Dienstag, 19. Januar 2010

Tiefer als der Abgrund

Manès Sperber: Wien eine Träne im Ozean 8 (Seite 459-558)
Zweites Buch: Tiefer als der Abgrund; Erster Teil: Die vergebliche Heimkehr

Stetten holt Dojno zurück nach Wien. Donjo hat allerdings arge Schwierigkeiten mit dem Neubeginn. Deshalb verheddert er sich erst mal in der Vergangenheit und läuft einer alten Liebe nach. „Ihre komplizierte Frisur ließ das Gesicht frei.“ (S. 469) Er rechtfertigt das natürlich anders: „Um mich zu bestrafen, daß ich Sie vergessen habe, und um Ihnen zu danken – für damals.“ (S. 471)
Dojno muss erst lernen, wie man ist, wenn man unglücklich ist. „Er war voller Furcht vor der Rückkehr ins Leben.“ (S. 480) Stetten wird eingeladen, die Regierung um zu bilden. Seine Forderungen werden natürlich nicht erfüllt. „Man bietet ihnen Macht an, genau in dem Augenblick, da sie Ohnmacht wird.“ (S. 485) Bald darauf ist Österreich nicht mehr und es heißt wieder einmal fliehen.

Marlies holt sich ihre Tochter Agnes zurück. Stetten ist gebrochen, will bleiben, bleibt zu lang und landet in den Händen der Gestapo. Immerhin setzt sich Marlies (Gattin des mächtigen Tann) für die Freilassung ihres Vater ein. Treffpunkt aller: Paris „die Liebe zu dieser Stadt, deren verführerischer Reiz es war, daß sie dem Untergang den Schein des Überganges verlieh. Denn der Untergang hatte begonnen.“ (S. 513)

Edi und Josmar schmieden Pläne. Sie wollen eine Spielzeugfabrik und parallel dazu wieder eine Bewegung aufbauen. Stetten findet Gefallen an Albert Gräf und dessen Geschichte. Mara will Slavko in Paris umbringen und Karel will, dass Donjo die Ermordung des Dichters Ottokar Wolfan vereitle. Beides misslingt. Stetten konstatiert als Hauptmotiv der Epoche: „Mißbrauch der Liebe zum Zweck der niedrigen Vernichtung“ (S. 557)
Und da fragt dann mal wer nach Dojnos Motivation:
„Vielleicht aus Leibe zu der Vorstellung von einer Welt, wie sie sein müßte,
sein könnte.“ und versteht nicht: „das kann schon sein, aber warum das? Warum
nicht Liebe zu Menschen? Zu einer Frau, zu Kindern, zu den Genossen?“ (S.
498f.)

Wahrheit des Tages: „Niemand ist so einsam wie der Mensch, der es ablehnt, zu vergessen.“ (S. 477)
Zu klärende Fremdwörter:
Faszikel: Aktenbündel, ungebundenes Fragment eines Buches
Felonie: Vorsätzlicher Bruch des Treueverhältnisses zwischen Lehnsherr und Lehnsträger

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