Dass es
in den nächsten zwei Jahren wieder von der Stadt finanzierte
StadtschreiberInnen geben werde, ist mir zu Ohren gekommen. Weil man
selbst bestimmen wolle, wer über Wels schreibe, lautete der
Nachsatz. Das werte ich als Kompliment gleichermaßen wie als
Drohung. Einerseits also: Auftrag erfüllt. Andererseits: Was heißt
hier selbst bestimmen?
Die
Auswahl obliegt hoffentlich einer Jury, die nicht willkürlich von
höchster Stelle bestimmt wird, sondern von fachkundigen Menschen aus
der Szene. Bisher war es so, dass der oder die StadtschreiberIn des
aktuellen Jahres im Folgejahr in der Jury saß. Ich gehe davon aus,
dass das auch für den StaTTschreiber gilt und freue mich jetzt schon
auf die Tätigkeit.
Ich
freue mich ja auf und über so Vieles: auf weitere Kinoabende im MKH
und Konzerte im Schl8hof; auf das YOUKI Festival; auf den
Weihnachtsmarkt in der Alten Rahmenfabrik; auf heiße Debatten an
diversen Theken und heiße Aufgüsse in der Welldorado-Sauna. Ich
freue mich über eine extrem rührige Kulturszene mit vielen
ehrenamtlich tätigen Menschen, die zum Beispiel zum Gelingen des in
seiner Weise einzigartigen Music Unlimited Festivals beitragen, die
es herzlich, familiär und nicht rein kommerziell machen (was auch
auf das Projekt StaTTschreiberin zutrifft). Ich freue mich auf ein
weiteres spannendes und abwechslungsreiches Monat in Wels.
Aber ich
ärger mich auch über allerhand. Dass die Stadt wie eine Firma zu
führen wäre, ist mir zu Ohren gekommen. Das geht doch so nicht!
Eine Stadt ist kein Betrieb. Eine Stadt ist ein vielfältiges
soziales Gefüge. In einer Stadt kann es nicht nur um Produktion,
Leistung und Profitoptimierung gehen. Der Profit, die Lebensqualität
einer Stadt lässt sich nicht in Zahlen messen. Eine Stadt ist reich,
wenn sie reich an Vielfalt ist.
Eine
Firma ist gewinnorientiert. Eine Stadt sollte Gemeinwohlziele haben.
Ist Wirtschaftlichkeit das Um und Auf, kommen immer die Minderheiten
unter die Räder. Geht es um Kommerzialität, wird Nischenkultur vom
Mainstream platt gemacht. Es soll Kultur für alle Welser gemacht
werden, ist mir zu Ohren gekommen. Soeben wurde der „Schelmenrat zu
Wels“ gegründet. Soll sein. Fasching ist Volkskultur. Fasching ist
bunt aber keine Kunst. Kultur und Macht spießen sich. Kultur hat
man, Kultur pflegt man, Kultur baut man auf. Wer an Kultur
marktwirtschaftliche Maßstäbe anlegt, der ist der Meinung, Kultur
lässt sich kaufen. Wer an Kultur marktwirtschaftliche Maßstäbe
anlegt, der spricht von Massenkultur, von Kultur in Messehallen.
Masse ist immer gefährlich, ich sag nur Massentierhaltung. Im
Kleinteiligen gedeiht die Qualität. Die Macht der Masse hat eine
eigene, unberechenbare Dynamik.
Weder
die Macht der Masse, noch zu viel Macht für einen Einzelnen sind für
das Gemeinwohl förderlich. Demokratische Institutionen haben ihren
Sinn. Politik ist nicht gleich Wirtschaft. Der Chef einer Firma
schaut darauf, dass es seinen MitarbeiterInnen gut geht und wer nicht
für ihn arbeitet, der arbeitet gegen ihn und wer gegen ihn
arbeitet, wird über kurz oder lang abgebaut. Deshalb darf
Firmenpolitik nie Stadtpolitik werden.
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