Dienstag, 2. Januar 2018

Jahresrückblick - Lesungen


2017 war ein lesetechnisch äußerst erfolg- und abwechslungsreiches Jahr. Die Bücher „Jammern auf hohem Niveau“, „Slam, Oida!“ (mit Mieze Medusa) und „Wonnenbrand“ (mit Peter Clar) und die dreimonatige Zeit als StaTTschreiber in Wels bescherten mir zahlreiche Auftritte mit unterschiedlichem Programm. Einige besondere Abende der ersten Jahreshälfte seien hier noch einmal in Erinnerung gerufen.

„Literatur um 8. Zu zweit durchs Lesen“ mit Gerhard Benigni und musikalischer Begleitung von der Alphornmusi aus'm Katschtal im Parkhotel Villach am 8. Frebruar. Mit 2 Alphörnern auf der Bühne – der Wahnsinn! Und zwei Tage später beim Konzertanz im vierundeinzig in Innsbruck dann gleich mit einem ganzen Steichorchester und Tänzer_innen – noch mehr Wahnsinn!

Das Motto lautete „Der hohen Minne tiefer Fall“. Unter der Leitung von Ya-Wen Yang haben Käthl, Martin Fritz und ich zur Musik von G. P. Telemann: Don Quixote Suite und E. Elgar: Serenade for Strings getextet und Constanze Korthals, Evi Kofler und Tarek Tillian getanzt. Foto oben von Harry Triendl - vielen Dank!

Mit Mieze Medusa gab es im vergangenen Jahr zahlreiche besondere Auftritte. Hervorhebenswert, weil auch mit Kurzurlaub verbunden, war die Performance im Literatur- und Wohlfühlhotel Wasnerin in Bad Aussee am „Tu felix Austria“ Wochenende am 20. Mai (und Armin Thurnher am 21. Mai).

Besonders herzlich war der „DUM im Wiederlesen“ Abend am 15. Juni in Imst. Das DUM-Team rückt vollzählig aus (Wolfgang Kühn, Martin Heidl und Markus Köhle), um einen Jubiläumsabend in der sympathischen Buchhandlung in Imst zu bestreiten. Annemarie Regensburger und Kyn moderierten, Angelika Polak-Pollhammer, ChristiAna Pucher, Ingeborg Schmid-Mummert und der Wortvertreter a. D. lasen und sehr viele DUMs wurden verkauft.

Oberndorf hat sein Dorfjubiläum gefeiert und uns in die VS-Aula geladen (Danke Jochen Burger)



Montag, 1. Januar 2018

Jahresrückblick: Roman Empfehlungen


Dem Silvestermuffel ist im neuen Jahr mehr Zeit gegeben. Das gilt zumindest für den ersten Tag im neuen Jahr, der dafür genützt werden soll. Höhepunkte des vergangenen Jahres noch einmal kurz Revue passieren zu lassen.

Für eine Weihnachtsgeschenke-Empfehlungsliste ist es zu spät. Aber wenn noch wer was Umtauschen oder einfach Neukaufen will. Hier meine Lieblings-Romane 2017. „Das Floß der Medusa“ von Franzobel. Franzobel nimmt einen spannenden, historischen aber hochaktuellen Stoff in die Hand und bearbeitet ihn auf seine Weise. Da kann er all seine Qualitäten ausspielen. Da geht sein Sprachreichtum auf. Da darf barock gewuchert werden. Da hat sich einer freigeschrieben und eine eigenwillige Erzählform und Metaphernsprache gefunden, um diesen Stoff zugänglich zu machen.

Die Überraschung des Jahres war für mich der polnische Autor Ziemowit Szczerek. Das Buch hat mich vom Titel und von der Covergestaltung her angesprochen. Ich mag die Sonar-Serie bei Voland & Quist. Aber dass „Mordor kommt und frisst uns auf“ mich dermaßen überzeugen würde, dachte ich nicht. Bitter böse. Politisch. Dreckig. Alte Beat-Poeten-Schule und doch neu. Ein Roadmovie-Roman in den wilden Osten. Eine Ukraine-Erkundung eines Polen, der diesen dort demonstrativ raushängen lässt. Geografie, Geschichte, Getränke. Ein süffiges Stück Literatur eines Autors, dessen Namen man sich schwer merken kann, den man sich aber merken sollte.

