Sonntag, 6. März 2011

Kur Comics Krisen

Ein mutiges Unterfangen. Stichwort Intermedialität und bunte Bilder in Literatur: immer schwierig. Was soll's, dürfte sich das Autorenduo gedacht haben – zweiter Roman, was kann schon groß schief gehen, alles, ja, aber alles halb so schlimm, wenn man für den Erstling so geliebt wurde. Jedenfalls sind die Comic-Strips auf mir nicht bekannte, neue Weise eingebunden in die Gesamtgeschichte. Gelungen?

Ich finde ja, ohne jetzt all zu kritisch sein zu wollen. Ich hab das Buch von gestern auf heute gelesen. Der erste Teil hat mich nicht wirklich begeistert, dennoch bin ich dran geblieben. Da ist der Held Jürgen Teenager, Metal-Fan und Hauptthema ist, dass seine Schwester Ulrike verschwunden ist. Darüber wurde sogar ein Film gedreht. Der Film, die Bilder daraus treten an die Stelle der Erinnerung und im Film wollte Jürgen eigentlich nur den Regisseur beeindrucken – Teenager halt.

Das stärkste Bild: Die Kamera hält auf die geschlossene Zimmertür, Metalmusik drängt raus und dann der O-Ton Jürgens: „Ich wünsche ihm den Tod!“ (dem mutmaßlichen Entführer/Mörder seiner Schwester). Dann geht es rasant vorwärts. Frau da, Kind da, Arbeit auch, Ulrike-Trauma auch noch immer und schon wieder tritt ein Medium in Erscheinung. Ein Regisseur glaubt Ulrike in Budapest aufgespürt zu haben und möchte das als Überraschungs-Reality-TV-Format bannen. Jürgen macht den Unfug mich und klar, wird’s ein Reinfall. Die Ehe geht dann bald denn Bach runter. Frau weg, Kind weg, Ulrike noch immer weg, Mutter tot und neuer Job in der Pampa Bayerns da. Lösung ist das freilich keine.

Jürgens Leben trottet vor sich hin, er knetet Körper, bis bunte Bilder an seine schwer zugängliche Aufmerksamkeitstür klopfen, nachhaltig und schließlich mit Erfolg, bedenklichem Erfolg. Jürgen wird zur Figur im Comic-Strip Ute, lebt darin auf und betrachtet die Realität nur mehr als Parallelwelt – so geht’s natürlich auch nicht. Und bevor das hier zur reinen Inhaltsangabe wird, sei wenigstens der Schluss ausgespart, der, naja, nicht ganz überzeugt.

Sprachlich fällt das Ganze in keiner Weise auf, flüssig, in sich schlüssig, konsequent, ohne Experimente. Einzig auffälliges, wiederkehrendes Gestaltungsmittel: Der fast-forward-Möglichkeitsablauf. Das ist schon alles gut gemacht und gemeint aber nicht außergewöhnlich und insofern weder zu empfehlen, noch zu verwerfen. Für zwei Tage tat mir dieses Buch gute Ablenkdienste.

Im Übrigen sei noch darauf hingewiesen, dass sich zwei Bücher einer Saison von unterschiedlichen Verlagen wohl äußerlich kaum ähnlicher sein können wie „Geister“ und „Söhne und Planeten“. War wohl grad Grafiker-Chic die Silhouettenmasche auf leicht schmutzendem Weiß mit Farbbalken unten. Soll sein. Jetzt geht’s ran an die Frequenzen. Ich freu mich.


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