und Werken von Yulia Makarenko, Kincsö Bende, Arnold Reinisch, Eszter Szabó, Lotti Brockmann und Nadja Brachvogel.
Das war eine tolle Kulisse: zerfließende Zuckermasken, schräg verfremdete Selbstporträts, narrische Schwammerlskulpturen und der obligatorische Kultur-Forum-Bösendorfer. Tretete ich öfter in Österreichischen Kulturforen auf, ich würde einen Bösendorfer-Flügel-Text schreiben und die Leute damit zum Abheben bringen. Die diesmalige Textauswahl funktionierte aber auch ganz ausgezeichnet. Das Publikum war bester Laune, die Auftretenden auch und so war es gar nicht groß der Rede wert, dass wir hinterher eine halbe Stunde durch die Stadt latschten, nur um schließlich in einer Kneipe zu landen, in der auf einem Riesenbildschirm ein Pub-Quiz angeschaut wurde. Egal. Dort gab man uns dann Sör: Soproni. Es wurde nicht sehr spät, denn Slammer*innen scheinen international insgesamt vernünftiger geworden zu sein. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.
Die Hotelbar war schon geschlossen. Minibarbiere sind immer eine Niederlage, auf die ich zum Wohle des frühen Frühstücks verzichtete und so war ich schon gegen 8 Uhr wieder unterwegs. Strahelnder Sonnenschein aber herbstliche Kühle.
Im Park Városliget wurde bereits Glühwein angeboten. So ist das nun: vom Spätsommer direkt in den Frühwinter. Der Herbst hat sich geschlichen. Ich streifte durch diesen mit Museen, Lokalen und anderen Kultur-Einrichtungen gespickten Park, staunte über die erfrischende Architektur und was fiel mir dabei ein? Ein Sprichwort: Außen hui und innnen... Denn es ist ja schon so, das Ethnografische Museum ist ein äußerst gelungenes Bauwerk, aber möchte ich wissen, was drinnen propagiert wird? I would rather not.
Viktor Orbán schüttelt gerade in Peking Vladimir Putin die Hand. Putin lobt Orbán. China lobt Orbán. Mir fällt auf, dass immer die Namen der Präsidenten (in diesem Fall nur Männer) genannt werden, außer bei China. Da ist es immer ganz China, das Hände schüttelt. Man stelle sich vor: 1,5 Milliarden Chines*innen schütteln gleichzeitig Hände. Das wäre vermutlich die größtmögliche Völkerverständigung. Jinping lobt Orbán. Da gibt es echt nichts zu loben, Leute!
Ganz wohl fühl ich mich nicht, wenn ich in einem Land bin, dessen Politik ich so ganz und gar nicht aushalte. Na dann das Unbehagen wenigstens hier festhalten, dachte ich mir und machte ich hier jetzt ja auch.
Denn: Nein, ich möchte kein Schreiber eines vermeintlich höchstrühmlichen Königs (oder sonst eines Kaspers) sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen