Samstag, 12. Juli 2014

Geburtstagspartyhopping

Eben noch Marmorbüsten, Familienbilder in Öl, Geigengeburtstagsständchen und Sektgeflöte – jetzt Rauchschwaden, Offensivgelalle und Rauschpalaver. Einen größeren Schritt von einer zur anderen Schicht kann man in Innsbruck in kurzer Zeit wohl gar nicht machen. Vom Saggen-Villa-Salon-Fest ins Conte dem Bahnhofsbeislklassiker bei der Raiffeisenpassage und jetzt warten auf den Nachtzug. „As beers go bye“ und den Abend Revue passieren lassen. Das Geburtstagskind läutete ein, der Postbote orgelte im Hintergrund, das Buffet war eröffnet und ich in Bereitschaft. Zeit, das Publikum zu studieren. Mein's war's nicht, soviel war bald klar. Die Jubilarin 70, die Freunde zum Teil älter.
Aber Vorurteile sind dazu da, widerlegt zu werden. Irgendwann hatte ich sie geknackt und die Skepsis in den Gesichtern wich, vereinzelt leuchteten sogar Augen und blinzelten Goldzähne. Die Party-Roben glitzerten, die Perlen waren echt und jeder hatte mehr Rolex am Arm als Promille im Blut. So auch sie, die mich in die Ecke drängte, aufs Sofa nagelte und löcherte. Schulter-, Unterarm-, Handgetätschel, zufälliges Fuß-Bein-Gestreife und beim Reden viel zu nah dran. „Der Ekel“ hätten sie gerade im Literaturzirkel gelesen und Werfel möge sie der Sprache wegen und reden und tatschen und blond und zu dünn und Bling-bling-glitter-flitter-Hose und diamantbesetzte Goldrolex und doppelte Pelenkette und Schuhe im Wert meines Monatseinkommens. Auch ein Geruch schlug durch. Nicht Schweiß – ich schwitzte. Sie roch eher kultiviert abgestanden sektrauschig, übergriffig und gesprächig. Das war der Odem der wohlstandsgesättigten Langweile.
Ich ergriff die Flucht und im Conte hatte auch wer Geburtstag und schmiss eine Lokalrunde Jägermeister. Augenringe wie Dampferschwimmreifen nur in ganz rot und ohne Streifen – 32 Jahre – Respekt! Kein Spott, kein Hohn? Ein bisschen, aber mittlerweile mehr Rausch und insofern nicht mehr heikel. Der Zug konnte kommen und kam auch.

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