Wer mehr über Russland und seine verworrene Geschichte erfahren möchte, der darf gerne zu „Die Welt des Herrn Bickford“ von Andrej Kurkow greifen. Da macht sich wer mit einem Tornister auf den Weg quer durch das Land und zieht eine Zündschnur hinter sich her. Skurril, witzig, toternst und erhellend.

Ein Sprung zur Supermacht auf der anderen Seite des Pazifiks sei an dieser Stelle gemacht und John Wrays „Lowboy“ nahegelegt. „Der Retter der Welt“ heißt dieser Roman in der deutschen Übersetzung. Wray ist ja halb Amerikaner und halb Kärntner und dass er auch auf deutsch schreiben kann, hat er beim diesjährigen Bachmannpreis-Lesen bewiesen. Lowboy ist bereits 2009 erschienen, bildete seit 2010 einen Fundamentbaustein meines Noch-zu-lesen-Büchertrums und hatt mich gleich in seinen Bann gezogen. Es geht in den Untergrund, in die New Yorker U-Bahn und tief in die Psyche des Helden Will Heller.

Ganz und gar nicht schlecht auch:
Der Fisch in der Streichholzschachtel“ von Martin Amanshauser. Kreuzfahrt. Piraten. Zeitlöcher. Beziehungsgeplänkel und viel Meer.
Ein weißes Feld“ von Lucas Cejpek. Ein Mann sieht weiß und macht das zum Konzept, das aufgeht, einleuchtet und fasziniert.
Kraft“ von Jonas Lüscher. Nach „Frühling der Barbaren“ mit Engländern und einem Schweizer in Tunesien und der totalen Kapitalismus-Katastrophe geht es jetzt ins Silicon Valley, zu einem Wettbewerb „Weshalb alles, was ist, gut ist und wie wir es dennoch verbessern können“. Rhetorikprofessor Kraft setzt alles auf eine Karte und wir schauen ihm schaudern und belustigt dabei zu.
Eine Klassiker-Lücke habe ich dieses Jahr auch endlich gefüllt und zwar mit großer Begeisterung:
Die größere Hoffnung“ von Ilse Aichinger ist bereits 1948 erschienen und scheint mir eines der stärksten Bücher über den Krieg und seine Folgen. Ihrer Zeit weit voraus findet Aichinger eine poetische Sprache und dekonstruiert Formen und Muster lange bevor dies zum State of the art wurde. Grandios!

Lyrikbände, Literaturzeitschriften, Essays und Bücher mit Bildern oder so hab ich natürlich auch brav gelesen. Vielleicht demnächst (oder im nächsten Jahr) mehr darüber.

Samstag, 2. Dezember 2017

Über Danksagungen und Erinnerungswürdiges


Kalender ist ein Wort ohne Verb- und Adjektivform. Daran kann ich auch nichts kaländern. Adventskalender ist ein Wort, bei dem man sich nie ganz sicher ist, ob man nicht doch Adventkalender schreibt. Wikipaedia behauptet, in Österreich täte man Letzteres.

