Gehe ich durch Rom. Wandle ich immer auch auf alten Pfaden. Gehe ich durch Rom, bin ich immer auch mein altes Ich. Das, das 1997/98 hier ein rauschendes Erasmus-Jahr verbracht hat. Ich steuere automatisch die damals billigste Bar in Trastevere an und staune, dass es sie noch immer gibt. Grad um die Ecke vom Hauptplatz, rundum zig überteuerte Lokale aller Art, wo der Sprizz im Literpreis angegeben wird (1 Liter 20 Euro, 2 Liter 30 Euro) und die Bar San Calisto ist immer noch die Insel der Seligen und jetzt eben der Biertrinker*innen aller Länder. Aber eben nicht nur. Es ist auch ein beliebtes Lokal der Anrainer und das Konzept Einheimische mit Touristen zusammen zu bringen funktioniert hier - über billige Preise - ganz vorbildlich. Der alte Chef sitzt noch immer an der Kassa und ist freundlich. 2,80 € für das 0,66 Peroni - das ist ein Preis, den selbst die Minimarkets nicht bieten. In dieser Bar hab ich 1997 mein damals tausendstes Bier des Jahres getrunken irgendwann im Oktober oder November. Ja, ich führte darüber Buch - Bierbuch. Ja, ich trank viel, war aber auch 28 Jahre jünger. San Calisto ist also ein Heiliger, der mir wirklich heilig ist. Was er für ein Martyrium hatte, werde ich recherchieren. Mit der Heiligenlitanei wurde ich nämlich gestern konfrontiert, als ich mich in die Nähe des Petersplatzes wagte, also in die Via della Conciliazione. Da stehen mittlerweile riesige Leinwände und Soundsysteme und die Heiligen-Litanei, die mit "Ora pro nobis" zu beantworten ist, wurde von den Kardinälen angestimmt, während sie in die wohl weltweit schönste Wahlzelle - die Sixtinische Kapelle - einzogen. Das schaute ich mir eine Zeit lang an, alles schön bunt und dann noch die Schweizer Garde dazu, viele schöne, bunte Stoffe, etwas Glitzer fehlt und individueller Style auch, aber ich versteh schon, alle gleich, alle Kardinäle. Aber so ein bisschen Tüll da, Leder dort und vielleicht auch etwas Strass, das hätte schon was. Vielleicht geht da ja was unter dem neuen Papa. Jedenfalls kam der Heilige Calisto nicht vor, deshalb ging ich wieder. Was sich im Nachhinein als sehr richtig erwies. Denn das für 19 Uhr angekündigte Ergebnis verschob sich auf 21 Uhr (Schwarzer Rauch). Die betende, singende, knieende und reihenweise kollabierende Schar Glaubender hat den Erste Hilfe Einsatzkräften sicher einiges zu tun gegeben. Ja, es ist alles ein Geben und Nehmen. Ich nahm mir noch ein Bier (diesmal ein Moretti) für die Ponte Sisto, lauschte der dort spielenden Band, beobachtete die vorbei flanierenden Menschen, schaute in die Sonne, auf den Tiber, in den Himmel und hatte es fein.Der Heilige Calisto (Kallistus) ist der Schutzpatron der Friedhofsarbeiter*innen. Das gefällt mir! Papst Zephyrinus
vertraute ihm die Grabkammern entlang der Via Appia an, in denen neun
Bischöfe Roms begraben und später entdeckt wurden. Die Katakomben des Heiligen Kallistus waren der erste offizielle Hauptfriedhof der christlichen römischen Gemeinde im dritten Jahrhundert. Die Katakomben könnte man besuchen. Mach ich aber wohl nicht. Die Bar San Calisto ist dann doch gemütlicher.
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