Mittwoch, 21. Dezember 2011
Endzeitstimmung
Regen im Jänner. Regen im Jänner in einem Dorf in den Bergen. Regen, Regen, Regen und die "Hänge braun wie Kuhscheiße" (S. 50).
Wir befinden uns wieder in einem Dorf in den Schweizer Bergen. Großraum Graubünden. Wir befinden uns wieder in der Welt von Arno Camenisch, der mit "Ustrinkata" seine Bündner Trilogie beendet. Auf das zweisprachige "Sez Ner" folgte "Hinter dem Bahnhof" und nun ist Schluss, es muss ausgetrunken werden, die Stammkneipe - "Helvezia" - sperrt zu, nocheinmal alle Rohre fluten, trinken und erzählen was geht.
Wer trinkt, geht nicht unter. Wer erzählt, geht nicht heim. Wer am Stammtisch sitzt, den kennt man und was man nicht kennt, kann nichts Gutes sein.
Viel ist schon hereingebrochen über das Dorf: Unwetter, Steinschlag, Grenzverletzungen, Städter, Sodomisten; Mit allem ist man irgendwie fertig geworden, aber dass der Frisör Alex ausgerechnet heute, am letzten Tag, kein Bier trinken will, ist ein starkes Stück. Dabei geben doch alle anderen ihr bestes.
Silvia raucht eine Select nach der anderen und bechert mit Schnaps versetzten Caffefertic als gäb's kein Morgen, Luis fröhnt dem Quintin, Otto -der mit dem Bart wie eine Schaufel - und Gion Baretta stellen einen Kübel nach dem anderen runter, Flachmannschüsse veredeln auch hier den Stoff und die Luft wird von Brissagos und den Mary Longs geschwängert, letztere kettenraucht die Tante, die auch serviert. Schwer zu glauben, aber das ist ein Endzeitszenario.
Der Himmel scheint zu brechen und auch die Dämme der Trinkenden in der Helvezia.
Die Stimmung ist heiter bis wolkig, mehr geht nicht. Da blitzt zwar jede Menge Sonniges und "Farructs" aus vergangenen Tagen auf, aber dass es keine Zukunft für die Helvezia gibt, ist besiegelt.
"Ustrinkata" ist ein rotes Tuch für Lesende, die sich nicht auf Camenischs originellen Sprachenmix einlassen wollen. "Ustrinkatat" ist ein rotes Buch, das Lesenden einen schönen Nachmittag beschert, egal, ob es draußen regnet, schneit oder stürmt und egal auch, ob es in einem trocken ist oder katerbedingt brennt. "Ustrinkata" ist ein leicht verdaulicher Happen Camenisch. "Ustrinkata" ist ein Reperaturseidel für sehnsüchtig, nostalgische Seelen. "Ustrinkata" kann man, so betrachtet, getrost nicht Literaturverachtenden empfehlen.
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