Jedenfalls ist morgen das erste Türl zu öffnen. Deshalb hier mein ganz persönlicher Wels-Adventkalender. Mit 24 Dingen, die ich vermissen beziehungsweise an die ich mich gerne erinnern werde. Die Reihenfolge ist keine Wertung. Meine Erinnerung ist nicht qualitativ strukturiert, ich versuche es chronologisch anzugehen. Generell gilt: Ich bedanke mich bei allen, die das Projekt „StaTTschreiberIn Wels 2017“ möglich gemacht haben.
Das sind natürlich die Unterstützerinnen und Unterstützer der Crowd-Funding-Initiative von pro.viele. Das sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kulturplattform pro.viele. Das ist der Schl8hof, der mir einen Büroplatz zur Verfügung stellte. Das ist die Bikerei, die mir pro Monat ein Fahrrad einer anderen Generation zur Verfügung stellte. Das ist das Black Horse Inn, das mich als Kneipen- und Schlafgänger aufnahm. Das ist Sonis Extrazimmer das mich stets mit Kaffee und Kuchen aufpäppelte. Das ist das MKH-Team, das sich für mein „Sommerfrische-Herbstzeitloser-Projekt“ interessierte. Das ist das Team der OÖ-Wels, das mich behutsam an die Deadline erinnerte. Das ist meine Betreuerin die im Laufe der Zeit immer mehr zur Agentin wurde. Das sind alle Welserinnen und Welser, denen ich begegnet bin und denen ich das eine oder andere abgelauscht habe. Vielen Dank, dass ihr mich erduldet habt. Hier meine 24 Wels-Erinnerungsmoment-Türln:

1 Der Forellenstudelempfang im Café Strassmair. 2 Die 1950er-Bäckerfahrrad-Übergabe. 3 Das Wanderkoch-Schnitzel. 4 Die Puchbergperformance für BuchZeit. 5 Das Konzert von Skassapunka (zu meinen Ehren, oh ja!). 6 Die dritte Tischfußballniederlage am ersten Abend. 7 Das vierte Freistädter immer wieder. 8 Der erste Welser Wochenmarkt Besuch (mit Mostweckerlkauf). 9 Das Rabbit Rabbit Radio Konzert im Schl8hof. 10 Die beste aller Welten im Kino. 11 Das Traiskirchen-Musical im Stadttheater. 12 Das Radian Konzert bei Music Unlimited. 13 Die Hans Henning Sarschach Lesung im Freiraum. 14 Der Poetry Slam im MKH. 15 Die Lesung in der Alten Hutfabrik bei der Abend-Bar von Treffpunkt Mensch und Arbeit. 16 Die Monday Night Orchestra Sneak Preview im Schl8hof. 17 Der erfolgreiche Hosenkauf beim Neugebauer. 18 Der äußerst erfolgreiche Pulli-, Jacken- und Shirts-Kauf im 4 Seasons (RIP). 19 Der Traun-entlang-Radlausflug im goldenen Herbstlicht. 20 Die Willis-Cartoon-Show von Nadia Khiari (mit „rage against the machism“-Taschenkauf). 21 Die Buch-Club-Lesung in der Mozartschule. 22 Die YOUKI-Eröffnung. 23 Das Treffen mit dem Deutschlandfunk-Reporter beim Indischen Pfau und das Treffen mit der WT1-Reporterin bei Ribiselschnitte. 24 Das offene Bücherregal im Black Horse Inn.

24 Türln reichen nicht. Es braucht einen Nachschlag. Zum Beispiel am Samstag, den 2. Dezember um 18 Uhr in der Alten Rahmenfabrik. Da gibt es „Punschpoesie“. Es braucht einen Abschluss. Zum Beispiel am Sonntag, den 10. Dezember um 15 Uhr im Schl8hof. Da gibt es „Kaffee, Kekes, Köhle“ und einige Überraschungen. Ich freu mich auf euch!

