Und noch ein Lockdown-Lektüre-Protokoll. Diesmal ein Buch, das man wirklich weitgehend ohne Bedenken verschenken kann. Das ist positiv gemeint, denn Weihnachten steht vor der Tür und bei den Büchern die ich zuletzt gelesen habe ("In einer komplizierten Beziehung mit Österreich" von Martin Peichl und "Dicht" von Stefanie Sargnagel) lässt sich das nicht sagen. Beides tolle Bücher aber eben nicht für alle. Das ist übrigens auch ein Qualitätsmerkmal. Sie merken schon es ist nicht ganz einfach. Es ist nie ganz einfach, Bücher zu verschenken, wenn man sich wirklich Gedanken darüber macht, ob das geschenkte Buch zur beschenkten Person passt. Aber das Hineindenken lohnt sich.
Das Debüt von Ilona Hartmann "Land in Sicht" nennt sich Roman, ist in zweieinhalb Stunden gelesen, ist ein buntes, sehr schön gestaltetes Blumenbar Buch und ist sogar Vätern, die ihre Familie verlassen haben zu schenken. Denn um die Vatersuche geht es in "Land in Sicht".
Jana ist Anfang 20 und ihr wäre bisher noch nie der Gedanke gekommen, dass sie ihren Vater, der nie da war, unbedingt suchen und finden müsste. Bis ihr in einer Thekennacht wer flüsterte, dass sich dadurch alles änderte, alles rund und ganz und gar erklärlich wurde. Janas Mutter hat gestruggelt, ist aber nicht verzweifelt. Janas Mutter hat auch festgehalten, wer der Vater war und Jana beschafft sie die Info aus dem Notizbuch der Mutter und beschließt: Sie will ihn kennenlernen den Donaukreuzschifffahrtskapitän Milan auf der MS Mozart. Also Äußeres verändern und Kabine von Passau nach Wien buchen und sich langsam annähern.
Natürlich ist Jana die Jüngste und fällt von Anfang an auf. Natürlich sind die gebrechlichen Mitreisenden skurril und das Schiff bzw. diese Reiseart an sich aus der Zeit gefallen. Natürlich kommt alles anders als geplant. Aber es kommt natürlich anders. Nicht konstruiert. Das ist alles sehr liebevoll und nicht effekthascherisch. Feine Vergleiche, zartschwarzer Humor, schön bittere Selbstironie - das liest sich weg mit permanentem Schmunzeln. Mit 13 km/h Spitzengeschwindigkeit wird die Donau hinunter gecruist. Und das Kennenlernen des Vaters ist eine Art Stop-and-Go-Verkehr, nein, ein Auffahrunfall mit anschließendem Abschleppen, nein, es ist einfach eine gegenseitige Unbeholfenheit mit realistischem Ende.
Dazwischen wird in Linzer Spelunken abgetaucht, auf der MS-Mozart-Bühne mit dem Bordmusikanten Falco performt, die Donau entlang gejoggt und wieder zurück autogestoppt, gelegentlich in die Vergangenheit geblendet und schließlich - im Lachenden Esel in Wien - das Geheimnis preisgegeben, während Milan Calamari fritti bestellt. Das ist alles so skurril, so unvorhersehbar, so mitunter ungerecht wie das Leben selbst und kommt ganz leicht daher. Leicht und langsam wie die Donau aber mit ungeheurer Kraft. Man gibt sich diesem Erzählstrom gerne hin und lasst sich mitnehmen. Ein Buch für alle außer die gänzlich humorresistenten.
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