Eben noch
Marmorbüsten, Familienbilder in Öl, Geigengeburtstagsständchen und
Sektgeflöte – jetzt Rauchschwaden, Offensivgelalle und
Rauschpalaver. Einen größeren Schritt von einer zur anderen Schicht
kann man in Innsbruck in kurzer Zeit wohl gar nicht machen. Vom
Saggen-Villa-Salon-Fest ins Conte dem Bahnhofsbeislklassiker bei der
Raiffeisenpassage und jetzt warten auf den Nachtzug. „As beers go
bye“ und den Abend Revue passieren lassen. Das Geburtstagskind
läutete ein, der Postbote orgelte im Hintergrund, das Buffet war
eröffnet und ich in Bereitschaft. Zeit, das Publikum zu studieren.
Mein's war's nicht, soviel war bald klar. Die Jubilarin 70, die
Freunde zum Teil älter.
Aber Vorurteile sind
dazu da, widerlegt zu werden. Irgendwann hatte ich sie geknackt und
die Skepsis in den Gesichtern wich, vereinzelt leuchteten sogar Augen
und blinzelten Goldzähne. Die Party-Roben glitzerten, die Perlen
waren echt und jeder hatte mehr Rolex am Arm als Promille im Blut. So
auch sie, die mich in die Ecke drängte, aufs Sofa nagelte und
löcherte. Schulter-, Unterarm-, Handgetätschel, zufälliges
Fuß-Bein-Gestreife und beim Reden viel zu nah dran. „Der Ekel“
hätten sie gerade im Literaturzirkel gelesen und Werfel möge sie
der Sprache wegen und reden und tatschen und blond und zu dünn und
Bling-bling-glitter-flitter-Hose und diamantbesetzte Goldrolex und
doppelte Pelenkette und Schuhe im Wert meines Monatseinkommens. Auch
ein Geruch schlug durch. Nicht Schweiß – ich schwitzte. Sie roch
eher kultiviert abgestanden sektrauschig, übergriffig und
gesprächig. Das war der Odem der wohlstandsgesättigten Langweile.
Ich ergriff die
Flucht und im Conte hatte auch wer Geburtstag und schmiss eine
Lokalrunde Jägermeister. Augenringe wie Dampferschwimmreifen nur in
ganz rot und ohne Streifen – 32 Jahre – Respekt! Kein Spott, kein
Hohn? Ein bisschen, aber mittlerweile mehr Rausch und insofern nicht
mehr heikel. Der Zug konnte kommen und kam auch.
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