Montag, 20. November 2017

Wels dackelt

Der November macht es einem vorübergehenden Teilzeitflaneur ja schwer. Nebel. Niesel. Nass. Dabei bewegte ich mich doch so gerne durch die Gassen und Plätze und schaute der Erbauung von Weihnachtswunderwelten zu. Am Stadtplatz beispielsweise ist grad der größte Dackel Europas aufgestellt worden. Alles scheint im Zeichen des Dackels zu stehen. Selbst in den Auslagen wird gedackelt auf Teufel komm raus. In der Landesregierung wird gedeckelt, in Wels wird gedackelt.
Dass dem Dackel in Wels gehuldigt wird, finde ich sehr löblich. Der Dackel ist ein gemächliches, sehr österreichisches Tier. Dackel gibt's von schwarz über schokoladenbraun, creme, loh, blau bis zu rot. Dackel sind stur, verspielt, hingebungsvoll, tapfer und klug. Dackel sind keine Sauhunde. Dackel sind Dachshunde und beliebte Familienbegleithunde. Dackel haben, wie Lügen, kurze Beine aber große Ohren. Der Dackel ist der Afrikanische Elefant unter den Hunden. Nicht wegen des Rüssels, nicht wegen der Statur, bloß wegen der Ohren.
Des Pudels Kern der Dackelapotheose muss ein politischer sein. Es herrscht Sehnsucht nach einem Heilsbringer. Sein Kommen wird freudig erwartet. Es wird begleitet von Phrasen, die wie Glühweinschwaden das Land überziehen. Allein: er wird Kürzungen bringen und ein böses Erwachen.

Mittwoch, 15. November 2017

Über Kulturarbeit und Firmenpolitik

Dass es in den nächsten zwei Jahren wieder von der Stadt finanzierte StadtschreiberInnen geben werde, ist mir zu Ohren gekommen. Weil man selbst bestimmen wolle, wer über Wels schreibe, lautete der Nachsatz. Das werte ich als Kompliment gleichermaßen wie als Drohung. Einerseits also: Auftrag erfüllt. Andererseits: Was heißt hier selbst bestimmen?
Die Auswahl obliegt hoffentlich einer Jury, die nicht willkürlich von höchster Stelle bestimmt wird, sondern von fachkundigen Menschen aus der Szene. Bisher war es so, dass der oder die StadtschreiberIn des aktuellen Jahres im Folgejahr in der Jury saß. Ich gehe davon aus, dass das auch für den StaTTschreiber gilt und freue mich jetzt schon auf die Tätigkeit.

Ich freue mich ja auf und über so Vieles: auf weitere Kinoabende im MKH und Konzerte im Schl8hof; auf das YOUKI Festival; auf den Weihnachtsmarkt in der Alten Rahmenfabrik; auf heiße Debatten an diversen Theken und heiße Aufgüsse in der Welldorado-Sauna. Ich freue mich über eine extrem rührige Kulturszene mit vielen ehrenamtlich tätigen Menschen, die zum Beispiel zum Gelingen des in seiner Weise einzigartigen Music Unlimited Festivals beitragen, die es herzlich, familiär und nicht rein kommerziell machen (was auch auf das Projekt StaTTschreiberin zutrifft). Ich freue mich auf ein weiteres spannendes und abwechslungsreiches Monat in Wels.

Aber ich ärger mich auch über allerhand. Dass die Stadt wie eine Firma zu führen wäre, ist mir zu Ohren gekommen. Das geht doch so nicht! Eine Stadt ist kein Betrieb. Eine Stadt ist ein vielfältiges soziales Gefüge. In einer Stadt kann es nicht nur um Produktion, Leistung und Profitoptimierung gehen. Der Profit, die Lebensqualität einer Stadt lässt sich nicht in Zahlen messen. Eine Stadt ist reich, wenn sie reich an Vielfalt ist.

Eine Firma ist gewinnorientiert. Eine Stadt sollte Gemeinwohlziele haben. Ist Wirtschaftlichkeit das Um und Auf, kommen immer die Minderheiten unter die Räder. Geht es um Kommerzialität, wird Nischenkultur vom Mainstream platt gemacht. Es soll Kultur für alle Welser gemacht werden, ist mir zu Ohren gekommen. Soeben wurde der „Schelmenrat zu Wels“ gegründet. Soll sein. Fasching ist Volkskultur. Fasching ist bunt aber keine Kunst. Kultur und Macht spießen sich. Kultur hat man, Kultur pflegt man, Kultur baut man auf. Wer an Kultur marktwirtschaftliche Maßstäbe anlegt, der ist der Meinung, Kultur lässt sich kaufen. Wer an Kultur marktwirtschaftliche Maßstäbe anlegt, der spricht von Massenkultur, von Kultur in Messehallen. Masse ist immer gefährlich, ich sag nur Massentierhaltung. Im Kleinteiligen gedeiht die Qualität. Die Macht der Masse hat eine eigene, unberechenbare Dynamik.

