Samstag, 23. Juli 2011

von wegen gedankenblank

Robert Prossers Bücher haben sprechende Titel. Auf „Strom. Ausufernde Prosa“ (mehr braucht an dieser Stelle dazu nicht gesagt werden) folgt „Feuerwerk“. Ein Erinnerungs-Feuerwerk muss man gleich dazu sagen. Ein Feuerwerk hat eine Dramaturgie, versetzt in Staunen und verpufft dann wieder. Ein Feuerwerk wird abgeschossen, ist ein Augenblicksding und bleibt doch in den Köpfen. Ein Feuerwerk muss aber nicht immer aus Knallkörpern bestehen, man kann das Feuerwerk schon auch als Werk eines Autors betrachten, der glüht, brennt, ja um auf den Erstling zurück zu kommen, eines Autors der unter Strom steht und diesen Wechselstrom fließen lassen will. Einem Feuerwerk entsprechend ist das Buch wie ein Countdown aufgebaut, es wird von 10 zurück gezählt – automatisch stellen sich Silvesterszenarien ein und was macht man zu Silvester (außer sich zu betrinken?)? Man lässt das Jahr Revue passieren. Robert Prossers Erinnerungs-Feuerwerk ist über einen größeren Zeitraum gespannt. Da flammen Kindheitserlebnisse ebenso auf, wie Reisebeobachtungen im nahen/fernen Osten und im wilden Süden. „plötzlich wird mir bewusst, dass Reisen vor allem eines bedeutet: Material zu sammeln: wenn möglich Inspiration (...)“ (S. 121)

Da wird über Ferialfabriksarbeit ebenso reflektiert wie über Drogenkonsum mit Gangstern und Huren. Da bekommt die Zeltfesttradition ebenso ihr Fett weg wie der Begräbnis Kult da und dort. Da wird gereist, gesucht und geliebt. „ich suche und picke mir Momente heraus“ (S. 91) Gesucht wird aber auch nach der treffenden Sprache und gereist, um sich ab zu lenken, um die Sehnsucht nach ihr, durch ständiges in Bewegung bleiben, erträglicher zu machen. „Da sich alles vermischt, überlagert, sich zu drehen beginnt bin ich weder Wasser noch Baum, stattdessen gedankenblank den inneren Zuständen ausgeliefert, (…)" (S. 87)

Diese Themenfülle und das leidenschaftliche Feuer dahinter, führt dazu, dass da mächtige Sprachbilder zutage gefördert und in den Äther gejagt werden. Oftmals überzeugende, meist originelle und gelegentlich sympathisch pathetisch überschwurbelte. Da kann/muss man nicht immer dabei bleiben, da darf man gerne auch mal absetzen, aussteigen und wieder runter kommen von diesem Trip, diesem Sprachrausch, der einen sowohl anstecken, als auch zudecken kann. Man könnte Robert Prosser als „Fährtenleser zur Deutung der Illusion“ bezeichnen. Jedenfalls aber packt einen dieses „Feuerwerk“ und zieht einen da oder dort hin, macht also etwas mit einem, bewegt, wirft Fragen auf, beschäftigt. Das ist die Kraft guter Literatur, der Rest ist großteils Geschmack und der relativ.

1 Kommentar:

  1. Verständlich, dass es mir besonders weh tut, dich auf einen vertippser aufmerksam machen zu müssen, nämlich dass Roberts erstes buch mitnichten "Sturm" heißt, sondern "Strom"!

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