Sonntag, 15. März 2020

Die Palmkätzchenkur

Mache meinen wöchentlichen Gang auf den Yppenplatz zum Bauernmarkt. Mache alles wie immer. Es ist aber nicht alles wie immer. Der Brotstand und auch mein Kartoffel- und Rübendealer sind bereits ausverkauft. Es ist viel los, es wird viel angeboten. Ein Standler interpretiert die Situation für sich sehr verhaltensoriginell, er verlangt für das Kilo Zwiebel 5 Euro, für das Kilo Karotten 6 Euro. Sein Geschäft hält sich noch in Grenzen. Manche Menschen legen ihren Charakter sehr schnell bloß. Beim Anstehen und Behaupten, an der Reihe zu sein, gibt es die "Ich, ich, ich"-Schreier, die dann auch noch blöde Fragen und Sonderwünsche haben. Es gibt aber auch viele Menschen, die ganz gelassen anstehen und versuchen, Abstand von einander zu halten. Ja, die, die einem in den Nacken atmen gibt es leider auch.
Noch ist das ja alles offiziell erlaubt. Ob sich das Verhalten am Montag massiv ändern wird, wage ich zu bezweifeln. Telefonieren jedenfalls ist gut und tut niemandem weh. Bruder Thomas berichtet aus Nassereith - nicht sehr weit von der Quarantäne-Zone Paznauntal entfernt. Ein Arzt aus einem Nachbardorf hat sich infiziert und das Virus sicher weiter verbreitet. Die Straßen sind verlassen. Die Leute bleiben in den Häusern. Die Schule - er als Schulleiter - hat offen zu sein. Der Bürgermeister hat ihm geflüstert, dass das wohl nicht bloß wochenlang so sein wird, dass den Gemeinden wohl nahegelegt wurde, keine Investitionen mehr zu tätigen, sondern Rücklagen zu bilden.
Es geht die Runde vom Barkeeper in Ischgl, der wohl noch tagelang weiter arbeiten musste, wissend, dass er infiziert war. Er ging quasi viral - international. Dahinter stand ein großer Tourismus-Boss, der wohl auch durchsetzte, dass die Skigebiete nicht so schnell wie die Kulturbetriebe geschlossen wurden.
Bruder Bernhard bringt uns Brot, er kriegt dafür Bücher. Das ist ein Tauschsystem, auf das wir uns verstehen. Er bringt auch Palmkätzchen und Forsythien - es ist ja nicht bloß Corona-Time sondern schon auch Frühling. Um hier auch mal ordentlich abstruse Theorien zu verbreiten: Palmkätzchen und Forsythien in einen 0,5 Liter Donauinselfest-Becher gesteckt, gewässert und auf den Küchentisch drapiert hilft gegen Coronainfizierung, sofern man selbst sich ebenfalls an den Tisch platziert und den Palmkätzchen und den Forsythien beim auf- und verblühen zuschaut. Ist gar nicht mal so abwegig geworden, denn Daheimbleiben hilft ja wirklich.
Bernhard wirft ein, dass es jetzt eine gute Zeit dafür wäre, über ein Grundeinkommen zu reden. Es ist auch eine gute Zeit dafür, hervor zu heben, was politisch alles möglich ist. Ob das zum Wohle der Maßnahmen gegen desn Klimawandel ist oder genau das Gegenteil, auch das wird sich weisen. Vermutlich fallen diese sowie auch die Steuerreform aber den Auswirkungen der Corona-Krise zum Opfer. Krise scheint in diesem Fall das passende Wort zu sein.
Zum Bild: Wasser trinken ist gut, hilft aber nicht gegen Coronainfizierung, selbst wenn eine Zirbenkugel das Wassergefäß ziert und eine Kristallsäule das Wasser auflädt. 

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