Weder die Macht der Masse, noch zu viel Macht für einen Einzelnen sind für das Gemeinwohl förderlich. Demokratische Institutionen haben ihren Sinn. Politik ist nicht gleich Wirtschaft. Der Chef einer Firma schaut darauf, dass es seinen MitarbeiterInnen gut geht und wer nicht für ihn arbeitet, der arbeitet gegen ihn und wer gegen ihn arbeitet, wird über kurz oder lang abgebaut. Deshalb darf Firmenpolitik nie Stadtpolitik werden.

Montag, 13. November 2017

Sturmmaskenmodels

Gemeinsam gegen Dämmerungseinbruch, lese ich und denke mir: Schau, da macht wer was gegen die Zeitumstellung. Dann korrigier ich mich, weil da „Dämmerungseinbrüche“ steht und dann erst geht mir das Licht auf.
Hier geht es nicht um das Zwielicht, die Sonnenuntergangs- und Abendanbrechstimmung. Hier geht es um nichts alltäglich Romantisches. Hier geht es um ein strafbares Delikt, nicht um Einbruch der Dämmerung also, sondern um Einbruch bei Dämmerung. Jetzt erst sehe ich das Symbolfoto: Sturmmaske, Türsicherungskette, Brecheisen. Ob es, so wie es Fuß- und Handmodels gibt – auch Sturmmaskenmodels gibt, frage ich mich augenblicklich. Und apropos Augen: Die Sturmmaskenmodels müssen dann wohl besonders böse Augen und bedrohliche Augenbrauen haben. Gibt es sicher: Symbolfotomodels mit entsprechenden körperlichen Besonderheiten.
Für mich ist das ja ein Delikt an der Sprache. Ein unschuldiges, schönes Wort wie Dämmerungseinbruch derartig mit krimineller, negativer Bedeutung aufzuladen. Dem muss entgegengewirkt werden und sei es auch nur dadurch, dass es heute, hier aufgezeigt wird.

Mittwoch, 8. November 2017

WELS - Akrostichon

WELS Akrostichon Teil 2 (Teil 1 nur live zu hören:)

Wieso Eigentlich Lesen Sollen?
Wer erntet Lorbeeren? Sportler!
Warum etwas lernen sollen?
Weil Engel Lesende schützen?
Weil es leidlich sediert?
Wieso etwas lesen sollen?
Weil es lohnt, schlussendlich

Wer ertwas liest, sieht
Wesentliches, entdeckt latent Signifikantes
Wer etwas liest, sinniert
Weitet engstirnige, lahme Sichtweisen
Wer etwas liest, superlativiert
Wuchert euphorisch, liefert Singuläres
Wer etwas liest, sagt:
Wisse: Einfälle lieben Spontaneität
Wisse: Erkenntnisse lösen Sorgen
Wieso etwas lesen sollen?

Weil es Leben/Lieben/Lachen stimuliert

Dienstag, 7. November 2017

Zu Gast bei den angehenden Apotheker*innen

Der StaTTschreiber ist ja immer im Dienst. Gestern war es ein spezieller Dienst. Ich suchte und fand die Berufsschule 3, suchte und fand die Klasse von Frau Christa Weiermair und hatte dann Zeit, mich mit über 20 angehenden Apotheker*innen zu beschäftigen.
Ich lernte neue Wörter, ich konnte hoffentlich vermitteln, was Slam Poetry alles sein kann, ich freute mich und staunte (mit Frau Weiermair) gleichermaßen über die in so kurzer Zeit entstandenen Ergebnisse.
Der Nachmittag an sich war ja verregnet. So war er schön.

Und weil ich nicht nur dozierte, sondern auch selbst mitschrieb, sei hier einfach das hingestellt, was mit dem gemeinsam erstellten Wortpool bei mir rauskam.

Oma, keine Salben- meine Launenauffrischmaschine

Lachen ist kein Hund, sagte meine Oma noch, dann biss sie ins Gras.
Ja, sie biss ins Gras, sie wusste nicht, dass Gras geraucht wird.
Improvisieren, sagte ich und rief: Ziehen, Oma, ziehen.
Das heißt inhalieren, Dummerl, meine Oma nur und fragte dann:
Bua, wo kommt die Kuah her?
Interessant, dachte ich mir. Oma beißt das Gras und spürt es doch.
Da war nämlich keine Kuah nur ich und mein Kater.
Ich sag nur fortgehen mit Thomas Bordy Sangsta am Samstag.
Eistee mit Rum und Penne mit Sedativum frisch aus dem Umquator.
Das haut dich um, das haute mich um und deshalb heute meine Lieblings-Sonntag-Nachmittagsbeschäftigung: Kiffen mit Oma.
Für eine Oma ist meine Oma noch guat woam, will heißen goa ned verkalkt oder sonst irgendwie jenseits. Nein, meine Oma ist radikal guat drauf.
Meine Oma rettet mi, wenn i sauf.
Meine Oma scheißt sich nix.
Meine Oma rockt – Bam, Oida, zefix!
Bua, wo kommt die Kuah her?, fragte Oma erneut, nahm ein Keks aus der Patene, schnüffelte an ihrer Knopflochrose, machte „mmhhAlliterationen.
Visionen, sagte ich, Oma, du hast Visionen.
Ned wirklich, meinte Oma nur, aber die neueste Kreation vom Apotheker-Sohn haut ordentlich rein. Hoitaus! Hoitaus! Boah!
Ach, Oma, Oma ist und bleibt das beste Sonntag-Nachmittags-Programm. Umschalten ist kein Thema und es bleibt zo hoffen, dass sie sich noch lange nicht für immer ausschaltet.

Freilich. Meisterwerke entstehen nicht unter Zeitdruck und in der Gruppe. Aber wir hatten Spaß und Spaß ist ein guter Antrieb für mehr. Ich bin mir sicher, dass demnächst eine oder einer aus der Gruppe beim U20 Poetry Slam im Phoenix Theater in Linz oder beim Poetry Slam im MKH Wels die Bühne entern wird.

Montag, 6. November 2017

Kulturland retten

Im letzten Eintrag hab ich über Kürzungen geschrieben, hier darf natürlich der Hinweis darauf nicht fehlen, dass es Menschen gibt, die versuchen, dem entgegen zu wirken. Das klingt jetzt komplizierter als beabsichtigt. Einfach jedenfalls ist es, sich die Seite kulturlandretten.at anzuschauen und die Petition zu unterschreiben.
Denn an Oberösterreich können wir wohl die Zukunft des ganzen Landes ablesen. Die Kultur ist von Budgetkürzungen existenzbedroht, deine Unterschrift kann das möglicherweise verhindern. https://kulturlandretten.at/

Zum Foto: Das ist kein schwarzer Riss im blauen Himmel über Wels. Das ist die Hebebühne, die den Lederertrum sein Lichterkettenhemd anlegte. Jaja, die Menschen im Korb der Hebebühne taten dies, schon klar.
Jedenfalls blinkt und strahlt der Ledererturm in den nächsten Wochen, heute wurden auch die ersten roten Riesenkugeln montiert. Wels verwandelt sich. Wels wird zum Christkindlmarktplatz Leuchtwunderland. Ich freu mich schon auf viele Punschhüttenkonversationen.


Mittwoch, 1. November 2017

Über Kürzungen und Überlegungen

Wels macht was mit mir. Wels gibt mir einen Takt vor. Wels hat mich langsam im Griff. Wels wickelt mich um den Finger. Wels verwöhnt mich. Wels klatscht mich voll mit Veranstaltungen. Wels mag ich. Wels mag mich. Wels füllt mich ab. Wels nimmt mich auf. Wels verdaut mich. Wels wird mich im Dezember wieder ausscheiden. Wels hat eine gute Verdauung. Wels hat schon vieles überstanden. Will ich mehr Wels? Will ich mich noch mehr auf Wels einlassen? Will ich mich in Lokalpolitik stürzen und in Bierlokalen auffangen lassen? Will ich Spuren in Wels hinterlassen?

Ja, ich würde gerne im Gefängnis gegenüber vom Schl8hof eine Lesung machen, befürchte aber, dass sich das in der noch verbleibenden Zeit nicht ausgehen wird. Das Gefängnis heißt sicher nicht Gefängnis sondern vermutlich Landestrafvollzugsanstalt oder so ähnlich. Aber ich seh kein Schild mit der entsprechenden Auffschrift, ich seh nur Gitter und deshalb schreib ich Gefängnis. Vermutlich sähe ich ein Schild, bewegte ich mich weg vom Schreibtisch oder googel-viewte ich. Mach ich aber nicht. Ich stell mir lieber vor. Ich denke nach und stell mir vor und stell mich dann, diese Kolumne schreibend, als Nachdenkenden und Vorstellenden vor.

Der Herbst ist ja auch die ideale Nachdenkzeit. Wenn was dabei rauskommt – gut. Wenn nicht, dann ist die Zeitumstellung schuld. Die Zeitumstellung ist als Universalausrede bis Dezember allgemeingültig und anerkannt. Danach tritt der Vorweihnachtsstress an die Stelle der Zeitumstellung. Dem Vorweihnachtsstress möchte ich dieses Jahr entkommen. Ich sorge vor. Ich mach mir Gedanken, mit was ich wen überraschen und beschenken könnte. Das Nachdenken macht mich so also zum Vorausdenkenden und bewahrt mich vor zukünftigem Stress. Eigentlich mehr als bedenklich, dass Stress so ein Modewort geworden ist. Vor allem in der Weichnachtszeit. Die sollte doch eigentlich alles andere als stressig sein. Aber zur Besinnung kommt man inmitten der bald aus dem Boden schießenden Glühwein-, Geschenk- und Punschhütten nur schwer. Da steht dann doch eher Benebelung der Sinne am Programm. Wels benebelt. Wels berauscht mich. Wels überrascht mich aber auch.

Kaum bin ich ein paar Tage weg. Hängen plötzlich Fransen an den Straßenlampen. Die klimpern im Wind und glitzern im Sonnenschein. Die Straßenlaternenbefransung ist vermutlich die Vorhut der Weihnachtsbeleuchtung. Die kommt so sicher wie Schwarz-Blau. Das ist keine Überraschung und Geschenke sind auch keine zu erwarten. Minus zehn Prozent ist wohl nur ein Vorgeschmack. Kürzte ich diese Kolumne um zehn Prozent, müsste ich jetzt dann langsam aufhören. Aber nein, das ist kein guter Vergleich. Denn kürzen tut Texten meist gut. Aber Kürzungen im Förderungsbereich sind schmerzvoller. Die verdichten nicht, die zerstören. Die zerstören Kulturarbeit genauso wie ein Text zerstört wird, nimmt man ihm jedes zehnte Wort. Das hinterlässt Lücken, ergibt keinen Sinn, macht Aufgebautes kaputt. Beispiel gefällig? Voilà:

Wels macht was mit mir. Wels gibt mir einen vor. Wels hat mich langsam im Griff. Wels wickelt um den Finger. Wels verwöhnt mich. Wels klatscht mich mit Veranstaltungen. Wels mag ich. Wels mag mich. Wels mich ab. Wels nimmt mich auf. Wels verdaut mich. wird mich im Dezember wieder ausscheiden. Wels hat eine Verdauung. Wels hat schon vieles überstanden. Will ich mehr? Will ich mich noch mehr auf Wels einlassen? Will mich in Lokalpolitik stürzen und in Bierlokalen auffangen lassen? ich Spuren in Wels hinterlassen?